Eine Strategie, so lässt sich im Online-Lexikon Wikipedia nachlesen, ist ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben eines Ziels unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und Ressourcen. So gesehen, sind alle Architektinnen und Architekten Strategen, planen und realisieren sie doch Gebäude möglichst kosten- und termingerecht. Aber haben wir in unseren eigenen Angelegenheiten, sprich in unserer Büroorganisation, immer den rechten Plan und den gleichen wirtschaftlichen Erfolg?
Laut einer Untersuchung, die die Bundesarchitektenkammer 2009 in Auftrag gegeben hatte, sind 32 Prozent der Architekturbüros in Deutschland Ein-Personen-Büros, weitere 49 Prozent der Büros beschäftigen bis zu vier in Vollzeit tätige Personen. Der hohe zeitliche und persönliche Aufwand des Büroinhabers, der für Auftragsakquise, -bearbeitung und -abwicklung regelmäßig erforderlich ist, lässt bei einer so dünnen Personaldecke wenig Raum, sich mit Themen wie Bürokostenkalkulation, Controlling und Personalfragen intensiv auseinanderzusetzen. Daraus entwickelt sich dann oftmals ein Teufelskreis, denn der mangelnde Einsatz von Managementinstrumenten führt nur allzu schnell dazu, dass die Kosten davonlaufen. Die Folge: Trotz (hoffentlich) voller Auftragsbücher ist die Ertragssituation unbefriedigend. Hier gilt es gegenzusteuern.
Wir müssen uns also ebenso engagiert mit den trockenen Themen rund um die Büroorganisation und das Kostenmanagement befassen. Deshalb finden Sie in dieser Ausgabe in der Rubrik „büro + recht“ einen Schwerpunkt zum Thema „Strategisches Planen in Architekturbüros“. Dabei werden Strategiedefizite ebenso aufgezeigt wie Wege zu einer erfolgreichen Büroführung. Die Länderarchitektenkammern und ihre Fortbildungseinrichtungen stehen Ihnen dabei gerne zur Seite.
Planen ist unser Beruf. Deshalb sollten wir die Scheu davor ablegen, etwas anderes als Gebäude, Innenräume oder Freianlagen zu planen. Vielmehr sollten wir auch in eigener Sache strategisch vorgehen, um als Architekten noch erfolgreicher zu sein. Schließlich wollen wir mit unseren Entwürfen nicht nur gestalterisch überzeugen, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir unsere eigenen Büros im Griff und unsere Ziele konkret vor Augen haben – und dazu gehören unsere Ertragsziele nun einmal ebenso wie unsere Visionen als Gestalter einer zukunftsfähigen, lebenswerten Umwelt. Nur so wird der Traum vom auch wirtschaftlich erfolgreichen eigenen Architekturbüro Realität bleiben oder werden.
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Sehr geehrter Herr Heese,
viele Architekten denken so wie Sie, aber es ist gerade diese Art zu Denken, die die Strukturkrise Ihres Berufsstands am Leben erhält anstatt sie zu überwinden. Erlauben Sie mir bitte, auf ein paar folgenschwere Missverständnisse hinzuweisen.
Wie man weiß, ist Wikipedia nicht in allen Dingen der Weisheit letzter Schluss und auch in Sachen Strategie liegt das von mir so hoch geschätzte Online-Lexikon leider daneben. Eine Strategie ist eben gerade nicht das planvolle Handeln im Sinne eines linearen Ablaufs, wie man es von der Gebäudeplanung kennt. Vielmehr handelt es sich bei einer Strategie um einen zutiefst kreativen Prozess, der durch einen kontinuierlichen Dialog zwischen dem Handelnden und seiner Umgebung gekennzeichnet ist und der auf die geringste Veränderung der Umgebung ebenso sensibel wie flexibel reagiert.
Ebensowenig zutreffend ist die Vorstellung, eine Strategie sei geeignet um ein Ziel zu erreichen, denn das hieße mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Eine Strategie kann sehr viel mehr als Ziele zu erreichen – sie kann Visionen Wirklichkeit werden lassen. Es ist also eine gewagte These, wenn Sie jeden Architekten, der Gebäude kosten- und termingerecht plant, schon einen Strategen nennen. Denn wo ist da die Vision?
