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Wie Architekten BIM bewerten

Building Information Modeling (BIM) gilt als die Planungsmethode der Zukunft. Welche Erfahrungen haben Architekten bisher damit, und was erwarten sie von den Kammern? Eine bundesweite Befragung der BAK liefert Antworten.

24.04.201811 Min. Kommentar schreiben

Von Nicole Reiß

Die Digitalisierung schreitet in allen Bereichen unseres Alltags voran. Im Bereich des Planens und Bauens steht Building Information Modeling (BIM) für eine neue, kooperative Planungsmethode, bei der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks die für seinen Lebenszyklus relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden.

Um ein aktuelles Meinungsbild zu BIM und zum gegenwärtigen Stand der praktischen Anwendung dieser Arbeitsmethode zu erhalten, haben die Architektenkammern der Länder unter Federführung der Bundesarchitektenkammer im Jahr 2017 eine bundesweite Befragung unter den selbstständig tätigen wie anhängig beschäftigten Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen durchgeführt. An der Befragung beteiligten sich 15.206 Kammermitglieder. Dies entspricht einer Rücklaufquote von rund 16%.

Bekanntheit und Einsatz von BIM am eigenen Arbeitsplatz

Die Befragung wandte sich zunächst der Frage des Bekanntheits- und Nutzungsgrads der Arbeitsmethode BIM zu. Unter den Inhabern von Architektur- und Planungsbüros liegt der Anteil derjenigen, die BIM kennen und bereits im eigenen Büro einsetzen, bei 9%. 74% kennen BIM, nutzen es jedoch (noch) nicht. Den verbleibenden 17% der Büroinhaber ist BIM kein Begriff.

Bei näherer Betrachtung der BIM nutzenden Inhaber von Architektur- und Planungsbüros zeigt sich, dass BIM überdurchschnittlich häufig in Büros mit jungen Büroinhabern (bis 40 Jahre), in großen Büros (25 Beschäftigte und mehr), in Büros mit überwiegend gewerblichen Auftraggebern, in Büros mit hohem Neubauanteil und in Büros mit überwiegend großen Projekten (anrechenbare Baukosten > 500.000 Euro) eingesetzt wird. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Alter des Büroinhabers und BIM-Nutzung ist von Interesse, deutet er doch darauf hin, dass die nachrückende Inhabergeneration weniger Berührungsängste mit dieser noch recht neuen Arbeitsmethode hat.

Unter den in der freien Wirtschaft angestellt tätigen Kammermitgliedern ist der Anteil derer, die BIM kennen und nutzen deutlich höher: Rund ein Fünftel der angestellten Kammermitglieder in Architektur- und Planungsbüros und im Baugewerbe arbeitet bereits mit BIM. Der Mehrheit ist BIM ein Begriff, die Methode wird aber nicht genutzt. 15% der Angestellten in Architektur- und Planungsbüros und 24% der Angestellten in der baugewerblichen Wirtschaft ist BIM nicht bekannt.

Bezogen auf die Angestellten in Architektur- und Planungsbüros und im Baugewerbe ergibt sich ebenfalls ein statistisch signifikanter Zusammenhang nach Büro- / Unternehmensgröße. Auch hier kommt BIM in großen Organisationen deutlich häufiger zum Einsatz als in kleineren.

Der Zusammenhang zwischen BIM-Nutzung und Büro-/Unternehmensgröße erklärt auch die unterschiedlich hohen Anteile der BIM-Nutzer unter Inhabern von und Angestellten in Architektur- und Planungsbüros: während abhängig beschäftigte Kammermitglieder überwiegend in großen Büros tätig sind, repräsentieren die Büroinhaber mehrheitlich kleine Büros.

Am geringsten fällt der Anteil derer, die BIM kennen und bereits nutzen, bei den im öffentlichen Dienst tätigen Kammermitgliedern aus (4%). 57% der im öffentlichen Dienst beschäftigten Kammermitglieder ist BIM bekannt, wird aber nicht genutzt und 39% kennen BIM nicht.

