Von Fabian P. Dahinten
Der Beruf einer Architektin oder eines Architekten ist nicht vergleichbar mit einem Ausbildungsberuf. Wir benötigen technisches Grundwissen und entwickeln darüber hinaus eine gestalterische Haltung. Unsere Arbeit wird von vielen Vorschriften und Gesetzen reguliert. Diese werden beizeiten verschärft und neue kommen hinzu. Daher ist es für mich gut nachvollziehbar, dass ein Bachelor-Abschluss mit drei Jahren Studium nicht als ausreichend definiert ist, um Mitglied in einer Architektenkammer werden zu können.
Deshalb fordern die Architektenkammern seit Jahren die Anhebung der Mindeststudienzeit auf den weltweit vereinbarten Standard von fünf Jahren. Ob man die fehlenden theoretischen Grundlagen nicht auch mit zehn Jahren Praxis aufholen kann, will ich an dieser Stelle jedem selbst überlassen.
Und nach dem Bachelor? Die Enstcheidung kann Folgen haben
Das alles wäre halb so schlimm, wenn das Grundwissen zur Kammerwelt und zur Eintragung an den Hochschulen verbreiteter wäre. Dann könnte man diese Entscheidung bewusster treffen. Im Übergang vom Bachelor zum Master, war die Mitgliedschaft in der Architektenkammer für mich gesetzt, aber einzig aus dem Grund einer möglichen Selbstständigkeit.
Christian Heun hat 2014 seinen Bachelor absolviert und sich gegen den Master entschieden und ist heute Büroleiter bei Seitz Architektur: „Da ich gerne in die Praxis wollte, habe ich damals hin und her überlegt, ob ich den Master wirklich machen möchte. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich dann von der Bayerischen Architektenkammer die Info erhalten, dass auch ein sechssemestriger Bachelor zur Eintragung berechtigt, wenn statt zwei, vier Jahre Berufserfahrung nachgewiesen werden können. Diese Möglichkeit gab damals den Ausschlag, mich gegen das Masterstudium zu entscheiden. Zum Problem wurde diese Entscheidung dann, als mir ein paar Jahre später mitgeteilt wurde, dass diese Möglichkeit ersatzlos gestrichen wurde. Sprich zwingend acht Semester als Zulassungsvoraussetzung eingeführt wurden.“
Hintergrund dieser persönlichen Geschichte ist, dass bis 31. Juli 2017 nach Art. 4 Abs. 3 Baukammergesetz für die Eintragung in die Bayerische Architektenliste folgende Regelung zusätzlich galt: Abgeschlossenes mindestens sechssemestriges Studium der Fachrichtung Architektur (Regelstudiendauer) plus sechs Jahre Berufserfahrung unter Aufsicht eines Architekten bzw. einer Architektin plus Nachweis einer bestandenen Prüfung beim Eintragungsausschuss auf Hochschulniveau. Diese hohen Hürden für die Eintragung sind ab 1. August 2017 ersatzlos und ohne Übergangsfrist entfallen.
Die Praxisfalle und Lösungen seit der Pandemie
Es gab und gibt in einigen Bundesländern noch Übergangsregelungen, sodass man mit Fortbildungen und Berufserfahrung Mitglied werden kann. Doch das ist in der Regel teuer und überwiegend Geschichte. Nicht nur auslaufende Übergangsregelungen, auch schlichtweg der Berufsalltag schluckt viele direkt nach dem Studium komplett. Wenn es dann um den Master geht, steht dem anderes entgegen: etwa Geld zu verdienen und Praxiserfahrung zu sammeln.
Dass es auch anders geht, zeigte sich in den vergangenen zwei Jahren während der Pandemie. In ganz Deutschland wurden die unterschiedlichsten Formen der digitalen Lehre im Feldversuch ausprobiert, ausschließlich online und auch hybrid. Vieles wurde möglich, aber nicht alles. Es geht eben auch viel verloren, wenn man sich nie gegenübersitzt. Reine Onlinestudiengänge sind deshalb zurzeit nicht kammerfähig, worauf ich in der Nachwuchs-Kolumne #76 schon hingewiesen habe.
Online-Master als Türöffner in die Architektenkammer?
In Ergänzung zu einer möglichen berufsbegleitenden Studienstruktur mit Blockunterricht und Hybridangeboten wären doch reine Online-Masterstudiengänge ein guter Kompromiss! Im Bachelor können alle auch in der Werkstattatmosphäre miteinander die Grundlagen schaffen, die es braucht, um Dinge, die rein online auf der Strecke bleiben, mitzunehmen. Ein Masterstudiengang, der über zwei oder drei Jahre berufsbegleitend absolviert werden kann, schließt genau die Lücke, die es bisher verhindert oder sehr erschwert, dass junge Architekt:innen in spe wieder für zwei Jahre aus dem Beruf ausscheiden, um Mitglied einer Architektenkammer werden zu können.
Wenn man diese Option als Zusatzangebot versteht, bleibt die Haltung der Architenekammern bestehen, dass der Bachelor nicht ausreicht, und doch wird eine Hürde abgebaut, die viele Eintritte verhindert. Jetzt liegt es an den 16 Landeskammern, diesen Ball aufzunehmen.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt, engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+
und ist Sprecher der Nachwuchsmitglieder der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Lorenz Hahnheiser und Johanna Naara Ziebart.
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