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Der Master ist ein wichtiger Schritt im Leben. Wie geht es nach dem Studium weiter?
Mary Long/stock.adobe.com
Mitte Februar habe ich meine letzte Studiopräsentation. Meine letzten Klausuren Ende März. Dann kommt nur noch die Masterarbeit, bis die Zeit nach dem Studium beginnt. Ich bin jetzt seit vielen Jahren an der Uni. 2019 habe ich das Landschaftsarchitektur-Studium begonnen, aber davor habe ich Lehramt studiert, bis ich gemerkt habe, ich will nicht in der Schule arbeiten.
Seitdem das Ende meines Studiums in Sicht ist, geht das Gedankenkarussel in meinem Kopf los. Tausende Fragen und auf keine eine Antwort. Heute teile ich meine Fragen mit euch. Mit einer ganz großen Frage am Anfang: Geht das nur mir so?
40-Stunden-Woche im Büro?
Nun frage ich mich, was kommt nach dem Studium? Wie ist das Leben überhaupt wenn man nicht studiert? Wenn ich mein Praktikum als Referenz nehme, dann möchte ich das auf gar keinen Fall. 40 Stunden in der Woche im Büro. Fast immer am Computer und immer die Frage im Hintergrund: „Kann das nicht auch irgendwie automatisiert werden?“ So ein Regelschnitt wurde doch schon tausende Male gezeichnet, der Dachschatten könnte bestimmt per 3D-Modell gerendert werden. Aber dafür bräuchte man ja erstmal ein 3D-Modell, also wird er doch per Maus gezeichnet.
Wenn ich also eins weiß, dann was ich nach dem Studium nicht will. Aber was will ich denn? Was mag ich denn am Studieren und was würde mir fehlen? Einerseits die Gewissheit immer etwas Neues dazuzulernen und regelmäßig neue Impulse zu bekommen, die einem einen frischen Blick erlauben.
Droht das Ende meiner Freiheit?
Gibt es den noch im Büroalltag? Natürlich gibt es Weiterbildungen. Aber sind das nicht viel zu wenige? Mit ganz großer Sicherheit werden mir auch die Exkursionen fehlen. Natürlich gibt es auch Büroausflüge. Aber lernt man da so viel wie bei einer Uni-Exkursion?
Am meisten graut es mir vor der fehlenden Freiheit bei einer Vollzeitanstellung im Büro. In der Uni habe ich eine Aufgabe aber wann und wo ich sie erledige, liegt in meiner Verantwortung – auch wie ich zum Ziel komme, liegt an mir. Ob ich extra früh aufstehe, um die Aufgabe schnell abarbeiten zu können und dafür am Nachmittag frei zu haben, oder ob ich sie nebenbei abends auf dem Sofa mache, liegt ganz an mir. Im typischen Büroalltag habe ich diese Freiheiten nicht.
Von Selbstständigkeit bis Journalismus
Bin ich also vielleicht einfach nicht geeignet für den Büroalltag? Muss ich nach dem Studium vielleicht eine Selbstständigkeit finden, um weiterhin unabhängig zu sein? Aber was könnte das sein? Ein eigenes Büro möchte ich auf keinen Fall gründen, dafür bin ich viel zu unerfahren und so überragend sind meine Entwürfe mit Sicherheit nicht. Möchte ich stattdessen in den Journalismus gehen und über Landschaftsarchitektur schreiben oder reden? Aber verliert man nicht auch den Bezug, wenn man selbst nicht mehr drinsteckt, sondern nur von außen beschreibt?
Von Fotografie bis Kammerengagement
Oder vielleicht Fotografie: Das ist mein großes Hobby, seit ich denken kann. Und in den letzten Jahren habe ich mit Familienfotografie angefangen. Möchte ich das weiter ausbauen? Aber ich liebe auch Landschaftsarchitektur und möchte nach dem Studium auf gar keinen Fall die Branche komplett wechseln. Eigentlich wollte ich doch immer unbedingt in die Architektenkammer, um dann an verschiedenen Gremien teilnehmen zu können, um veraltete Strukturen aufzumischen und neuen Wind und Ideen einzubringen. Dafür müsste ich aber erstmal einige Jahre im Büro arbeiten, um die Voraussetzungen zu erfüllen.
