Interview mit Norbert Portz, Leiter des Dezernats für Städtebau und Vergabe beim Deutschen Städte- und Gemeindebund
Welche Steuerungsinstrumente gehen mit dem Wegfall der verbindlichen Höchst- und Mindestsätze der HOAI auch der Bauherrenseite verloren?
Die HOAI-Mindest- und -Höchstsätze waren für öffentliche Auftraggeber ein verpflichtend einzuhaltender Preisrahmen, der jetzt zugunsten frei verhandelbarer Honorare entfallen ist. Das bedeutet für beide Partner ein Mehr an Verantwortung. Öffentliche Bauherren müssen trotz der Möglichkeit, den Preis stärker als Wettbewerbskriterium zu nutzen, ihre Vergaben auch weiter als Leistungswettbewerb ausgestalten. Das heißt, dass Qualitätsmerkmalen und nicht dem – oft nur kurzfristig – preisgünstigsten Angebot Vorrang zukommt. Dieser Vorrang des Leistungswettbewerbs hindert zugleich Architekten daran, einseitig Dumpingangebote abzugeben. Eine solche Fokussierung wäre falsch und auch rechtswidrig.
Wie wollen insbesondere kommunale Auftraggeber verhindern, dass künftig nur vor allem der Preis über die Vergabe von Planungsleistungen entscheidet?
Der Grundsatz „Wer billig plant, baut teuer“ ist auch den Kommunen bekannt. Daher wird und kann der Preis auch künftig nicht allein über den Zuschlag bei Planungsleistungen entscheiden. Im Übrigen legen speziell Kommunen auf eine leistungsorientierte und mittelstandsfreundliche Vergabe von Planungsleistungen Wert. Dadurch bekommen kleinere und regional verankerte Büros bessere Chancen. Auch für Architekten wird es künftig noch wichtiger, die Auftraggeber durch Qualität zu überzeugen und ihre Honorare genau zu kalkulieren.
Wie kann der von allen Seiten beschworene Leistungswettbewerb in der Praxis tatsächlich gestaltet werden?
Der Leistungswettbewerb wird im Vergaberecht nur an einer Stelle erwähnt, nämlich in § 76 Abs. 1 S. 1 VgV bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen. Das hebt diese geistig-kreativen Dienstleistungen hervor. Bei Vergaben von Planungsleistungen haben Qualitätsaspekte, also etwa die Gewichtung des besten Planungskonzepts, der besten Klimaschutzeigenschaften oder der besten Gestaltung, Vorrang gegenüber dem Preis. § 58 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VgV erlaubt es, die Qualifikation des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals als Zuschlagskriterium zu gewichten, wenn die Qualität dieses Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Auch die Durchführung von Planungswettbewerben gewährleistet die qualitativ beste Lösung für die jeweilige Planungsaufgabe. So tragen Planungswettbewerbe mit ihrer Suche nach der besten Alternative auch zur wirtschaftlichsten Lösung bei.
Wie kann das Architektenhonorar effektiver an die Qualität der Architektenleistung gekoppelt werden? Was erwarten öffentliche Bauherren in dieser Hinsicht vonseiten der Architektenschaft?
Wichtig ist eine frühe Angabe qualitätsbezogener Wertungskriterien durch die öffentlichen Auftraggeber bereits in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen. Der Leistungswettbewerb muss sich bei der Vergabe von Planungsleistungen bereits in den Zuschlagskriterien widerspiegeln. Das kann durch die konkrete Gewichtung seitens der Auftraggeber erfolgen, also etwa der Vergabe der höchsten Punktzahl für das beste Planungskonzept mitsamt der genauen Angabe der dafür erforderlichen Kriterien.
Zudem können Auftraggeber bei der Vergabe von Architektenleistungen Festpreise vorgeben, sodass das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach qualitativen Zuschlagskriterien bestimmt wird (§ 58 Abs. 2 S. 3 VgV). Architekten indes sollten nicht versuchen, sich über Dumpingangebote Vorteile zu verschaffen, sondern durch Leistung und Qualität überzeugen.
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