BIM-Nutzer: Gründe für die Einführung von BIM

Wird BIM genutzt, so wurde es in erster Linie mit dem Ziel der Steigerung von Büroeffizienz (76%), Projekteffizienz (70%) und Projektqualität (59%) sowie zur Minimierung von Schnittstellenproblemen und zur Verbesserung der Projektkoordination (jeweils 44%) eingeführt. Die differenzierende Betrachtung zeigt, dass Beschäftigte im Baugewerbe und im öffentlichen Dienst die Gründe, die sich auf ein verbessertes Zusammenspiel mit anderen Projektbeteiligten beziehen (Minimierung von Schnittstellenproblemen / Verbesserung der Projektkoordination) häufiger anführen als Inhaber von und Angestellte in Architektur- und Planungsbüros.

Eine Faktorenanalyse ergibt, dass sich die insgesamt sieben abgefragten Gründe für die Einführung von BIM auf zwei übergeordnete Motive zurückführen lassen. So kann zwischen einer intrinsisch und einer extrinsisch motivierten Einführung der Arbeitsmethode BIM unterschieden werden. Bei intrinsischer Motivation wurde BIM in erster Linie eingeführt, um die Prozesse im Büro und im Projektablauf zu optimieren. Diese Gruppe nennt als Gründe der BIM-Einführung überdurchschnittlich häufig die Erwartung einer Steigerung der Büro- und Projekteffizienz sowie der Projektqualität, einer Reduktion von Schnittstellenproblemen und einer Verbesserung der Projektkoordination.

Bei extrinsischer Motivation ist die BIM-Einführung vor allem eine Reaktion auf eine (vermutete) Anforderung bestehender und potenzieller Auftraggeber („Erfüllung einer Anforderung von Auftraggeberseite“, „Erschließung neuer Leistungsfelder“).

Einsatz von BIM: Art der mit BIM bearbeiteten Projekte

Inhaber von Architektur- und Planungsbüros setzen – sofern sie diese Arbeitsmethode nutzen –BIM mehrheitlich im Rahmen aller Projekte ihres Büros ein (59%). Jeweils rund ein Fünftel der Büroinhaber gibt an, BIM nur bei Projekten mit komplexer Geometrie bzw. nur auf Wunsch des Auftraggebers einzusetzen.

Differenziert nach dem Motiv der BIM-Einführung zeigt sich, dass Inhaber, die BIM vor allem mit dem Ziel der Prozessoptimierung eingeführt haben (intrinsische Motivation), BIM deutlich häufiger im Rahmen aller Projekte des Büros einsetzen als Inhaber, die BIM in erster Linie aufgrund externer Vorgaben nutzen. Letztere setzen BIM demgegenüber überdurchschnittlich häufig nur dann ein, wenn der Auftraggeber es fordert.

Differenziert nach Bürogröße zeigt sich, dass Inhaber kleiner Büros BIM häufiger bei allen Projekten des Büros einsetzen als große Büros. Dieses Ergebnis erklärt auch, weshalb der Anteil der Angestellten in Architektur- und Planungsbüros, die BIM bei jedem Projekt einsetzen mit 43% geringer ausfällt als der Vergleichsanteil für die Inhaber von Architektur- und Planungsbüros (59%), da erstere vorwiegend in großen Büros tätig sind, während Letztere mehrheitlich kleine Büros repräsentieren.

Einsatz von BIM: Kooperation mit Projektbeteiligten

Die Möglichkeit, mit allen Projektbeteiligten an einem gemeinsamen Modell zu arbeiten, wird insbesondere in Architektur- und Planungsbüros überwiegend noch nicht genutzt.

Anders als Angestellte im Baugewerbe und Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die überwiegend gemein-sam mit anderen Projektbeteiligten an digitalen Modellen arbeiten, werden in Architektur- und Planungs-büros häufig BIM-Modelle erstellt, ohne dass die anderen Projektbeteiligten BIM nutzen oder bei denen Änderungen über Import-/Export-Funktionen oder manuell abgeglichen werden müssen.

Differenziert nach vorrangigem Motiv der BIM-Einführung zeigt sich, dass Büroinhaber, die BIM zum Zweck der Prozessoptimierung eingeführt haben, häufiger mit Projektpartnern zusammenarbeiten, die kein BIM nutzen. Demgegenüber arbeiten Büroinhaber, die BIM in erster Linie aufgrund einer Marktanforderung nutzen, häufiger mit den anderen Projektbeteiligten an gemeinsamen digitalen Planungsmodellen. Dieses Ergebnis ist damit zu erklären, dass Büros, die BIM in erster Linie nutzen, um einer Anforderung von Auftraggeberseite nachzukommen, in der Regel mit Projektpartnern zusammenarbeiten dürften, die die gleichen Anforderungen erfüllen müssen.