Landschaftsarchitektur bekannter machen
Und eigentlich wollte ich Landschaftsarchitektur doch irgendwie bekannter, präsenter wahrnehmbar machen. Was wieder für den Journalismus sprechen würde … Aber funktioniert das in den vorhandenen Strukturen? Erreiche ich damit nicht genau nur die Leute, die schon über Landschaftsarchitektur Bescheid wissen? Aber wie kommt man an den Rest der Gesellschaft? Und ist das nicht vielleicht eine etwas zu große Aufgabe?
Irgendwie mochte ich es, am Lehramtsstudium, anderen etwas beibringen zu können. Könnte man das verbinden? Die Landschaftsarchitektur bekannt machen und anderen etwas darüber beibringen? Oder sollte ich nach dem Studium vielleicht in die Lehre gehen? Aber von welchem Teil der Disziplin weiß ich so viel, dass ich ihn lehren könnte? Bin ich nicht eher immer ein gutes Mittelmaß, was die Noten angeht? Weder bin ich Überfliegerin mit den weltbewegendsten Entwürfen oder den schönsten Skizzen, noch kenne ich alle Bauweisen oder alle Pflanzen.
Auch nach dem Studium noch lägst nicht fertig
Da ist bei allem auf jeden Fall noch Luft nach oben. Was weiß ich eigentlich am Ende von einem Studium? Gelte ich nach dem Studium als „fertig“? So fühle ich mich nicht. Ich könnte noch ewig weiter studieren: Alle Richtungen weiter vertiefen, mehr über Pflanzen lernen, meine Entwürfe zerpflückt zu bekommen, um dann mit einem anderen Blickwinkel darauf schauen zu können.
Kann man überhaupt „fertig“ sein? Eigentlich lernt man doch nie aus. Vielleicht ist es das Beste, erst einmal die Masterarbeit überhaupt anzufangen. Wer weiß was sich auf dem Weg zum Master noch ergibt. Und vielleicht ist die Lösung einfach nicht nur ein Job. Vielleicht passen die Ideen ja irgendwie zusammen und mit Sicherheit muss ich mich nicht nach dem Masterabschluss für einen Job entscheiden, der es dann für immer sein muss.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
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Danke für das Teilen dieser Gedankenwelt. Als Leser fühlt man sich direkt in diese Unsicherheit hineinversetzt. Als jemand, der auf einem ähnlichen Weg schon viele Meilen gegangen ist, kann ich sagen: man ist wirklich nie fertig. Und je nachdem, wie man seinen eigenen Entwurf von Arbeit und Wirken angeht, lässt sich das Leben so gestalten, dass es nie langweilig und selten frustrierend wird. Dazu einige Ansätze:
1. Wert
Der Wechsel vom Studium in das Arbeitsleben ist oft damit verknüpft, dass man das, was man tut, leistet und liefert, plötzlich ins Verhältnis dazu zu stellen lernt, was das eigene Wirken anderen wert ist: Vorgesetzten / Chefs, Auftraggebern, Nutzern…
Man erkennt in vielen Bereichen, dass das Studium einem nicht alles vermitteln kann, worauf es im Arbeitsleben ankommt. Aber Du kannst (und solltest) selbst entscheiden, ob Dich das zum Opfer macht oder Dir die Chance bietet, aus einer neuen Perspektive auf Dein Tun zu schauen: wie kannst Du mit dem, was Du kannst und leistest, anderen helfen, Nutzen und Mehrwert liefern? Was kannst Du noch lernen, um dies immer besser zu schaffen?
