„Heckenorchester am Gleisdreieck“: Organisch geformte Heckenstrukturen schaffen eine neue Form der Stadtlandschaft, …
Noah Rimann, Loris Theus (Ostschweizer Fachhochschule)
Das Besondere am Schinkel-Wettbewerb ist sein interdisziplinärer Ansatz. Auch das macht ihn seit 170 Jahren zu einer der renommiertesten Plattformen für junge Planerinnen in Deutschland. Jahr für Jahr fordert der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) die Teilnehmerinnen auf, Lösungen für komplexe städtebauliche Fragestellungen zu entwickeln. Das diesjährige Thema „Clever aufgegleist“ widmete sich der geplanten S-Bahnlinie S21 in Berlin.
Clever aufgegleist: neue Impulse entlang der Bahn
„Aufgrund der geo- und verkehrspolitischen Entwicklungen stand das Vorhaben mehrfach vor dem Aus, bekommt nun aber neuen Schwung“, so Yvonne Corinna Paul, Vorsitzende des AIV-Ausschusses für den Schinkel-Wettbewerb. Ziel war es, die städtebaulichen Potenziale rund um die Strecke zwischen dem Bahnhof Südkreuz und dem Park am Gleisdreieck auszuloten. Wie können Stadt und Verkehr besser miteinander verknüpft werden? Welche innovativen Nutzungen sind denkbar?
Die jungen Planer:innen aus Architektur, Ingenieurbau, Landschaftsarchitektur und Freier Kunst waren aufgefordert, für den Schinkel-Wettbewerb die bestehende Planung zu hinterfragen und neue Impulse zu setzen. „Mit großer Freude haben die interdisziplinär besetzten Jurys die Arbeiten diskutiert und begutachtet“, betont Yvonne Corinna Paul. „Hinter jeder Arbeit stehen engagierte Verfasserinnen und Verfasser.“

„Vom Park zur Stadt“: Der Entwurf entwickelt eine geschickte Verbindung zwischen bestehenden Park- und Stadtstrukturen.
Sina Fritsch, Fares Arnold Selo (FH Aachen)
Schinkel-Wettbewerb 2025: die Gewinner:innen
Insgesamt 73 Beiträge wurden eingereicht, 16 Arbeiten ausgezeichnet. Drei Preise wurden beim Schinkel-Wettbewerb vergeben:
- Städtebau – „Vom Park zur Stadt“: Mit einem klaren Band, das den Gleisdreieck-Park erweitert und Stadt mit Natur verbindet überzeugten Sina Fritsch und Fares Arnold Selo von der FH Aachen die Jury. Eine neue Nord-Süd-Achse verbessert die Erreichbarkeit und schafft nahtlose Übergänge. Drei Quartiersspangen mit unterschiedlichen Gebäudetypologien fördern eine durchdachte Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Gemeinschaft. Eine Kreativzone an der Yorckstraße belebt das Quartier. Sensible Transformationen und gezielte Bepflanzungen stärken die Identität des Ortes.
- Landschaftsarchitektur – „Heckenorchester am Gleisdreieck“: Die Arbeit von Noah Rimann und Loris Theus von der Ostschweizer Fachhochschule (siehe Bildstrecke oben) verbindet klassische Landschaftsarchitektur mit zeitgemäßen Herausforderungen. Organisch geformte Heckenzimmer schaffen vielseitige Nutzungsräume wie Gemeinschaftsgärten, Sportflächen und ökologische Zonen. Trotz Abweichung von der Aufgabenstellung wurde der Entwurf für seine Flexibilität prämiert. Besonders gelobt wurden die innovativen Pflanzkonzepte, die Biodiversität fördern. Die hohe Pflegeintensität der Hecken bleibt eine Herausforderung.
- Konstruktiver Ingenieurbau – „Fahrradbrücke Berlin Südkreuz“: Der Entwurf von Lilly Caroline Bärm, Kiara Navarro Frommann und Timon Pecks von der TH Köln (siehe Bildstrecke oben) verbindet die schon bestehende Fahrradtrasse parallel zur Bahnstrecke mit einer neuen Ost-West-Querung entlang der Ringbahn und transformiert ein ungenutztes Parkdeck zum „multifunktionalen Knotenpunkt“. Eine geschwungene Brückenlinie mit wechselnder Breite überwindet die Höhendifferenz. Das Tragwerk basiert auf einem mehrfeldrigen Dreigurtbinder, der sich im Verlauf der Brückentrasse verdreht. Das Preisgericht lobte die elegante Linienführung, kritisiert jedoch die komplexen Knotenpunkte.
Keine Schinkelpreise für Architektur und Kunst
Wie anspruchsvoll der Schinkel-Wettbewerb ist, zeigte sich in den Fachsparten Architektur und Freie Kunst. Hier gab es dieses Jahr keinen Schinkelpreis. Die Einreichungen hätten „einer weiteren tieferen Ausarbeitung bedurft“, so der AIV.

„Vom Park zur Stadt“: Eine durchgehende Grünachse schafft neue urbane Räume, die Erholung, Mobilität und soziale Begegnung vereinen.
Sina Fritsch, Fares Arnold Selo (FH Aachen)
Sozial, ökologisch und visionär
Die beim diesjährigen Schinkel-Wettbewerb prämierten Arbeiten zeigen, dass junge Planer:innen progressive, nachhaltige und tief durchgearbeitete Lösungen für urbane Herausforderungen entwickeln. Sie setzen auf die intelligente Transformation bestehender Strukturen, die Verbindung von Stadt und Natur sowie zukunftsweisende Mobilitätskonzepte. Mit mutigen Visionen leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung lebenswerter Städte.
Mehr Hintergrundinformationen zur Aufgabenstellung, zu den Orten und weitere Entwürfe findet ihr in der ausführlichen Dokumentation des Schinkel-Wettbewerbs 2025 als PDF.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
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