Ich war in Riga: Ein frisch renoviertes Hotel, alte geweißte Klinkerwände, pastellige Farben, Rundbögen und Holzlamellen – so sieht heute ein modernes Hotel aus. Als ich die Rezeption betrat, fühlte ich mich direkt wohl und freute mich, für ein paar Tage in einem angenehmen Umfeld zu gastieren. In freudiger Erwartung und mit Zimmerkarte in der Hand, öffnete sich ein langer, heller Hotelflur mit einem Spalier an Pflanzen – wie schön!
Von wegen. Der Flur hat wenige Fenster, was die tolle Beleuchtung zwar gekonnt überspielt, doch wie können die Pflanzen sich so leicht mit dem fehlenden Tageslicht zufriedengeben? Es sind doch wohl nicht Plastikpflanzen?! Eine vorsichtige Berührung und es ist klar: grüner Plastikmüll. In diesem Moment stürzt das Hotel in meinem Ranking dramatisch. Das ist für mich ein No-Go.
Plastikmüll, der aussieht wie Pflanzen
Vielleicht ist es eine Berufskrankheit, dass mich kleine Dinge triggern: Eine Fuge, die nicht die nächste trifft. Möbel, die nicht zu den anderen passen. Oder Detailausbildungen aus der Hölle, die mich schaudern lassen. Platz eins der Triggerpunkte haben sich die Plastikpflanzen erkämpft.
Im Restaurant in Kiel, im Hotel in Riga, im Bikini Berlin – überall möchte man sich mit einer grün und nachhaltig wirkenden Innenarchitektur als modern darstellen. Doch es ist genau das Gegenteil von dem, was der Schein einen glauben lassen möchte. Statt mehr Grün und Natur im Innenraum wird umweltschädlicher, gefärbter Plastikmüll aufgehängt.
Plastikpflanzen brauchen keine Pflege
Es gibt unzählige Pflanzen für helle Standorte und für dunklere. Es gibt auch ungiftige Pflanzen und für ganz dunkle Orte gibt es Tageslichtlampen, die mit Solarstrom guten Gewissens Einsatz finden dürften. Pflanzen verbessern nicht nur die Luftqualität, sondern auch das Raumklima hinsichtlich der Luftfeuchtigkeit.
Es gibt genug positive Eigenschaften. Doch Planzen brauchen Pflege, sollten nicht nur regelmäßig Wasser, sondern auch mal Dünger oder einen Rückschnitt bekommen. Ganz im Gegensatz zu Plastikpflanzen: Sie kosten nur den Anschaffungspreis, sind dauergrün und müssen mal alle paar Wochen abgestaubt werden.
Es ist ein scheinbar nicht aufzuhaltender Trend. Statt die Sensibilität der Öffentlichkeit für die Forderung nach mehr Grün zu nutzen und auch unsere Innenräume menschenfreundlicher und nachhaltiger zu machen, besprühen wir geschredderten Plastikmüll und hängen ihn an die Decke und an die Wände.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Lorenz Hahnheiser und Luisa Richter.
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