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Zurück Nachwuchs-Kolumne #165

„Das bisschen Grün“ mitmachen? Planungsfehler im Innenhof

Pflanzen, die kein Wasser abbekommen. Trostlose Rasenflächen. Zu wenig Platz für Fahrräder und Müll. Mit ihrem Know-how als angehende Landschaftsarchitektin hat die DAB-Kolumnistin in ihrem Innenhof miterlebt, was dabei herauskommt, wenn „das bisschen Grün“ nebenher miterledigt wird

Von: Luisa Richter-Wolf
Luisa Richter-Wolf schreibt über Landschaftsarchitektur an den Unis, im Beruf...

09.08.20235 Min. 1 Kommentar schreiben

 

In meiner letzten Kolumne habe ich den qualifizierten Freiflächenplan des bdla behandelt. In dieser Kolumne zeige ich am Beispiel unseres Innenhofes, warum auch kleine Flächen von qualifizierten Planenden bearbeitet werden müssen. Ich wohne in einem typischen Berliner Mehrfamilienhaus mit Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus. Vor ungefähr drei Jahren wurde unser Dachgeschoss ausgebaut und im Zuge dessen ebenfalls der Innenhof neu gemacht. So weit so gut.

Das Dachgeschoss hat ein Brandschutz- und Hochbau-Architekturbüro geplant. Nachdem das Dachgeschoss ausgebaut war, hing eines Tages ein Freiraumplan im Durchgangsflur, den das gleiche Büro erstellt hatte. Wir haben zwei Innenhöfe: Der größere Hof liegt zwischen Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus. Der kleinere Hof liegt hinter dem Hinterhaus.

„Das bisschen Grün“ wird nebenbei geplant

Ich kann mir förmlich vorstellen, wie das Architekturbüro gefragt wurde, ob sie auch den Innenhof mitplanen könnten. Und ich unterstelle jetzt einfach die Aussage: „Na klar, das bisschen Grün können wir mitmachen.“ Was soll schon dran sein, so ein kleiner Innenhof, eine Wegeverbindung, irgendwo kommt der Müll hin und dann noch ein paar Fahrradständer und der Rest bekommt eine grüne Schraffur und in Ermangelung von Pflanzenkenntnis schreibt man einfach „Rasen“ auf die kleinen grünen Inseln, denn das kennt man.

Warum Rasen viel pflegeintensiver und nicht die Allheillösung für jede Freifläche ist – gerade in Berlin –, das wäre ein Thema für eine ganz eigene Kolumne. Warum man gerade im Wohnumfeld die Nachbarschaft dringend einbeziehen sollte, wäre ein weiteres.

Ein Pflanzenbeet im Innnenhof

In den Seminaren an der Uni zur Landschaftarchitektur sehen Pflanzpläne irgendwie anders aus.
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Unqualifiziert geplant

Am allermeisten aber regt mich auf, wie unqualifiziert geplant wurde. „Wenn man keine Ahnung davon hat, dann sollte man es lassen“, das sagt der Volksmund. Nur anscheinend gilt das nicht, wenn man in einem Architekturbüro arbeitet. Nur weil mein Studiengang (Landschafts-)Architektur heißt, maße ich mir ja auch nicht an, die Planung eines Gebäudes übernehmen zu können.

Es hat einen Grund, warum ich einen Bachelor und einen Master absolvieren muss, um dann irgendwann die Berufsbezeichnung „Landschaftsarchitektin“ tragen zu dürfen. Ich meine, das wäre so als würden wir bei einem Gebäude mit Fassaden- und Dachbegrünung sagen: „Ja, das bisschen Rohbau können wir mitmachen.“

Analyse am Anfang: Was wird im Innehof gebraucht?

Für alle, die sich nun die Bilder des Innenhofes angeschaut haben und denken: „Ja, aber wo ist denn nun das Problem?“ Als Erstes: In der Uni beginnt jedes Projekt mit der Analyse. Bei der Analyse des Innenhofs hätte man nach der Nutzung und den Bedürfnissen schauen müssen, die der Hof erfüllen muss:

  • Müll? Check! – Hier aber zu wenige Tonnen kalkuliert und daher die Standfläche zu klein, da immer wieder neue Tonnen dazukommen müssen
  • Fahrradständer? Check! – Auch hier viel zu wenige und daher oft kein Platz zu finden für ein Fahrrad
  • Wegeverbindung zu den Gebäudeteilen? Check! – War auch schwer falsch zu machen
  • Weitere Nutzung? Komplett durchgefallen!
Übervolle Mülltonnen

