Halbzeit für die HOAI-Nachfolge, denn innerhalb eines Jahres sollte die Bundesregierung als Verordnungsgeber auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juli reagieren. Entschieden wurde im Sommer in Luxemburg, dass die verbindlichen Honorarsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gegen die Freizügigkeitsregeln des europäischen Binnenmarkts verstoßen. Gleichzeitig machte der EuGH deutlich, dass die qualitätssichernde Wirkung der verbindlichen Mindesthonorarsätze gewährleistet werden könne, wenn ausschließlich qualifizierte Planerinnen und Planer die in der HOAI geregelten Leistungen erbringen. Dies ist zurzeit nicht der Fall und somit inkohärent, denn in Deutschland dürfen auch Personen Planungsleistungen erbringen, die über keinerlei Qualifikationen verfügen.
Doch sorgfältig geplante und nachhaltig gebaute Gebäude in lebendigen Quartieren mit ansprechenden Freiräumen sind von elementarer Bedeutung für unsere Gesellschaft. Im Zentrum steht die Frage, in welcher Art und Weise wir planen und bauen – und unsere Antworten nehmen einen großen Einfluss auf den Klimaschutz. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen demografischer Wandel, Migration, Inklusion, Ressourcenschutz, Digitalisierung und Mobilitätswende sind unmittelbar relevant für unser berufliches Handeln.
Auf dem Deutschen Architektentag haben sich daher Ende September in Berlin über 1.000 Stadtplanerinnen und Stadtplaner und Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen in einer „Forderung zu Qualität und Qualifikation“ ausdrücklich zu ihrer Verantwortung für eine qualitätvolle Gestaltung der gebauten Umwelt bekannt. Doch um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen grundlegende Voraussetzungen gewährleistet sein: eine umfassende, ganzheitlich ausgerichtete Ausbildung, eine qualifizierte Berufszulassung und eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung unter Einhaltung hoher berufsethischer Standards. Diese Voraussetzungen werden durch eine Mitgliedschaft in den Architektenkammern sichergestellt, die damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllen.
Planungsleistungen in Architektur und Stadtplanung sollten also nur nachweislich qualifizierten Berufsträger übernehmen. In diesem Kontext unterstützt der Vorstand der Bundesarchitektenkammer (BAK) ausdrücklich die Wiedereinführung der Meisterpflicht im Handwerk, nicht nur, weil qualifizierte (und als solche erkennbare) Handwerker unerlässlich für eine qualitätvolle Ausbildung und Bauausführung sind. Vielmehr verdeutlicht auch die Meisterpflicht, dass unsere heutige Informationsgesellschaft mehr denn je verbindliche, qualitätsorientierte Angaben braucht. Dies gilt in besonderem Maße für den Qualifikationsnachweis bei so prägenden Leistungen wie der Planung unserer gebauten Umwelt.
Im Schulterschluss mit den Verbänden der planenden Berufe engagiert sich die BAK beim zuständigen Bundeswirtschaftsministerium aktuell dafür, die HOAI nach dem Modell der Steuerberatervergütungsverordnung anzupassen. Vorgesehene Honorare nach der HOAI gelten dabei nur dann nicht, wenn etwas anderes ausdrücklich vereinbart wird. In einem zweiten Schritt sollten dann weitere Anpassungen an der HOAI vorgenommen werden. Dies betrifft insbesondere eine Aktualisierung der Leistungsbilder. Unabhängig davon wollen wir auf eine klare Regelung der gesetzlichen Vorbehaltsaufgabe für unsere Berufsträger hinarbeiten, um die Forderung des Deutschen Architektentags umzusetzen. Dies wird ein langer und schwieriger Prozess, aber wir sind der Ansicht, dass sich der Einsatz für dieses Ziel lohnt.
Das BAK-Präsidium und die Präsidentinnen und Präsidenten der 16 Architektenkammern der Länder