Einsatz von BIM: Schwierigkeiten beim Informationsaustausch mit Projektbeteiligten

Rund zwei Drittel der Befragten (68%) haben im Rahmen von BIM-Projekten Schwierigkeiten beim Informationsaustausch mit anderen Projektbeteiligten.

Das meistgenannte Problem besteht darin, dass ein Teil der Projektpartner (noch) kein BIM nutzt (67%). Daneben berichten die Befragten mehrheitlich von Kompatibilitätsproblemen zwischen unterschiedlichen Softwarelösungen (60%) sowie von Abstimmungsproblemen bei der Pflege gemeinsam genutzter Modelle bzw. – im Fall jeweils eigener Modelle der verschiedenen Projektpartner – fehlender Zuverlässigkeit der Information über Planänderungen durch die Projektpartner (59%).

Einsatz von BIM: Projektbeteiligte, die BIM-Modelle nutzen

Die von den befragten Kammermitgliedern erstellten BIM-Modelle werden in erster Linie von TGA- (74%) und Tragwerksplanern genutzt (70%). Bei gut einem Drittel der Befragten greift der Bauherr auf das erstellte BIM-Modell zu. Deutlich seltener nutzen ausführende Unternehmen und Projektsteuerer (jeweils 18%), Brandschutzplaner, Facility Manager (jeweils 14%) und Lichtplaner (12%) die BIM-Modelle.

Geplante Einführung von BIM

Bei der Mehrheit der Befragten, die BIM kennen, bislang jedoch nicht nutzen, ist die Einführung von BIM im eigenen Büro bzw. durch den Arbeitgeber nicht geplant (63%).

6% der Büroinhaber und rund ein Zehntel der abhängig Beschäftigten geben an, die Einführung von BIM werde derzeit vorbereitet. Bei rund einem Viertel der Befragten ist die zukünftige Nutzung von BIM vorgesehen, ohne dass bislang konkrete Maßnahmen ergriffen worden wären.

Bei näherer Betrachtung der Inhaber von Architektur- und Planungsbüros, die die Einführung von BIM planen zeigt sich, dass ihre Büros den Büros gleichen, die BIM bereits heute nutzen. Es sind vorwiegend Büros mit jungen Büroinhabern (bis 40 Jahre), große Büros (25 Beschäftigte und mehr), Büros mit überwiegend gewerblichen Auftraggebern, Büros mit hohem Neubauanteil und Büros mit überwiegend großen Projekten (anrechenbare Baukosten > 500.000 Euro). Gleiches zeigt sich für die Angestellten in der freien Wirtschaft: auch hier sind es wieder vor allem die großen Büros / Unternehmen, die BIM gegenüber aufgeschlossen sind.

Gründe gegen die Einführung von BIM

Befragte, bei denen die Einführung von BIM nicht vorgesehen ist, begründen dies deutlich überwiegend damit, dass die bestehenden Planungsmethoden für die Projekte des Büros / Unternehmens / der Behörde ausreichten (77%). Von rund der Hälfte der Befragten wird zudem das Argument angeführt, dass die Auftraggeber die Verwendung von BIM nicht forderten und eine Einführung daher nicht notwendig sei (47%).

Vor allem in Architektur- und Planungsbüros und hier in erster Linie in kleinen Büros wird von einer BIM-Einführung abgesehen, da die Kosten der Einführung als zu hoch empfunden werden und davon ausgegangen wird, dass der Einsatz von BIM erst ab einer bestimmten Büro- bzw. Projektgröße rentabel sei.

Bewertung von BIM

Die Arbeitsmethode BIM ist noch relativ neu und, wie die Befragungsergebnisse zeigen, im Arbeitsalltag vieler Kammermitglieder noch nicht angekommen. Entsprechend groß ist auch die Unsicherheit, die bei vielen Befragten im Zusammenhang mit BIM besteht.

