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Zurück Nachwuchs-Kolumne #97

Blockaden überwinden: Kreativität kommt über die Ränder

Kreativität beginnt, wenn man den Gedanken freien Lauf lässt. Etwas Neues zu schaffen, bedeutet einfach loszulegen und nicht darauf zu warten, dass einem eine Idee zufliegt. Das habe ich jetzt am Ende meines Studiums gelernt.

06.04.20224 Min. Kommentar schreiben
Kreativität einkreisen, dann geht Dir früher oder später ein Licht auf.

Von Johanna Naara Ziebart

Vor zwei Monaten hatte ich noch mit meiner Kreativität angegeben, dass mein Kopf eine Ideenmaschine sei – und jetzt sitze ich hier und die Maschine produziert nicht. Mein Kopf ist gerade eher wie Schrödingers Katze, voll und gleichzeitig leer. Ich habe ein Semester recherchiert und mein Thema wie auch meinen Kopf mit Inhalt gefüllt. Dieser Inhalt steckt jetzt fest und kommt nicht raus. Das Einzige was raus kommt, sind Verzweiflungs- und Wuttränen.

Ich bin wütend auf mich selbst, weil ich nichts schaffe. Ich bin wütend, weil ich so viele Ideen habe, sie aber nicht in Kreativität umsetze. Ich bin wütend, weil ich nicht in den Flow komme, den ich bei der Bachelorthesis hatte. Und ich bin wütend, dass ich nicht mal vernünftig prokrastiniere, sondern nur am Laptop sitze und von einem Programm zum anderen klicke.

Einfach loslegen, das geht tatsächlich

Meine Mama sagt mir eigentlich jedes Mal, wenn ich in so einer Situation stecke, in der die Kreativität einfach weg zu sein scheint: „Johanna, setz dich einfach hin und fang an“. Darauf sage ich dann: „Das geht aber nicht so einfach! Ich kann mich nicht hinsetzen und sagen ‚Kopf leg los, hier ist mein Skizzenbuch, schreib mal was schlaues rein‘.“ Einer meiner mich betreunenden Professor:innen hat in einem Zoom-Gespräch leider meiner Mama recht gegeben, und jetzt hinterfrage ich meine 13 vorangegangen Semester. Hätte ich immer direkt am Anfang des Semesters Vollgas geben, meine Kreativität ungebremst entfalten können? Hätte ich viel bessere Ergebnisse erzielen können, wenn ich mich früher drangesetzt hätte? Hätte ich 13 Semester lang weniger Stress haben können?

Kreativität ist flüchtig, also bloß nicht fokussieren

Als ich vor ein paar Tagen im Bett lag, kam mir vielleicht die Erkenntnis. Jede:r kennt das sicherlich, dass man nachts manche Sterne nur sehen kann, wenn man nicht direkt hinguckt, sondern aus dem Augenwinkel hinschaut.

Mein Masterthema ist „artgerechte Menschenhaltung. Räume (zum) Teilen“. Ich habe mich also hingesetzt und versucht herauszufinden, was ich zu diesem Thema machen könnte. Dabei kam exakt gar nichts raus. Zielgenaue Kreativität? Fehlanzeige. Ich hätte mich stattdessen hinsetzen und mit den Rändern des Themas beschäftigen können – um es klarer zu sehen. Mein Fokus war dafür viel zu klein. Der gleiche Professor hat immer gesagt „Macht einfach“, „Legt los“, „Entscheidet euch“. Und ich habe es nicht gemacht, wahrscheinlich weil ich nicht verstanden habe, wieso und weil ich dachte, dass das was ich im Master mache, voll krass sein muss.

Auf ins Sinnliche und Ungefähre

Eigentlich hat diese Erkenntnis zur Kreativität auch schon längst vor meiner Nase gelegen, sie steht sogar in meinem Skizzenbuch. In einem Zoom-Meeting hat mir die andere der mich betreuenden Professor:innen nämlich folgende Buchbeschreibung in die Kamera gehalten: „Jeder künstlerisch und wissenschaftlich Tätige macht die Erfahrung, dass nicht im Zentrum seiner Bemühungen, sondern gerade an ihren Rändern, an der Schwelle der rationalen Felder zum Sinnlichen und Ungefähren das Neue entsteht.“ Das ist die Beschreibung zu dem Buch „Der Rand der Kreativität: Planen und Entwerfen“ von Wolfgang Meisenheimer. Bis ich das wirklich verstand, dauerte es zwei Monate. Passenderweise kam die Erkenntnis kurz vor dem Einschlafen am Rand des Tages.


Johanna Naara Ziebart studiert Innenarchitektur an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold und setzt sich auch bei nexture+ für Innenarchitektur ein.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.

Wie sind Eure Erfahrungen als Architektur-Studierende oder Berufseinsteiger? Hinterlasst uns einen Kommentar auf dieser Seite oder schreibt uns unter DAB-leserforum@handelsblattgroup.com.

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