Unsere Werke – soweit es sich um von uns gestaltete Gebäude und Stadtquartiere, Neu- und Umbauten, Gärten, Plätze, Dörfer und Interieurs handelt – sind allgegenwärtig. Manchmal sind sie umstritten, oft auch gefeiert. In der Bevölkerung und in den Medien besteht ein wachsendes Interesse an Baukultur, Teil davon ist der Deutsche Architekturpreis, der am Vorabend des DAT von der Bundesarchitektenkammer gemeinsam mit dem Bundesbauministerium verliehen wird. Das alles ist gut und wichtig, denn wir identifizieren uns mit unseren Projekten und werden damit identifiziert. Beim Deutschen Architektinnen- und Architektentag DAT, den die BAK alle vier Jahre gemeinsam mit der jeweils gastgebenden Kammer ausrichtet, kommen wir aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammen und werden als handelnde Personen sichtbar. Er bietet uns die Chance, die Relevanz unserer Themen und unserer Arbeit für die Gesellschaft deutlich zu machen.
Gerade vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung zu den Höchst- und Mindestsätzen der HOAI kommt dem bevorstehenden DAT 2019 in Berlin eine besondere Bedeutung zu. Es wird viel darüber spekuliert, dass die Architekturbüros in Deutschland sich auf eine unsichere Zukunft einstellen müssten. Auch wenn sich vielleicht einige genau das wünschen: Wir selbst tun gut daran, in diesen Chor nicht einzustimmen. In Fachkreisen wird derzeit intensiv über die möglichen Auswirkungen und die nächsten Schritte beraten. Wie können wir uns gegen eine Erosion des Honorarniveaus erfolgreich wappnen und die HOAI gemeinsam mit den zuständigen Ministerien sogar weiterentwickeln?
Was aber insbesondere für Überraschung und Gesprächsstoff sorgt: Der Bundesrepublik Deutschland wird in der Begründung des Urteils quasi vorgehalten, für eine in sich stimmige Qualitätssicherung nicht auch andere wirkungsvolle Instrumente zu nutzen, wie beispielsweise Planungsleistungen nur an bestimmte dafür qualifizierte Berufsstände zu binden. Dieser Hinweis der EU-Richter stärkt unsere Position und ist eine klare Herausforderung für die Kammern und Verbände! Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass nicht an allen Bauvorhaben Architekturbüros beteiligt sind oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wo könnten wir das besser formulieren und adressieren als bei einem Architektentag, der am Abend das 50-jährige Bestehen der Bundesarchitektenkammer feiert? Wir haben die BAK gemeinsam als 16 Länderkammern gegründet, damit sie bundesweit und international für unseren gut ausgebildeten, reglementierten und freien Berufsstand eintritt. Und damit gleichzeitig für die Qualität des Planens und Bauens.
Das diesjährige Programm des DAT bietet dafür eine breite Plattform: Neben dem Plenum werden wir in vielen Panels unter sehr unterschiedlichen Aspekten darüber diskutieren, was wir mit Qualität meinen und wie wir unsere große Verantwortung wahrnehmen. Von der Klimaneutralität zur Bodenpolitik, von der Inklusion zum Geschichtsbewusstsein, von der „schönen Stadt“ bis zur grauen Energie, von neuen und alten Baustoffen bis zur künstlichen Intelligenz und von der Unterstützung für andere Länder bis zur Solidarität innerhalb unseres Berufsstandes. Wir informieren uns, pflegen den kollegialen Austausch und debattieren – kontrovers und ergebnisorientiert. Es geht um die wichtigsten stadtentwicklungspolitischen, architektonischen und berufsständischen Fragen unserer Zeit. Denn gerade unsere breit gefächerte Ausbildung und unsere ganzheitliche Betrachtungsweise prädestinieren uns für eine der gesamten Gesellschaft verpflichtete Gestaltung unserer gebauten Umwelt.
Am 27. September werden wir uns hoffentlich in großer Zahl zeigen, mitten in Berlin im Congress Center am Alexanderplatz, als politischer, nachdenklicher und engagierter Berufsstand. Wir haben nicht auf alles Antworten, aber mit einem umfassenden und ganzheitlichen Blick auf die Welt beteiligen wir uns trotz aller Widersprüche aktiv an der Gestaltung unserer Zukunft. Ein gelungener Deutscher Architektentag wäre für mich einer, den wir informierter, selbstbewusster und – bei allem Wettstreit der besten Ideen – mit einem Gefühl von Gemeinsamkeit und Solidarität verlassen könnten. Seien Sie dabei, kommen Sie nach Berlin!