Um eine Bewertung unterschiedlicher Statements zum Thema BIM gebeten, erhalten vor allem kritische Aussagen zu BIM hohe Zustimmung: der Einstieg in BIM sei vor allem von kleinen Büros finanziell nicht zu stemmen (68%), haftungsrechtliche (67%), honorarrechtliche (67%) und urheberrechtliche Fragen (51%) sowie Fragen des Know-how-Schutzes (59%) seien im Zusammenhang mit BIM bislang nicht ausreichend geklärt.

Mehrheitlich zustimmend äußern sich die Befragten allerdings auch zu den positiven Aussagen, BIM

  • mache Projekte mit hoher Komplexität wieder beherrschbar (65%),
  • reduziere die Fehleranfälligkeit durch den Wegfall von Mehrfacheingaben (61%) und Modell-Checks (58%),
  • steigere die Effizienz durch schnellere Informationsverfügbarkeit (57%),
  • führe zu einer verbesserten Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten (57%) und
  • ermögliche eine verbesserte Visualisierung in der Phase der Projektentwicklung (57%) sowie
  • eine zuverlässigere Kostenkalkulation (53%).

Eine nach (geplanter) BIM-Nutzung differenzierende Analyse der Bewertung von BIM zeigt, dass die Mehrzahl der positiven Aussagen zu BIM von BIM-Nutzern höhere Zustimmungswerte erhalten als von Befragten, die die Einführung von BIM bisher nur planen. Am geringsten fällt die Zustimmung zu den positiven Statements unter den Befragten aus, bei denen der Einsatz von BIM im eigenen Büro / am eigenen Arbeitsplatz nicht geplant ist.

Bezogen auf die Mehrzahl der negativen Aussagen gilt der umgekehrte Zusammenhang: BIM-Nutzer lehnen sie am deutlichsten ab, zukünftige BIM-Nutzer schon etwas weniger deutlich und BIM-“Gegner“ äußern sich mehrheitlich zustimmend.

Eine interessante Ausnahme gibt es jedoch: die Aussagen, dass honorarrechtliche, haftungsrechtliche und urheberrechtliche Fragen sowie Fragen des Know-how-Schutzes bislang nicht ausreichend geklärt seien, werden unabhängig von der (geplanten) Nutzung von BIM, mehrheitlich als zutreffend bezeichnet. Diese Fragen klären sich also auch im Rahmen der berufspraktischen Anwendung von BIM nicht.

Erwartungen an die Architektenkammern im Zusammenhang mit BIM

Die im Zusammenhang mit BIM bestehenden Erwartungen der Kammermitglieder an die Architektenkammern waren dann auch Gegenstand der Befragung. Sämtliche im Rahmen dieser Frage vorgegebenen möglichen Aufgaben der Kammer wurden von der Mehrheit der Befragten als sehr wichtig oder wichtig bezeichnet:

  • die Stärkung der Position des Architekten als Koordinator des Planungs- und Bauprozesses (85%),
  • die Entwicklung und Durchsetzung verbindlicher Regelungen im Bereich des Haftungsrechts (82%),
  • das Angebot von Fortbildungsveranstaltungen zum Thema BIM (81%),
  • die Durchsetzung von openBIM und damit eines softwareunabhängigen Austauschformats zur Minimierung von Schnittstellenproblemen (79%),
  • das Angebot von Informations- und Beratungsangeboten zur Vertragsgestaltung (78%) und zu Fragen der Honorierung (75%),
  • die Erarbeitung von Ausbildungsinhalten zu BIM (66%),
  • die Entwicklung und Durchsetzung verbindlicher Regelungen im Bereich des Know-how-Schutzes (66%) und des Urheberrechts (65%) sowie
  • das Angebot vergünstigter Rahmenverträge für BIM-Software (55%).

Dieses Ergebnis verdeutlich noch einmal die große Unsicherheit, die unter den Kammermitgliedern in Bezug auf BIM besteht. Es verdeutlicht auch die zentrale Rolle, die den Kammern bei der Information über BIM, der aktiven Gestaltung in berufsrechtlichen Fragen sowie in der Konzeption von Aus- und Fortbildungsangeboten im Zusammenhang mit BIM zukommt.


INFORMATION

Die Architektenkammern haben Ende 2017 einen einheitlichen Standard für die BIM-Fortbildung etabliert. Mehr Informationen und eine Übersicht über die aktuellen Kursangebote in den Bundesländern finden Sie hier.


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