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Planung vs. Baustelle: Mängel automatisiert erkennen

Ein Berliner Bauunternehmen testet in der Ausbauphase bei 140 Wohnungen ein auf künstlicher ­Intelligenz basierendes System, um Fehler am Bau rechtzeitig zu erkennen

Von: Marion Goldmann
Marion Goldmann wählt für das DAB die wichtigsten Produktneuheiten aus....

28.06.20224 Min. Kommentar schreiben
Baustellen-Rundgang mit 360-Grad-Kamera auf dem Schutzhelm
Baustellen-Rundgang: Die 360-Grad-Kamera auf dem Schutzhelm erfasst die Umgebung, die dann mittels KI mit der Planung verglichen wird.

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Mängelcheck per Helmkamera“ im Deutschen Architektenblatt 07.2022 erschienen.

Vor knapp zwei Jahren beschloss die Schrobsdorff Bau AG, ein in Berlin und Umgebung aktives mittelständisches Bauunternehmen, eine Abteilung für Digitalisierung einzuführen. Diese Investition in die Zukunft hat sich offensichtlich gelohnt. Um Kosten durch Baufehler einzusparen, werden im Bezirk Spandau bei Berlins derzeit größtem Wohnungsbauprojekt „Waterkant“ (Bauherrinnen sind die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Gewobag und WBM) Bauprozesse in der Ausbauphase mithilfe künstlicher Intelligenz optimiert.

Mängelcheck per Helmkamera

Dazu greift das Unternehmen auf die Software des Bautechnologie-Start-ups Buildots zurück. Hierfür nehmen an Schutzhelmen befestigte 360-Grad-Kameras ihre Umgebung auf, die dann von KI-Algorithmen automatisch auf Mängel, also Abweichungen zur Planung hin abgeglichen wird. Justin Schrobsdorff, Junior Inhouse Consultant, sagt: „Die Effizienz des Teams ist durch das digitale Arbeiten und die automatisierte Fehlererkennung gesteigert worden. Da wir nicht mehr nach Fehlern suchen, sparen wir Zeit.“ Ein weiterer Effekt ist, dass diese frühzeitig erkannten Fehler noch während des Ausbaus behoben werden können. Das spart dem Bauunternehmen viel Geld.

200 falsche Steckdosen ­erkannt

Ein typisches Beispiel sind Steckdosen. Bei rund 200 Stück ergab die Kontrolle eine Abweichung von etwa zehn Zentimetern vom geplanten Einbauort. „Stellt man das erst bei der Schlussabnahme fest, würde uns die Fehlerbeseitigung allein durch die Beteiligung der tangierenden Gewerke, wie Trockenbau und Maler, rund 250 Euro pro Steckdose kosten“, so Justin Schrobsdorff. Bisher sei es durchaus üblich gewesen, Steckdosen nach Aufmaß zu installieren und diese nur mit dem Zollstock oder Laser nachzumessen. Derartige Ungenauigkeiten lässt das digitale System nicht zu, es ist sogar ein Toleranzbereich hinterlegbar.

Display mit Baustellenfoto und virtuellem Modell
Theorie und Praxis: Der Übersichtsbildschirm bietet den Vergleich zwischen Baustelle und 3D-Modell.

Mängel besser rückverfolgen

Als wertvoll für die Bauausführung hat sich zudem die Rückverfolgbarkeit anhand des Datums der Baustellenbegehung erwiesen. Daraus wird ersichtlich, wann die Mängel aufgetreten sind und ob beziehungsweise wann sie behoben wurden. Bei Abweichungen vom Plan wird der Bauleiter benachrichtigt, sodass er den Mangel sofort an den Bauausführenden schicken kann. Ist das Problem behoben, schließt das System den Vorgang automatisch. Das heißt, der Kontrollgang des Bauleiters entfällt.

Aber wie empfinden das die Bauleiter, wenn ein digitales System ihre Arbeit kontrolliert? Justin Schrobsdorff: „Zu Beginn sahen das unsere Mitarbeiter durchaus skeptisch, dann stellten sie aber fest: Das System ist ja wirklich nicht schlecht. Heute ist die Resonanz so gut, dass es jeder auf seiner Baustelle haben möchte – auch Bauleiter mit einer über 20-jährigen Berufserfahrung.“ Und das will in der traditionell geprägten Baubranche einiges heißen.

Effizientere Arbeitsabläufe

Die Einführung von Buildots hatte die Schrobsdorff Bau AG eng mit der Digitalisierung im Unternehmen verknüpft. Der Prozess startete vor knapp zwei Jahren mit der eigens dafür gegründeten Abteilung Digitalisierung. „Bis dahin basierten auch bei uns viele Prozesse noch auf herkömmlichen Strukturen. Das wollten wir ändern und digitale Werkzeuge finden, die unseren Mitarbeitern ein effizienteres Arbeiten ermöglichen“, resümiert Justin Schrobsdorff. Im Zuge der Sondierung stellte sich heraus, dass die Aufnahme und die Beseitigung von Mängeln aufgrund des hohen organisatorischen Aufwandes ein großes Einsparpotenzial bieten.

Ohne BIM kein Einspareffekt

Zu Buildots gelangte man durch eigene Recherchen. Funktionieren tut das System allerdings nur zusammen mit einer qualitativ hochwertigen BIM-basierten Arbeitswelt. „Das ist wichtig, denn wir mussten unsere ersten BIM-Modelle aufrüsten und fachliche Kompetenz mithilfe eines BIM-Koordinators generieren“, betont Justin Schrobsdorff.

Mit der Implementierung von BIM wollte man auch zeigen, dass es nicht nur Architekten die Planung erleichtert, sondern auch Bauunternehmen Vorteile verschafft. Umgekehrt können die mit der Schrobsdorff Bau AG zusammenarbeitenden Architekten zudem die Umsetzung ihrer Planung gut überprüfen, denn die Rundgänge auf der Baustelle mit der Helmkamera und anschließender Digitalisierung liefern eine vollumfängliche und präzise Dokumentation. Fragen, ob beispielsweise die Fußbodenheizung tatsächlich auch eingebaut wurde, sind so schnell geklärt.

Bauleitung hat besseren Überblick über Mängel

Für die Bauleiter ist die Dokumentation mittlerweile Gold wert. „Sie können ausgeführte beziehungsweise nicht ausgeführte Arbeiten rückblickend analysieren. Auch Details, die man nicht immer gleich im Blick hat, werden angezeigt und so Folgefehler vermieden“, schätzt Justin Schrobsdorff ein. Dem Bauleiter obliegt nach wie vor die fachliche Prüfung, jedoch wird seine Kontrollarbeit deutlich erleichtert. Nicht zuletzt ist die Dokumentation für die Bauherren wichtig, schließlich erhalten sie damit ein Instrument zur Qualitätskontrolle an die Hand.


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