Die Verwechselung zwischen einer planenden und einer strategischen Unternehmensführung kann verhängnisvoll sein und es sind gerade die von Ihnen genannten Ein-Mann-Büros und Mikrounternehmen mit vier bis fünf Angestellten, die das am schmerzhaftesten zu spüren bekommen.
Sie haben völlig recht, wenn Sie feststellen dass der persönliche Aufwand des Büroinhabers, der für die Kundengewinnung erforderlich ist, mit seinen Managementaufgaben und leider auch viel zu oft mit der Auftragsabwicklung kollidiert, obwohl die Facharbeit eigentlich nicht zu den Aufgaben des Unternehmers gehört. Aber geschenkt, beim Architekten gehört die Facharbeit natürlich immer dazu. Warum ist man sonst Architekt geworden?
Der von Ihnen beschriebene Teufelskreis entsteht allerdings nicht durch den fehlenden Einsatz von Managementinstrumenten, sondern durch die fehlende Wahrnehmung der Unternehmerrolle. Die Architektenkammern propagieren seit Jahren die These, der Einsatz von Managementinstrumenten könne die Wirtschaftlichkeit eines Architekturbüros verbessern. Doch leider ist diese These ebenso richtig wie falsch. Sie ist nämlich nur dann zutreffend, wenn ein Büro kontinuierlich gleichbleibende oder zunehmende Umsätze erwirtschaftet. Diese Vorstellung ist aber eher theoretischer Natur und geht vollkommen an der Realität vieler Architekturbüros vorbei, deren brennendstes Problem sich in unkalkulierbaren Umsatzschwankungen offenbart.
Um also die empfohlenen Managementinstrumente überhaupt sinnvoll einsetzen zu können, muss zunächst einmal die Positionierung eines Büros gesichert sein um ein kontinuierliches Wachstum zu gewährleisten. Eine erfolgreiche Positionierung lässt sich nicht mit den Mitteln des Managers erreichen. Wenn es um die Positionierung geht, ist der Unternehmer gefragt.
Es greift zu kurz, wenn Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen empfehlen, sich mit Büroorganisation und Kostenmanagement befassen. Für viele Architekten ist es viel wichtiger, sich mit ihrer Positionierung im Markt zu befassen und Märkte zu erschließen, auf denen sie konkurrenzlos sind. Auf diese Weise kann jeder einzelne Architekt zu einer Marktentflechtung beitragen und aus eigener Kraft zu einem Motor der Konjunktur werden. Eine Strategie, die unter diesem Anspruch zurückbleibt, ist es nicht wert, eine Strategie genannt zu werden. Dass die Architektenkammern der Länder ihren Mitgliedern in dieser Angelegenheit hilfreich zur Seite stehen, ist leider nicht erkennbar, solange Managementinstrumente empfohlen werden wo eigentlich unternehmerische Strategien gebraucht werden.
Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, wenn Sie schreiben, Architekten sollen in eigener Sache strategisch vorgehen. Denn der wertvolle gestalterische Beitrag, den Sie und Ihre Berufskollegen in unserer Gesellschaft leisten verdient auch seinen angemessenen Lohn. Nur wird der Traum vom wirtschaftlich erfolgreichen Architekturbüro wahrscheinlich eine Illusion bleiben, solange Management-Tools empfohlen werden, wo eigentlich unternehmerische Interventionen gebraucht werden. Managementaufgaben gehören ja gerade nicht zu den Aufgaben des Unternehmer-Architekten, denn der Unternehmer arbeitet bekanntlich nicht IM Unternehmen sondern AM Unternehmen.
Um sich als Architekt in einem gesättigten Markt zu positionieren brauchen Sie heute eine zielgruppenorientierte Strategie. Die Voraussetzung aber um überhaupt strategiefähig zu sein, besteht darin, die eigene Unternehmerrolle anzunehmen und auszufüllen. Leider konzentrieren sich aber die meisten Architekten lieber auf ihre Rolle als Fachkraft und als Manager. Im Alltagsgeschäft haben sie meistens keine Zeit für ihre Unternehmerrolle.
