„Die Zukunft ist gerade nicht zu sehen“, so der Soziologe Hartmut Rosa im Dezember im Magazin Futurzwei in einem Artikel über Veränderungen, Unsicherheiten und Aggression. Als Gesellschaft sind wir, um uns anzupassen, ständig in Bewegung. Doch die Zeiten sind herausfordernd. Wir sorgen uns um soziale und wirtschaftliche Stabilität und haben zugleich historisch einzigartige ökologische Umbaupakete auf unseren Zetteln. Für uns Planerinnen und Planer ist es Alltag, in langen Zeiträumen zu denken und Veränderungen und Verbesserungen in unserer gebauten Umwelt immer strategisch einzuordnen.
An Ideen mangelt es nicht
An Ideen mangelt es nicht. Das European New Bauhaus zeigt aktuell mit zahlreichen innovativen und inspirierenden Beispielen, wie wandelbar und zukunftsfähig Flächen, Gebäude und Räume mit neuen Konzepten und Nutzungen transformiert werden können, und zwar sowohl in ermutigenden partizipativen Bottom-up-Prozessen als auch innerhalb professionell aufgegleister Strukturen.
Die Gemeinschaft ist unsere Stärke. Wenn wir uns auf Lösungswege einigen können, sind wir unschlagbar. Es geht nicht allein. Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um Veränderungen anzustoßen, die manchmal auch unbequem sind. Nachhaltiges Planen und Bauen stärken, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen sichern, Digitalisierung praxisnah weiterentwickeln und die Architektenkammern der Zukunft stärken. Wir Kammern haben das klare Ziel vor Augen: Besser werden, kontinuierlich besser werden – bis es besser ist!
Was uns als Einzelne dabei sicher alle gleichermaßen beschäftigt, ist die tägliche Überprüfung der eigenen Position. Wo muss ich eingetretene Pfade verlassen, wo muss ich effizient bleiben, wo kann ich neue Ansätze verfolgen? Wo investiere ich Energie, um Menschen zu überzeugen? Veränderungen sind immer auch anstrengend. Besonders, wenn Zukunft unsicher statt rosig erscheint.
2023 wird ein intensives Arbeitsjahr
Ich bin eine unerschütterliche Optimistin und freue mich auf ein intensives Arbeitsjahr, das von großen Formaten geprägt sein wird. Die Architekturbiennale Venedig wird unter der Forderung „Decarbonize, decolonize, deinstitutionalize!“ im Labormodus neue Handlungsfelder erforschen (Titel: „The Laboratory of the Future“), auch der UIA-Weltkongress wird die planenden Berufe gesellschaftspolitisch verankern mit dem Motto „Sustainable Futures Leave No One Behind“.
Ein ganz besonderes Highlight wird der nächste Deutsche Architekt*innentag – kurz: DAT – am 29. September 2023 in Berlin sein. Als Standortbestimmung ist der DAT das wichtigste berufspolitische Format für unseren Berufsstand, bei dem nicht nur neue praktische Lösungen und Ideen zur aktuellen Lage aufgezeigt und debattiert, sondern auch neue Rahmenbedingungen zur Umsetzung formuliert werden. Denn eines ist jetzt wichtig: dass wir nachhaltig ins Handeln kommen.
Potenzial im Zwischenraum
Ein Bild hat mich über den Jahreswechsel beschäftigt: Wie kann man die Entfernung zwischen einem Atomkern und einem Elektron verdeutlichen? Achtung: Stellen Sie sich einen Apfel vor und dazu ein Salzkorn, zwei Kilometer entfernt. Ist das nicht ein erstaunlicher Vergleich? Ein kaum zu begreifender Raum tut sich auf. Was sich dazwischen befindet? Potenzial! In diesem Potenzial liegt die ganze Kraft. Wir Menschen sind in der Lage, abstrakte Konzepte zu begreifen, ganze Welten zu entwerfen. Und ist es nicht fantastisch, was wir mit guter Planung bewirken können? Nutzen Sie den Raum zwischen Apfel und Salzkorn für Ihre Ideen, Ihre Ziele, Ihre Begabungen. Zusammen sind wir stabil und beweglich zugleich. Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches und gesundes neues Jahr.
Andrea Gebhard, BAK-Präsidentin
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