Von Robert Marlow
Erneuerung aber betrifft auch die Architektenkammern, denn sie stehen für die Architektenschaft als Backoffice für Fortbildung und Beratung sowie als Brücke zu Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Vor allem ist die Kammer Diskussionsplattform und Unterstützer ihrer Mitglieder.
Leicht umzusetzen ist dieser Anspruch nicht. Wie können die Kammern es erreichen, auf der Höhe der Zeit, also enger an den Themen des Berufsstandes zu sein? Doch nur durch ihre Mitglieder selbst! Als Kammer müssen wir offener im Austausch untereinander sein und diskussionsfreudiger auf unsere Mitglieder zugehen. Wir sollten auch denen, die erst eine Mitgliedschaft anstreben, mehr Raum bieten, sich einzubringen. Ausbildung und Übergänge in den Beruf sollten stärker ins Visier genommen werden, ebenso wie die konkrete Berufspraxis. Nur durch Input aus der Praxis kann die Kammer ihrerseits Anregungen geben und Entwicklungen vorhersehen. Daher: Wir müssen nah an den Mitgliedern sein – und hier und da noch besser werden.
Dabei gibt es viele Potenziale. Potenzial liegt in den Regionen. Wir müssen – im Fall von Niedersachsen – den Fokus von Hannover etwas weg und stärker auf die Fläche lenken. Wir wollen und müssen die Kolleginnen und Kollegen vor Ort besser einbinden und ihre Themen aufgreifen und sichtbar machen. Bereits 2017 haben wir dies als Projekt identifiziert, ein neuer Regionalausschuss packt nun die Arbeit an.
Potenzial liegt in der Ausbildung. Wir müssen darauf hinwirken, dass es ausreichend Masterstudienplätze gibt, denn nur der bestausgebildete Nachwuchs ist dem Wandel des Berufsstandes gewachsen.
Potenzial liegt in den Absolventen. Wir müssen den Berufsnachwuchs gewinnen, bei uns frühzeitig mitzumachen und den Schwung aus dem Studium in ein Engagement für den Berufsstand einzubringen. Der Nachwuchs ist mit digitalen Medien aufgewachsen und stellt für uns einen unschätzbaren Wert dar, den es zu nutzen gilt. Frischer Wind, unvoreingenommenes Mitreden, auch darum geht es. Die Kammer ist nur gut für die Zukunft gerüstet, wenn sie das breit gefächerte Wissen aller Mitstreiter nutzt, egal, ob diese schon lange dabei oder frisch von der Uni sind, ob sie in der Großstadt oder auf dem Lande arbeiten. Nur wenn die Architektinnen und Architekten einen Sinn darin sehen und Lust dazu haben, mitzumachen, wird die Kammer erfolgreich sein – muss dafür aber attraktive Partizipationsmöglichkeiten bieten.
Potenzial liegt in unserer Gestaltungsmöglichkeit. Eine solche will der neue Ausschuss zur Zukunft des Berufsstandes sein, ein Think-Tank, der Themen identifiziert, bewertet und Herausforderungen skizziert, die Vorstandsarbeit bereichert, uns immer wieder anstößt – auch über das Thema Digitalisierung hinaus.
Potenzial liegt in der Berufspolitik. Nur wenn es uns als Kammer gelingt, neue Themen mit klugen Köpfen und interdisziplinär über die Fachrichtungen hinweg zu besetzen, wird ihre Entwicklung positiv für den Berufsstand verlaufen.
Daher: Die Kammer muss eng bei ihren Mitgliedern stehen, ihre Kreativität, ihren Input nutzen, ja geradezu aufsaugen und in die Gremien einspeisen. Wir wollen in unserem Sinn den Wandel unterstützen, nicht verhindern. Mithilfe unserer Mitglieder sind wir dabei, die Zukunft für den Berufsstand positiv zu gestalten.
Robert Marlow ist Präsident der Architektenkammer Niedersachsen.
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