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Fortschrittlich heißt sozial

30.11.20123 Min. Kommentar schreiben
Hartmut Miksch, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Foto: Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

Text: Hartmut Miksch

Luxusloft oder Sozialwohnung“ – unter dieser provokativen Zuspitzung ist in den vergangenen Wochen in vielen deutschen Tageszeitungen und Magazinen über das Schwinden bezahlbaren Wohnraums in den Wachstumsstädten unseres Landes diskutiert worden. München, Hamburg, Köln, Stuttgart – jetzt auch Berlin: Überall wächst die Sorge, dass selbst typische Familien der Mittelschicht sich eine Mietwohnung in der Stadt nicht mehr leisten können.

Diese Sorge ist begründet, denn parallel zu den steigenden Mietpreisen (und auch den Kaufpreisen für Wohneigentum) in den großen Städten geht die Zahl der preisgebundenen Wohnungen dramatisch zurück.

Architekten und Stadtplaner entwerfen und planen beides, Luxuslofts und Sozialwohnungen. Wir stehen aber in einer besonderen sozialen Verantwortung, da unsere Arbeit das Leben der Menschen Tag für Tag begleitet, gestaltet und prägt. Ich habe es sehr begrüßt, dass die Bundesarchitektenkammer unseren letzten Deutschen Architektentag in Dresden unter das Motto „Verantwortung gestalten“ gestellt hat. Die Debatte um Wohnraum und Gentrifizierung bietet in besonderer Weise Gelegenheit, dieser Verantwortung in öffentlichen Stellungnahmen und Diskussionsbeiträgen gerecht zu werden.

Sozial: Gemeinschaftsprojekt „Pöstenhof“ in Lemgo von h.s.d. architekten. Foto: h.s.d. architekten

Angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit – demografischer Wandel und Klimaschutz – sollten wir anhand überzeugender Beispiele verstärkt öffentlich deutlich machen, dass die Umgestaltung unserer Gesellschaft auch aus Sicht der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und

Nachhaltig: Modernisierung in Düsseldorf-Garath von Druschke und Grosser Architektur, Duisburg, und HGMB Architekten, Düsseldorf. Foto: Peter Frese

Stadtplaner nicht allein durch bauliche Maßnahmen zu erreichen ist, sondern grundsätzliche Fragen nach dem Verhältnis von Wachstum und Verzicht aufwirft. Ein sorgsamer Umgang mit den natürlichen Ressourcen, der Wunsch nach Gemeinschaft, eine „neue Bescheidenheit“ sind Aspekte, die zunehmend auch im Wohnungsbau und für die Wohnungswirtschaft

Gemeinschaftlich: Quartiere „WIR wohnen anders“ in Dortmund von Norbert Post • Hartmut Wel-ters Architekten & Stadtplaner. Foto: Cornelia Suhan

interessant werden. Wir haben in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit unserem Bauministerium soeben den „Landespreis für Architektur, Wohnungs- und Städtebau Nordrhein-Westfalen 2012“ vergeben. Ausgezeichnet wurden zehn Wohnungsbauten, die als sozial vorbildlich, energetisch und ökologisch zukunftsweisend sowie wirtschaftlich angemessen überzeugen konnten. Architekten und Bauherren haben hier gemeinsam Verantwortung bewiesen, indem generationenübergreifend geplant wurde, Energieverbräuche minimiert wurden, infrastrukturell gut eingebundene Siedlungen realisiert werden konnten – und zwar zu vertretbaren Kosten und oftmals auch im geförderten Wohnungsbau.

Sicher, solche Projekte sind – trotz ihrer guten Gestaltqualität  – weniger spektakulär als ambitionierte Solitäre oder Luxuslofts. Es gehört aber auch zu unserer Verantwortung, die angemessene Sanierung von Bestandsbauten, die behutsame Entwicklung von Quartieren und die Schaffung kostengünstigen Wohnraums in den Innenstädten zu öffentlichen Themen zu machen; zu Fragestellungen, die anregen und aufregen, die die Menschen und die Medien interessieren. Das Thema „Wohnen“ eignet sich dazu ganz hervorragend, da es ein Grundbedürfnis betrifft und zeigt: Fortschrittliches Planen und Bauen heißt nicht länger „größer, höher, kühner“. Fortschrittlich heißt heute ressourcenschonend und sozial!

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