Kammern bedeuten Selbstverwaltung statt Fremdverwaltung. Das bringt mehr Freiheit, Praxisnähe und Effizienz und unterstützt damit jedes einzelne Kammermitglied in seiner beruflichen Tätigkeit. Selbstverwaltung funktioniert aber nur mit Engagement. Das gilt erst recht für eine kleine Kammer wie die von Mecklenburg-Vorpommern mit weniger als 1 000 Mitgliedern. Daher ist uns besonders wichtig, dass sich viele aktiv an der Kammerarbeit beteiligen. In einem großen, dünn besiedelten Flächenland hilft dabei die Vor-Ort-Vernetzung in freiwilligen Kammergruppen.
Kammervorstand und die Geschäftsstelle sprechen aber auch systematisch Kolleginnen und Kollegen an, die sich durch gute Arbeit und baukulturelles Engagement auszeichnen, und schlagen ihnen vor, für Ausschüsse, Vertreterversammlung oder den Vorstand zu kandidieren. Das hält unsere Gremien nicht nur am Leben, sondern verjüngt sie immer wieder und bringt neue Impulse.
Dank unserer engagierten Mitglieder können wir trotz der geringen Größe weit mehr tun als unsere gesetzliche Pflicht: Als Kammer kümmern wir uns um unsere gemeinschaftliche Existenzsicherung. In der Politik, in den Medien und in der breiten Öffentlichkeit heben wir bei jeder Gelegenheit die baukulturelle und wirtschaftliche Kompetenz von uns Architekten und unser Selbstverständnis als Treuhänder der Bauherren hervor. Wichtige Instrumente dafür sind
der Tag der Architektur, Planerwerkstätten vor Ort und der Landesbaupreis. Das alles sind Teile der von uns mitgetragenen Initiative „Baukultur Mecklenburg-Vorpommern“.
Der Landesbaupreis ist eine Frucht des langjährigen politischen Engagements unserer Kammer. Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern war 2003 der erste in Deutschland, der auf unsere Anregung und inhaltliche Vorarbeit einen Beschluss zur Baukultur fasste. Ihre Förderung wurde auch Bestandteil der Koalitionsvereinbarung von 2006. Und am 29. Januar dieses Jahres hat der Landtag die Regierung aufgefordert, bis zum Jahresende einen Baukulturbericht zu erstellen. Um solche Beschlüsse zu fördern, sind wir als Kammer ständig im Gespräch mit wichtigen Ministerien und allen Fraktionen außer einer rechtsradikalen. Das lohnt sich: Wir spüren bei unseren Partnern in Politik und Wirtschaft ein wachsendes Bewusstsein für den Wert guter Architektur und Planung.
Ein wichtiges Thema für unsere gemeinschaftliche Existenzsicherung in ganz Deutschland ist auch die Ausbildungsqualität. Gerade wird in unserem Bundesland ein neues Architekten- und Ingenieurgesetz erarbeitet, das als Voraussetzung für den Kammereintritt ein mindestens vierjähriges Studium vorsieht – nicht nur für Hochbau-, sondern auch für Innen- und Landschaftsarchitekten sowie Stadtplaner. Auch soll mit dem Gesetz verhindert werden, dass sich Absolventen aus anderen Ländern mit nur sechs Semestern Ausbildung bei uns eintragen können – also kein Eintragungstourismus zulasten der Qualität.
Das dient der Baukultur wie dem Schutz unserer solide ausgebildeten Kollegen vor unqualifizierter Konkurrenz. Erfolg bringt Erfolg: Je besser sie den Wert der Kammerarbeit erkennen können, desto leichter lassen sich Architektinnen und Architekten davon überzeugen, dass ein Ehrenamt ihre Tätigkeit in Büros, Behörden und Unternehmen nicht hemmt, sondern zur Berufsarbeit gehört und für unsere Zukunftssicherung nötig ist. Wer sollte dafür sorgen, wenn nicht wir selbst?
Joachim Brenncke, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer und Präsident der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern.
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