2. Selbständig
Es kann wirklich ermüdend sein, sich nach dem freien Studium plötzlich in Arbeits- und Bürosysteme fügen zu müssen. Hier gibt es zum Teil echt staubige Prozesse und seltsame Zwänge, die Dich einengen. Da liegt der Gedanke nahe, auszubrechen und Dein eigener Chef zu werden. Was in der Vorstellung so verlockend klingt, ist in der Wirklichkeit meist der Weg vom Regen in die Traufe. Plötzlich bist Du für Aufgaben wie Akquise, Finanzen, Versicherungen, Kunden- und Zuarbeiter-Koordination, später auch Mitarbeiterfindung und -Anleitung komplett selbst verantwortlich. Wenn darin Deine Leidenschaft steckt, prima. Wenn nicht, denke bitte daran, bevor Du Deine eigentliche Profession hinter dem workload der Selbständigkeit zurück stellst. Man kann übrigens auch als Angestellter selbständig sein und selbständig denken, ohne gleich einen eigenen Betrieb zu eröffnen. Übernimm für den Bereich, auf den Du richtig Lust hast, volle Verantwortung. Lerne, arbeite Dich ein und entwickle Dich zu jemandem, den man in Deinem Fachbereich gerne um Rat fragt.
3. Flexibel
Früher haben wir als Jugendliche Entscheidungen darüber getroffen, was wir werden wollten – und das wurden wir dann, und so blieb es auch, bis wir in die Grube fuhren. Das ist heute anders. Du kannst Dich jederzeit anders entscheiden. Gerade mit einer akademischen Ausbildung bist Du da sehr flexibel. Und wenn Du denkst, dass Dir vielleicht fehlende Zeugnisse, Zertifikate und Qualifikationen den Weg verbauen – baue neue Wege. Es gibt eine Menge Arbeitgeber, denen die richtige Einstellung, gute Kommunikationsfähigkeiten und andere soft skills wichtiger sind als irgendwelche Papiere. Das bringt uns zurück zu Nummer 1: wenn Du weißt, welchen Wert Du liefern kannst, stehen Dir viele Wege offen.
Ich wünsche Dir und allen Lesern, die sich mit Deinem Artikel identifizieren können, von Herzen alles Gute für Deinen Weg – und dass er schön, angenehm und voller hilfreicher Erfahrungen sein wird.
Wow, lieber Roland Rupsch, vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Kommentar zu meiner Kolumne. Ich bin auch zuversichtlich, dass sich ein Weg für mich findet. Bis jetzt hat sich immer etwas ergeben in meinem Leben, dass mir dann sehr viel Spaß bereitet hat. Nur aktuell sehe ich diesen Weg noch nicht bzw. kenne ihn noch nicht.
Danke für die vielen Gedanken & Anregungen.
Hallo, Luisa,
mit 61 Jahren kann ich Dich in einem Punkt beruhigen:
Wenn man will, lernt man dann immer noch – so wie ich. So bin ich mittlerweile auch noch Qualifizierte Moderatorin für Beteiligungsprojekte mit Kindern und Jugendlichen und Qualifizierte Spielplatzprüferin. Ansonsten mache ich ca. 50 h Fortbildung im Jahr.
Vielleicht solltest Du auch mal die ‚angrenzenden‘ Professionen in Augenschein nehmen = Geographie, Stadtplanung u.a. Dafür könnte eine Zeit in einer (Stadt-)Verwaltung ein guter Punkt sein.
Und es gibt sicher auch Büros, die Dich mit Deiner Journalismusseite gut gebrauchen können.
Mein Weg war auch nicht geradlinig (Studium, 1 Jahr angestellt im Büro, 8 Jahre nebenberuflich gearbeitet mit Hauptjob in einem Umweltzentrum, vor 25 Jahren voll in die Selbstständigkeit).
Von ‚Ewig Studium‘ rate ich definitiv ab – damit bewegt man doch nicht wirklich was.
Also einfach die Augen offen halten und Mut zum Tun haben.
Gruß, Yvonne Göckemeyer
Liebe Yvonne Göckemeyer,
Vielen Dank für den aufmunternden Kommentar zu meiner Kolumne. Tatsächlich studiere ich schon relativ lang, weil ich vorher Geographie studiert habe. Daher kann ich den Gedanken sehr gut verstehen, dass auch andere Disziplinen neben der Landschaftsarchitektur eine Bereicherung sein können.
Auch wenn ich aktuell nicht weiß, wohin mich der Weg führt, werde ich ganz sicher die Augen offen halten und bin mir sicher, dass sich etwas Passendes ergeben wird.
Viele Grüße,
Luisa Richter-Wolf