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Elektronisch ausschreiben

Auf Plattformen im Internet kann man Aufträge finden und vergeben. Doch die Vielfalt der Angebote kann auch verwirren

20.12.20106 Min. Kommentar schreiben
Im Netz angeln: Effizienter elektonischer Fischzug nach Auftraggebern und -nehmern

Von Michael Sudahl

Die Aussage des Bundesinnenministeriums ist klar: „Das Beschaffungsatemt akzeptiert nur noch Angebote, die elektronisch über die Vergabeplattform des Bundes abgegeben werden. Es ist davon auszugehen, dass weitere Vergabestellen des Bundes zur ausschließlichen Zulassung von elektronischen Angeboten übergehen werden.“

Was früher in amtlichen Bekanntmachungen oder in Staatsanzeigern stand, ist heute mit ein paar Mausklicks zu finden. Der Staat verspricht sich von der elektronischen Vergabe transparente, schnelle und kostengünstige Beschaffungsprozesse. Mithilfe der Website evergabe können beispielsweise Nutzer An­gebotsabgaben, Vertragsabschlüsse sowie den üblichen Geschäftsverkehr online abwickeln. Zunächst muss sich der Architekt allerdings registrieren. Daraufhin erhält er eine digitale Signaturkarte, die übermittelte Daten sicher verschlüsselt und bei elektronischen Dokumenten die händische Unterschrift ersetzt. Dazu muss er aber noch eine kostenlose Software herunterladen und installieren. Seine Ausschreibungen und Angebote tippt er später direkt am Bildschirm online ein. Die Flut an ähnlichen Behördenseiten wie bund, der europäischen Plattform TED und vergabeplattform.berlin ist mittlerweile groß. Daneben gibt es etliche private Portale: vergabe24, dtad und tenderfilter. Anders als die staatlichen Websites sind sie für Auftragnehmer meistens mit Kosten verbunden.

Der Neckarsulmer Architekt Hans-Peter Weinreich hat sich vor Kurzem bei dem Portal eines privaten Anbieters registriert. Über einen Newsletter stieß er auf bauportal-deutschland. Für Weinreich, der sich auf Kirchen und denkmalgeschützte Gebäude spezialisiert hat, sind Projekte des Hochbauamts Heilbronn interessant. Online nahm er kürzlich an einer Ausschreibung teil: Die Hochschule Heilbronn wollte ihre Mensa renovieren und umbauen. Weinreichs fünfköpfiges Team sanierte gerade eine Schule und ist auf der Suche nach ähnlichen Projekten.

Öffentliche Bauten in dieser Größe sind für den 51-Jährigen lukrativ. Weinreich erkennt Vorteile bei der Suche und Vergabe im Netz. „Von der Plattform kann ich die Ausschreibungstexte herunterladen und regionale Aufträge nach Postleitzahlen selektieren“, erklärt er und urteilt: „Die Datenbanken sind für jeden sinnvoll, der akquirieren muss und Nischen besetzen will.“ Flattert dann ein Auftrag ins Haus, „haben sich Kosten und Aufwand schnell rentiert“. Als Auftraggeber nutzt er die Plattform bislang allerdings nicht. Ihm ist es wie einem Kölner Kollegen lieber, mit Handwerkern und Restauratoren zu arbeiten, deren Leistungen er von früheren Baustellen kennt.

Online trifft den Nerv der Zeit

Eine Website, auf der Architekten und Ingenieure Baudienstleistungen und Ausschreibungen aller Art finden, ist webvergabe. Auch wenn der Name es vermuten lässt, ist dies keine Auktionsseite – vielmehr stecken hier die Kreishandwerkerschaften als Partner dahinter. Die Betreiber wollen von vornherein unqualifizierte, nicht kostendeckende Angebote ausschließen, wie sie etwa auf umgekehrten Auktionen mit einem immer niedrigeren Preis gemacht werden. Und die Seite hat zusätzliche Stärken: An die sogenannte „Bekanntmachung“ können Nutzer beliebig viele Dateien für Baubeschreibungen, Pläne, Skizzen, Leistungsverzeichnisse und Bilder anhängen. Zudem ist die Nutzung für Ausschreibende kostenlos. Bedienerfreundlich ist der Einladeservice: Will ein Planer bestimmte Unternehmen zur Angebotsabgabe auffordern, gibt er deren E-Mail-Adresse an und diese erhalten Ausschreibungen unmittelbar per elektronischer Post.

