Dieser Kommentar ist unter dem Titel „Voneinander lernen“ im Deutschen Architektenblatt 11.2024 erschienen.
In meinem Architektur-Studium in München Ende der Achtzigerjahre hörte ich, wenn überhaupt, nur am Rande von Architektenkammern. Berufspraxis, Kammereintrag: Das war ganz weit weg. Während ich an meinen Entwürfen arbeitete, Modelle baute und meine technischen Fächer absolvierte, spielten Berufsordnung, Titelschutz und Rente einfach keine Rolle.
Mehr Berufspolitik im Architekturstudium
Ab und zu fiel der Hinweis, dass es mit der Einreichung von Baugenehmigungen zu tun habe, aber wie und warum dies alles darüber hinaus nützlich sein könnte, damit haben wir uns damals an der Universität kaum beschäftigt. Ich bin mir sicher, dass es den meisten von Ihnen ähnlich wie mir ging.
Zum Glück hat sich mittlerweile einiges geändert. Denn die Architektenkammern sind regelmäßig an den Hochschulen präsent und informieren über Berufsbild, Titelschutz, Versorgungswerk und Bauvorlageberechtigung. Das sind nämlich die entscheidenden Nadelöhre für unsere berufliche Regulatorik.
Architektenkammern sind mehr als eine Berufsaufsicht
Doch die Kammern sind so viel mehr als eine reine Berufsaufsicht. Sie bilden fort, ermöglichen Netzwerkarbeit und geben mit vielfältigen Veranstaltungsformaten Raum für Diskussionen und Austausch.
Die hohe Wissensdichte über unsere Fachrichtungen Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung stellt das große Pfund der Kammern dar: Diejenigen, die sich am besten auskennen, gestalten die Rahmenbedingungen, die uns betreffen, direkt mit.
Privileg der Selbstverwaltung
Dieser wertvolle Aspekt kam meiner Meinung nach in der Kommunikation mit den Jüngeren bisher zu kurz. Und deshalb stellen wir dieses Privileg der Selbstverwaltung – gerade auch im europäischen Kontext – in den Mittelpunkt unserer Arbeit mit den Absolventinnen und Absolventen.
Nachwuchsarchitekt:innentag 2024 in Düsseldorf
Der nächste Nachwuchsarchitekt:innentag (NAT) ist dafür die richtige Netzwerkveranstaltung – mit Studierenden, Absolventen, Lehrenden und Kammervertretern. Wir treffen uns am 8. November in Düsseldorf an der Peter Behrens School of Arts.
Der NAT 24 war leider innerhalb weniger Tage ausgebucht und Hunderte von Interessierten trugen sich auf Wartelisten ein. All jenen, die keinen Platz mehr erhielten, sei gesagt: Der nächste NAT findet 2026 statt, die Reihe geht definitiv weiter!
Einheitliche Fortbildungsordnung geplant
Bei der Vorgängerveranstaltung im Oktober 2022 in Berlin forderte das Plenum in seiner Abschlusserklärung unter anderem von den Kammern: Strukturen öffnen, bundesländerübergreifend denken, Studierende und Berufseinsteiger aktiv einbinden.
Wir Kammern haben uns an unsere Hausaufgaben gesetzt. Was in den letzten Jahren oft etwas zu kurz gekommen ist, geht jetzt mit Tempo voran: Die Kammern sind kurz davor, eine einheitliche Fortbildungsordnung zu verabschieden.
Mehr Kammern mit Juniormitgliedschaft
In den meisten Landeskammern sind Juniormitgliedschaften vor Kammereintrag bereits möglich und Absolventinnen und Absolventen können sich während der zweijährigen Praxiszeit auf den Übergang vom Studium in den Beruf vorbereiten.
Die Juniormitglieder werden in Zukunft sogar in einem eigenen Ausschuss bei der Bundesarchitektenkammer durch Delegierte aus allen Landeskammern vertreten werden.
Kammerarbeit geht nur miteinander
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich zu informieren und zu engagieren. Denn auch für die Gremienarbeit gilt: Generationen müssen voneinander lernen. Es klingt einfach – und ist doch nicht selbstverständlich.
Ich freue mich sehr auf den kommenden Nachwuchstag: auf lebendige Gespräche, neue Ideen und konstruktive Kritik, auf Perspektiven, die von Erfahrung geprägt sind und solche, die von Aufbruch geprägt sind. Kammerarbeit geht nur miteinander. Engagement lohnt sich – für uns alle.
Evelin Lux, Vizepräsidentin der Bundesarchitektenkammer
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