Als freischaffender Architekt müssen Sie drei verschiedene Rollen beherrschen. Sie sind Fachkraft. In dieser Rolle konzentrieren Sie sich auf die Architektur und auf die Planung. Sie sind Manager. In dieser Rolle kümmern Sie sich um die Kundenbeziehungen und um die Büroorganisation. Sie sind Unternehmer. In dieser Rolle konzentrieren Sie sich auf die Positionierung Ihres Büros im Markt, auf das Entwickeln einer wachsenden Organisation und auf die Entfaltung Ihrer Unternehmer-Persönlichkeit.
Um in Ihre Unternehmerrolle hinein zu wachsen brauchen Sie aber einen Dialogpartner, in dessen Feedback Sie Ihr eigenes Entwicklungspotenzial erkennen können. Aus diesem Grund habe ich Unternehmerwerkstatt StrategiekreisArchitekten ins Leben gerufen. Lesen Sie hierzu bitte den Artikel Glück, Geld, Gemeinwohl (DAB März 2011).
Herzliche Grüße
Volker Eich
Herr Volker Eiche hat schon recht: Auch wenn es in Wikipedia steht, muss es noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Nun ist der Begriff „Strategie“ von vielen geschätzten Damen und Herren unserer Altvorderen verwendet worden: SunTzu sagt „plane gut und der Sieg ist dir sicher“ (Kriegsstrategie). Für Seneca ist die „Besinnung auf die eigenen Stärken“ der zentrale Aspekt. Nichts geht jedoch ohne Ziel! (Persönlichkeitsstrategie). Für Machiavelli ist der Machterhalt „mit allen Mitteln“ das Motiv, was ihn antreibt. (Berater in Sachen Herrschaftsstrategien). Clausewitz ist Erfinder der Idee, dass „Strategie die Lehre vom Gebrauch der einzelnen Gefechte (..um den Gegner auszuschalten) darstellt.“ (Kriegsstrategie). Prof. Wolfgang Mewes sagt: „Strategie ist nichts anderes als die Lehre vom wirkungsvollsten Kräfteeinsatz. Zielführend wirkt dabei die Konzentration auf den Engpass“. (Wirtschaftsstrategie) Peter Drucker sagt: „Strategie handelt von der Zukunftswirkung heutiger Entscheidungen!“ Prof. Fredmund Malik – aktueller Strategie-Guru aus St. Gallen – sagt: „Strategie stellt Orientierung sicher, es geht immer um zukünftige Erfolgspotenziale. Ziel ist es im Geschäft zu bleiben!“
Um im Geschäft zu bleiben, muss man erst einmal im Geschäft sein. Da hapert es offensichtlich sehr – gerade bei Architekten. Wenn 20 % der Planer 80% des Geschäftes machen – so die Interpretation der obigen Daten von Herrn Heese – dann kann man da nicht von „Erfolg auf der ganzen Linie sprechen! Im Gegenteil. Architekten sind Facharbeiter, Manager und Unternehmer. Sie sind noch Kommunikatoren, Psychologen, Zukunftsforscher, Bauleiter, Wissenschaftler, Spezialisten für Kunst u.v.m. In der Regel arbeiten sie als vollständig überforderte Generalisten. Diese Quälerei soll „Erfolg“ bedeuten? Diese Probleme sollen sich mit Büro- und Kostenmanagement beheben lassen?
Diese Struktur-Problem des Architekten mit Werkzeugen a la heute bekannten (nachweislich kaum wirksamen) Managementinstrumenten (..oder Moden?) in den Griff bekommen zu wollen, heißt in der Tat, zu kurz zu springen. Die Lösung ist einfach und schwierig zu gleich: 1. Jeder Architekt muss ein klares Profil erarbeiten. Dieses gilt es 2. für eine klare Positionierung zu verwenden. Und dann muss 3. eine „moderne, artgerechte“ Präsentation diese Botschaft zum Kunden transportiert werden. Inhalt der Botschaft: Ich bin Spezialist und biete Nutzen. So gestartet muss der Architekt – zwingend – ziemlich bald unternehmerisch handeln. Da ist es hilfreich, die Thesen von der Arbeit „AM“ Unternehmen individuell zu definieren und was es konkret für eine operationale Arbeit im Tagesgeschäft bedeutet, nicht nur zu diskutieren sondern konkret auszuprobieren. Die Engpass-Strategie hilft dabei. Auch im Strategie Centrum Freiburg werden diese Fragen ständig thematisiert.
Dipl.-Ing. Peter Käpernick, Freiburg