Das Portal regiogruppe-bau stellt private Bauausschreibungen den gemeldeten Handwerkern aus der jeweiligen Region zur Verfügung. Die Software ist nach Angaben der Betreiber speziell auf die Bedürfnisse ausschreibender Architekten zugeschnitten. Diese können ihre Ausschreibungen im GAEB-Format hochladen oder selbst online im GAEB-Format erstellen, können je Gewerk die Menge gewünschter Angebote nennen und die Ausschreibung allen gemeldeten Handwerkern in einem Radius von etwa 50 Kilometern zu jeweiligen Bauvorhaben zukommen lassen, nach Gewerk sortiert.

Weil die immer neue Suche nach einer passenden Vergabeplattform aufwendig ist, hat das Stuttgarter Architekturbüro HWP ein Pilotprojekt gestartet: Es will nur noch auf einer einzigen Plattform Aufträge vergeben. Onlinevergaben treffen für Geschäftsführer Matthias Kammer „den Nerv der Zeit“. Der Bauingenieur findet, dass sie dem Versand von Papier inzwischen den Rang ablaufen. Ein Trend, dem das 40 Jahre alte Büro nun folgt: Im Geschäftsbereich Projektmanagement, der 20 Mitarbeiter umfasst, hat die Hälfte der Angestellten diverse Plattformen unter die Lupe genommen. „Seit einiger Zeit beobachten wir eine Verbesserung der Vergabetools und eine Akzeptanzsteigerung bei unseren Kunden und Bietern“, stellt Kammer fest. Für ihn kommt nur eine Vergabewebsite infrage, die öffentliche deutschlandweite, offene EU-weite und beschränkte Verfahren technisch reibungslos und über alle Leistungsphasen hinweg rechtssicher organisieren kann. Auch müsse eine durchgängige Erfassung des Vergabeprozesses möglich sein. Up- und Downloadfunktionen sowie Zahlungsflüsse der Bieter sollten zum Standard gehören, meint der HWP-Mann. Den größten Vorteil elektronischer Verfahren sieht er jedoch in vereinfachten Prozessen. Daneben zähle vor allem Zeit- und Geldersparnis: Bewährt sich die Arbeit mit einer Ausschreibungsplattform, so könne HWP die Kapazitäten seiner Leute für andere Tätigkeiten einplanen und verbrauchte obendrein weniger Papier und elektronische Datenträger. Selbst für die Bieter sieht Kammer Pluspunkte – etwa in der Zeitersparnis beim Erhalt der Unterlagen oder bei Rückfragen zum Vergabeprozess und der tatsächlichen Angebotsabgabe.

Rechtssicherheit, standardisierte Funktionen und einfache Handhabung sind die Basis, damit eine Vergabeseite angenommen wird. Das weiß auch der Berliner Unternehmer Markus Grossmann, der mit seinem Kollegen Jens Schlüter die Bewertungsplattform evalurajo entwickelt hat. Er will Auftraggeber und -nehmer online zusammenbringen, jedoch nicht über den Preis, sondern via Empfehlungen, ähnlich wie bei Ebay oder Holidaycheck. Diese Art der Kommunikation habe sich etabliert, erklärt Grossmann.

Auf seiner Website können User Dienstleistungen und Produkte rund um die Immobilie bewerten. Das Prinzip ist denkbar einfach: Mit jeder Bewertung spricht ein Auftraggeber eine Empfehlung aus. So soll anderen die Suche nach einem passenden Partner erleichtert werden. „Anders als im Branchenbuch sind bei uns jedoch nicht die fünf reichsten Inserenten am sichtbarsten, sondern die, mit denen die Auftraggeber zufrieden waren.“ Mit der Zeit entstehe ein Netzwerk, bei dem ein Prozentwert die Kundenzufriedenheit ausdrückt. Aber die Plattform ist kein Forum, in dem sich Unternehmer gegenseitig anschwärzen können. „Jeder Eintrag wird auf seine Seriosität hin geprüft“, versichert Grossmann. Derzeit tummeln sich rund 150 Handwerker auf der Bewertungsseite. Wegen steigender Nachfrage sollen sich dort ab 2011 auch Architekten präsentieren können.

Fazit: In Zeiten digitaler Kommunikation bieten Ausschreibungsplattformen eine gute Möglichkeit, an Aufträge zu kommen. Und wer sich intensiv damit beschäftigen will, kann Arbeitsprozesse deutlich verschlanken und somit Kosten sparen. Doch das Meer an öffentlichen und gewerblichen Anbietern ist unübersichtlich und will durchsucht werden. Mit nur einem Klick kommt man nicht zum großen Geschäft.

Michael Sudahl ist freier Fachjournalist in Stuttgart.

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