Auch die richtige Müllmenge will berechnet sein.
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Baum gefällt und Gemüsegarten abgetragen

Vor der Umgestaltung stand ein großer Kirschbaum in der Mitte des großen Innenhofs, die Mülltonnen standen wild auf unbefestigter Fläche darunter. Die eine Hälfte des Hofes war Wildnis, die andere war ein gepflegter Gemüsegarten einer Nachbarin. Für die Umgestaltung wurde der Kirschbaum eines morgens um acht Uhr ohne Ankündigung gefällt. Und der Gemüsegarten wurde einfach mit einem Mini-Bagger abgetragen.

Den hinteren kleinen Innenhof hatte ein Nachbar liebevoll als kleinen Schattengarten angelegt. Ja er war auch etwas verwildert, aber es gab jemanden, der den Ort genutzt hat und sich drum gekümmert hat. Jetzt liegt da Kunstrasen gerahmt von Efeu. Wie wenig kann man sein Planungsgebiet verstehen, um solch eine Entscheidung zu treffen?!

Kein Pflegekonzept für den Innenhof

Den Rasen habe ich durch eine Mail an die Hausverwaltung mit Fragen zur Pflege und den Lichtverhältnissen verhindert. Die Empfehlung einer „schattenverträglichen Staudenpflanzung“ wurde dann wohl eins zu eins übernommen und den GaLa-Bauern überlassen, welche Pflanzen man nun wirklich pflanzt. Das aber zwei der kleinen Restpflanzen unter Balkonen liegen und daher niemals an Regenwasser kommen, scheint in der Planung auch niemandem aufgefallen zu sein.

Auch gab es nie ein Pflegekonzept, eine Bewässerung oder eine Kontrolle, welche Pflanzen überhaupt noch leben. Die Bewässerung wird freiwillig durch die Anwohnenden übernommen, je nachdem wie traurig und vertrocknet die Pflanzen so aussehen. Das aufgewachsene Unkraut übernimmt langsam die Flächen wieder. Und die kleinen Streifen am Rand der Höfe werden nun mit Töpfen voll Gemüsepflanzen gesäumt – auch wenn niemand gefragt wurde.

Aneignung der Freiräume wird in einer Großstadt immer passieren. Wir können versuchen es mit schlechter Planung zu unterdrücken. Oder wir können mit den Menschen gemeinsam einen qualitativen Freiraum entwerfen, der den Bedürfnissen gerecht wird. Dafür muss man sich aber mit der Disziplin auskennen, um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können.


Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.

 

 

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1 Gedanke zu „„Das bisschen Grün“ mitmachen? Planungsfehler im Innenhof

  1. Hallo Luisa,
    ich lese deine Beiträge mit großer Begeisterung.
    Anfänglich hatte ich das Gefühl, dass ich mehr Landschaftsplaner*in als Landschaftsarchitekt*in bin, aber nein, das was mich am meisten bewegt ist, dass ich oft das Gefühl habe, nur Beiwerk zu sein.
    Ich bin gerade für eine Verwaltung tätig und es ist sehr traurig, was da gerade passiert. Die Trennung zwischen Architekt*innen bzw. Stadtplaner*innen und Landschaftsplaner*innen bzw. Landschaftsarchitekt*innen ist so präsent, wie nie zuvor.
    Was ist da los? Klima und Bäume werden als lästig empfunden und egal wie ich es drehe: Entweder bin ich zu viel „Landschaftsschützer“ oder ich bin zu wenig. Und wenn ich nichts sage, werde ich nach einer Meinung gefragt. Ich muss sagen, die Entwicklung hier in Berlin ist erschreckend. Wirklich! Ja, manchmal nervt es über Schwammstadt zu sprechen, aber nein, es ist wichtig? Und wieso wird bei Stadtplanung nicht an Kleingärten und Baumpflanzungen gedacht, wenn es um konkrete klimarelevante Ziele geht. Sehe ich hier etwas falsch?
    Bebauung und Versiegelung müssen doch auch bei Wohnungsbau betrachtet werden?
    Ich hoffe sehr, dass ich irgendwann wieder das Gefühl bekomme, Naturschutz und Freiraumgestaltung können in der Städteplanung sozialräumlich einen Konsenz finden. Mich macht es wirklich traurig!

    Antworten

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