Dieser Kommentar ist unter dem Titel „Ein starker Hebel für nachhaltige Expertise“ im Deutschen Architektenblatt 01-02.2025 erschienen.
Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel? Diese Frage kann man sich nicht nur beim Blick durchs Fenster nach draußen oft stellen. Auch die politische Großwetterlage ist volatiler geworden. Umso wichtiger ist es, zu wissen, wo man selbst steht – und wo man hinwill. Unser Berufsstand macht dabei mit seiner Kreativität und Expertise eine gute Figur, zum Beispiel als verlässlicher Akteur für die Bauwende.
Fachkräfte für die Bauwende
Bei dieser komplexen Aufgabe steht nun der nächste konkrete Schritt an: Im Februar bringen wir das Bundesregister Nachhaltigkeit an den Start.
Diese als Expertenpool für nachhaltiges Planen und Bauen konzipierte Plattform ist ein entscheidendes Werkzeug, um die klimagerechte Transformation im Bauwesen voranzubringen. Sie macht die Expertise qualifizierter Fachkräfte sichtbar, die zunehmend gefragt sind, um komplexe Anforderungen an Nachhaltigkeit zu erfüllen. Der wachsende Bedarf an Nachhaltigkeitskompetenz lässt sich auch aus den konkreten Anforderungen ableiten, die uns bevorstehen.
Ökobilanzen für Gebäude werden Pflicht
So gibt die EU-Gebäuderichtlinie vor, bis 2030 Ökobilanzen für Neubauten verpflichtend einzuführen, die die Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen ausweisen. Es ist absehbar, dass in diesem Zusammenhang künftig auch verbindliche Grenzwerte definiert werden.
Für diese Aufgaben braucht es Fachleute: Architektinnen, Innenarchitekten, Landschaftsarchitektinnen, Stadtplaner und Ingenieurinnen, die Lebenszyklusanalysen erstellen und die planerischen Maßnahmen kennen, mit denen sich gesetzliche Vorgaben umsetzen lassen. Ebenso relevant ist der Bereich Ressourcenschonung: Abfallvermeidung, kreislaufgerechtes Bauen und der Erhalt bestehender Bausubstanz rücken zunehmend in den Fokus.
Architekten sind unabhängige Experten für Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeitsexpertinnen und -experten müssen in der Lage sein, graue Energie und Treibhausgasemissionen belastbar zu bewerten und fundierte Entscheidungen zu unterstützen, beispielsweise wenn es um die Abwägung zwischen Bestandssanierung oder Abriss und Neubau geht.
Auch der Blick auf das Umfeld und das Quartier gewinnt an Bedeutung. Themen wie Klimaanpassung, Schwammstadt und die Entwicklung nachhaltiger Stadtquartiere stehen dabei ebenso im Fokus wie die Umsetzung politischer Initiativen auf EU- und nationaler Ebene, etwa das EU Nature Restoration Law oder die deutsche Klimaanpassungsstrategie. In all diesen Bereichen steigt der Bedarf an unabhängiger Expertise, die Zielkonflikte kompetent ausgleichen kann.
Qualifizierung für das Bundesregister Nachhaltigkeit
Planende können sich über eine speziell konzipierte Online-Prüfung ins Bundesregister eintragen lassen. Um sich optimal darauf vorzubereiten, bieten die Architekten- und Ingenieurkammern seit September 2024 den Lehrgang „Nachhaltigkeitskoordination“ an, der bundesweit verfügbar ist. Ergänzend gibt es für qualifizierte Experten wie DGNB-Auditoren und BNB-Koordinatoren einen alternativen Zugang über den Nachweis ihrer bestehenden Qualifikation.
Bundesregister Nachhaltigkeit für alle Kammermitglieder
Das Register steht allen Kammermitgliedern der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung offen.
Das Bundesregister Nachhaltigkeit (BRNH) vereinfacht zudem die Suche nach geeigneten Fort- und Weiterbildungen. Eine eigens eingerichtete Suchfunktion ermöglicht den Zugang zu BRNH-kompatiblen Fort- und Weiterbildungsangeboten.
Klarheit für Bauherren und Stärkung des Berufsstands
Mit dem Bundesregister schaffen wir Transparenz und Qualität in der baukulturellen Nachhaltigkeitsplanung. Es bietet Bauwilligen eine zentrale Anlaufstelle für qualifizierte Fachleute und stärkt zugleich den Berufsstand der Architekten und Ingenieure in ihrer Schlüsselrolle bei der Transformation von Stadt, Gebäude und Landschaftsraum. Kurz: Von nun an werden wir Nachhaltigkeit von A bis Z durchbuchstabieren.
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
Weitere Informationen und E-Mail-Alarm zum Start der kostenfreien Eintragung ins Bundesregister Nachhaltigkeit
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