DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Kommentar

Digitalisierung ist kein Selbstzweck!

Dass die Bundesregierung BIM forciert, ist gut. Doch das darf nicht dazu führen, dass bei öffentlichen Aufträgen eine bestimmte Software vorgeschrieben wird oder dass kleine Architekturbüros an zu hohen Vergabehürden scheitern, sodass nur noch Generalübernehmer zum Zuge kommen

29.07.20223 Min. 1 Kommentar schreiben
Martin Müller, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer

Welchen Stellenwert das Thema Digitalisierung in der Planungs- und Baubranche künftig haben wird, hat die neue Bundesregierung im aktuellen Koalitionsvertrag mit dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ festgehalten. Wir Architektinnen, Landschaftsarchitekten, Innenarchitektinnen und Stadtplaner stellen uns schon länger der Herausforderung, sozial verantwortliche, nachhaltige und baukulturell wertvolle architektonische Lösungen zu entwickeln. Welche politischen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit uns dies mit den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Digitalisierungszielen gelingen kann, haben die Digitalisierungsexpertinnen und -experten der BAK gemeinsam mit dem Referat Digitalisierung erarbeitet und als berufspolitische Forderungen zur Digitalisierung an die neue Bundesregierung gerichtet.

BIM-Verantwortung bei Architekten

Die zentrale Planungsverantwortung sollte auch unter den Bedingungen eines kooperativen Planens mit Building Information Modeling (BIM) weiterhin bei den Architektinnen und Architekten liegen. Daher lautet einer unserer Wünsche an die öffentliche Hand, dass bei Projekten des Bundes, die als BIM-Projekte aufgelegt werden, die BIM-Gesamtkoordination bei den Architektinnen und Architekten verbleibt. Um die Unabhängigkeit der Planenden von den wirtschaftlichen Interessen der Ausführenden auch weiterhin zu garantieren, darf die Planung öffentlicher Bauprojekte nicht an Generalübernehmende vergeben werden.

Die für die deutsche Baubranche typische Struktur vieler kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) ist auch im digitalen Zeitalter als Standortvorteil zu verstehen. Wir müssen die schnelle und flächendeckende Umsetzung der Breitbandversorgung sowie den Ausbau existierender Förderprogramme für die Digitalisierung von KMU weiter vorantreiben.

BIM darf kleine Büros nicht ausschließen

Werden digitale Planungsmethoden in öffentliche Ausschreibungen aufgenommen, darf dies nicht dazu führen, dass kleine Architekturbüros durch unnötig hohe Vergabeanforderungen ausgegrenzt werden. Auch ist es erforderlich, dass in Ausschreibungen keine spezifische Software oder bestimmte Formate vorgeschrieben oder in der Vergabe vorgezogen werden. Das Bekenntnis zu BIM muss immer das Bekenntnis zu offenen, transparenten und interoperablen Systemen sein.

Nicht zuletzt müssen sich auch die Partner der Architektinnen und Architekten digital aufstellen, um Arbeitsprozesse wirklich medienbruchfrei zu gestalten. Die Bauverwaltungen benötigen eine bessere Ausstattung, Schulungen und mehr Personal, um leistungsfähig zu sein. Daher ist es ein großes Anliegen der BAK, im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes und darüber hinaus ein bundesweit einheitliches, digitales Baugenehmigungsverfahren voranzubringen – unter Einbeziehung der Expertise der Architektenschaft und mit dem Ziel einer grundlegenden Beschleunigung der Prüf- und Genehmigungsprozesse. Dies muss vorausschauend auch für den BIM-basierten Bauantrag geschehen.

Digitalisierung muss dem Bauen dienen

Angesichts gegenwärtiger gesellschaftlicher Herausforderungen ist die Digitalisierung eines der wesentlichen Mittel, um die im Koalitionsvertrag verankerten Ziele zu erreichen. Dabei ist die Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern dient den Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen – und vor allem aber der Qualität der gebauten Umwelt.

Gemeinsam mit Haupt- und Ehrenamt in den Länderkammern wurde, mit großer Expertise koordiniert durch das BAK-Referat Digitalisierung, viel erreicht, darauf bin ich als zuständiger BAK-Vizepräsident in Wirkung und Ergebnis stolz. Die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung werden wir nutzen, um weiterhin unsere Verantwortung innerhalb des Planungs- und Bauprozesses zu tragen und auszuweiten.

Martin Müller, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

1 Gedanke zu „Digitalisierung ist kein Selbstzweck!

  1. Seit 1968 bin ich im Bereich Statik, Beratung und Planung tätig.
    Die ersten Jahrzente waren von der Unterstützung von Architekten und Bauherrn geprägt, um bei scheinbar nicht zu realisierenden oder zu teuren Planungen günstigere Alternativen zu zeigen.

    Für die Sicherheit sorgte das 4-Augen-Prinzip.

    Ab 2004 veränderte sich die berufliche Tätigkeit.
    Der teilweise Wegfall der Prüfungen, die extreme Zunahme von Normen und Verwaltungsanforderungen, und eine Klagewelle bei rechtschutzversicherten Bauherren auch gegen Baubehörden, begleitet durch eine vermehrt teilweise Überforderung bei Planern, und nicht zuletzt die Zunahme von Mängeln in Planungen und Ausführungen, sollten Planer und Politiker dazu bewegen, gegenzusteuern.

    1. Wiederaufnahme der Prüfungen für alle Gebäudeklassen
    2. Reduzierung und alternative Vereinfachung von Normen und
    Verwaltungsanforderungen (vgl. Anhang B.1 (4) a) zu DIN 1055-100-2001-03
    3. Wiederaufnahme der zentralen Aktenverwaltung bei den Behörden
    4. Digitalisierung bei Planer und Behörden weiter verbessern

    Dann können künftig möglicherweise Auswüchse bei Großprojekten und eine weitere Zunahme von Mängeln vermieden werden

    Gruß aus Husum
    Horst Hilke

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.