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Im europäischen Haus

21.04.20103 Min. Kommentar schreiben

Europapolitik hat scheinbar mit dem Alltag von Architektenwenig zu tun. Behörden im fernen Brüssel grübeln über Normen und Marktregeln, über Streitigkeiten zwischen Portugal und Polen oder über Fördermittel für Bulgarien und die Bretagne. Tatsächlich aber geht Europa auch uns sehr viel an: Von den Gesetzen und Vorschriften, die uns betreffen, kommen inzwischen etwa 70 Prozent von der EU, nicht mehr aus Berlin oder aus dem Landtag. Europa hat ein gemeinsames großes Ziel: die einzelnen Länder und ihre Bürger näher zusammenzubringen, die Barrieren abzuflachen.

Das Ziel ist gut, aber das Abflachen macht nicht nur Freude. Gewohnte Regelungen aus dem eigenen Land verschwinden; neue Konkurrenz aus anderen Ländern droht. Für uns Architekten muss es darum gehen, dass einerseits Freiheiten und Chancen für Beruf und Baukultur vergrößert werden. Andererseits muss dabei bewährter Schutz erhalten bleiben, durch den wir uns überhaupt erst entfalten können. Besonders augenfällig ist das bei der HOAI. Zu grenzenlosen europäischen Märkten passe eine Honorarordnung nicht mehr, war die vorherrschende Meinung in Brüssel.

Mit den Freiheiten, die die europäische Dienstleistungsrichtlinie auf dem ganzenKontinent schaffen wollte, sei sie nicht vereinbar. Mit der HOAI 2009 ist es nun gelungen, europagerecht zu handeln und zugleich einen bewährten Schutz für Architekten und Verbraucher in Deutschland zu bewahren: Sie gilt nur für Büros mit Sitz im Inland. AusländischeArchitekten können damit bei uns ihre Planungen billiger anbieten. Leider kommt das bei uns vor, obwohl Bauen nach wie vor eine regionale Kunst ist, die ein Gefühl für den Ort und Erfahrungen mit seinen Gesetzen, Gremien und Stimmungen verlangt.

Wo aber Architektur doch grenzenlos ist, nutzen heutegerade auch deutsche Kollegen das Angebot der EU, anderswo zu arbeiten. Wir müssen aber darauf achten, dass das auch der Nachwuchs kann. Nach der überstürzten Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge haben es vorallem die deutschen Hochschulen versäumt, die neuenAbschlüsse europaweit anerkennen zu lassen. Hier üben wir Druck aus, damit dies, so rasch es geht, nachgeholt wird. Die Studienreform sollte internationale Barrieren abbauen. Sie darf nicht mit dem irrwitzigen Ergebnis enden, dass sie statt dessen neue aufrichtet. Manche Kurzstudiengänge zum Bachelor oder architekturferne Spezialmaster genügen aber nicht den Europaregeln. Das sagen wir Professoren, Studentenund Bildungspolitikern deutlich – damit alle Beteiligten wissen, was ihnen blühen könnte.

In der EU-Hauptstadt Brüssel wird das europäische Architektennetzwerk ständig ausgebaut. Die Bundesarchitektenkammer unterhält hier ein dreiköpfigesBüro – für den Durchblick im komplizierten Europaund für rechtzeitige Eingriffe, wenn etwas schief zulaufen droht. Auch sind wir in europäischen Organisationenwie dem Architects’ Council of Europe(ACE) und dem European Network of Architects’Competent Authorities (ENACA) aktiv, in denen sichdie Architektenkammern und Architektenverbändeder EU-Mitgliedsstaaten zusammengeschlossen haben.

Zu den wichtigen Aufgaben gehört es auch, inden großen europäischen Debatten die Belange derArchitektur und Baukultur einzubringen. Aktuell giltdas besonders für das Thema Nachhaltigkeit. Wo diesauf der EU-Ebene diskutiert wird, klinken wiruns ein und werben mit der Kompetenz des Berufsstandes.Damit am Ende nicht nur vieles aus Brüsselim Alltag von Architekten ankommt, sondern möglichstviel Gutes.

Wolfgang Haack ist als Architekt Vorstandsmitglied des Architects’Council of Europe (ACE) und Geschäftsführerder Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.

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