Die Stimmung, was den Berufseinstieg angeht, ist gelinde gesagt so mittel. Im Praktikum lernt man, dass die Wertschätzung einer 40-Stunden-Woche bei vielen weit unter dem Mindestlohn liegt. Zwar müssen bis zu drei Monate Pflichtpraktikum rechtlich gesehen gar nicht vergütet werden, aber die gesetzlichen Regelungen, nach deren Ablauf aufzustocken, werden gekonnt umgangen. Weit verbreitet sind die Tricks, mit denen über lange Zeiträume deutlich unter dem Mindestlohn gezahlt werden kann. Ausnahmen hiervon sind ungemein selten. Über Geld wird dabei selten ehrlich geredet.
Auch beim Berufseinstieg wendet sich das Blatt oft nur unwesentlich. Doch ungeübt in Gehaltsverhandlungen und ohne Überblick, was man als Berufseinsteiger:in so wert ist, sitzt man weiterhin am kürzeren Hebel. Richtig über Geld reden zu können, würde sich auszahlen.
Freie Wahl: Praktikum oder Arbeitsvertrag?
Zwischen Bachelor und Master bewarb ich mich für einen 40-Stunden-Job und ließ offen, ob ich mir einen Praktikums- oder Arbeitsvertrag wünsche. Im Bewerbungsgespräch wurde ich darum gefragt, welches Arbeitsverhältnis ich eingehen wolle – Praktikum oder Berufseinstieg? Der Praktikumsvertrag hieße ein geringeres Gehalt, dafür könne ich im Gegenzug erwarten, dass man mir regelmäßig das eine oder andere ausführlicher erklären und mich eher als „Extra“ verstehen würde, als mich voll einzubinden. Der Arbeitsvertrag würde mehr Geld bedeuten, aber auch die Erwartung, eine vollwertige Arbeitskraft einzustellen und sich seltener mit lehrreichen Inputs aufzuhalten. Ich entschied mich für den Berufseinstieg und wurde als Kollege ernst genommen.
Dieses Arbeitsethos rechne ich dem Büro sehr hoch an. Von allem, was man so hört, ist diese Sichtweise leider sehr selten. Häufiger hört man von eintönigen Arbeiten, selbstverständlich eingeforderten unbezahlten Überstunden und auch beim Berufseinstieg lächerlichen Gehältern. In einigen Jobs lässt sich ohne Ausbildung oder Studium leichter Geld machen.
Was verdient der Nachwuchs im Architekturbüro? Niemand weiß es so genau
Wie die Lage in Sachen Geld genau ist, lässt sich bisher schwer sagen. Umfassende repräsentative Informationen gibt es nicht. Bis vor Kurzem hat sich auch niemand für Praktikant:innen und Berufseinsteiger:innen eingesetzt. Weil sie natürlich noch keine Kammermitglieder sind, hatten sie bis zur Gründung von nexture+ auch keine Lobby. Der Verein bündelt nun die Interessen des Nachwuchses und vertritt sie. Beim nächsten Vernetzungstreffen bearbeitet ein Workshop ausführlich die „Realitätsklatsche“ beim Berufseinstieg. Beim Deutschen Architekt*innentag am 29. September wird nexture+ mit Fabian P. Dahinten auf dem Podium vertreten sein, der eine junge Perspektive in die Debatte „Marktchancen für den Nachwuchs“ bringen wird.
Die Gehaltsumfrage macht (ver-)handlungsfähig
Damit sich beim Geld niemand mehr auf das Hörensagen verlassen muss, wenn im Einstellungsgespräch verhandelt wird, und damit jede:r erkennt, wenn ein mieses Arbeitsverhältnis angeboten wird, werden nun Fakten gesammelt. Die groß angelegte Nachwuchsumfrage „Wir müssen über Geld reden!“ erforscht die Arbeitsbedingungen junger Architekt:innen, Innenarchitekt:innen, Landschaftsarchitekt:innen und Stadt und Raumplaner:innen. Die Teilnahme dauert etwa 15 Minuten – nimm dir die Zeit und leite den Link zur Umfrage weiter. Je mehr teilnehmen, desto mehr hilft uns allen die Umfrage!
Lorenz Hahnheiser hat sein Bachelor-Architektur Studium an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen, nutzt die Zeit vor dem Master für erste Bauerfahrungen und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten und Luisa Richter.
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