Von Johanna Naara Ziebart
Ich sitze im Krankenhaus und warte auf meine OP. Mir ist so dermaßen langweilig, dass ich mich sogar mit meinen Bettnachbarinnen unterhalten will. Ich hasse Smalltalk! Damit bekomme ich leider nur wenig von den 20 Stunden rum, die ich hier noch warten muss. Ich streune umher und freue mich, dass ich an manchen Stellen die ursprüngliche Innenarchitektur des Krankenhauses entdecken kann.
Eine Entdeckungstour und gewagte Farben
Das Gebäude steht hier schon 100 Jahre und war mal ein Kinderheim. Im Treppenhaus hat man die alten Fliesen und das eiserne Geländer gelassen und sich sogar bei der Wandfarbe an den roten Fliesen orientiert. Als ich wieder im Zimmer bin, sehe ich braunen Marmoleum Fußboden, türkisfarbene Fußleisten und blassgrüne Wandfarbe – da hat man mal was wagen wollen. An den riesigen Fenstern hängen gestreifte Vorhänge – grün, gelb und orange – selbstverständlich ganz geschlechtsneutral.
Die Wand gegenüber der Betten zieren zwei rote Bilder in verschiedenen Formaten und in der Mitte davon ein Röhrenfernseher. Eins der Bilder ist schon ausgeblichen. Ich weiß, dass Gestalter:innen anspruchsvoll sind, was den Innenraum angeht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich hier irgendjemand wohl fühlt.
Nach sechs Tagen bin ich sehr froh wieder zu Hause zu sein und habe Material für fünf Kolumnen gesammelt. Um mir die Zeit zu vertreiben habe ich mich in Netflix, Musik und den Rätseln aus dem „Zeit Magazin“ geflüchtet. Je mehr ich von dem Krankenhaus verdrängen konnte, desto besser ließ die Situation sich aushalten.
Ideenskizzen für ein besseres Krankenhaus
Natürlich hat mich in dieser Zeit der innenarchitektonische Teil meines Gehirns nicht in Ruhe gelassen. Er formte aus meinen Wünschen Ideen für ein besseres Krankenhaus: Darin kann man in Ruhe schlafen. Jede:r Patient:in hat dafür ein eigenes Zimmer. Dieses muss nicht unbedingt groß sein, sollte aber den Aspekt der Privatsphäre berücksichtigen.
Das Krankenhaus ist mit Rundwegen angelegt, um ein paar Meter mehr am Stück gehen zu können – und vielleicht gibt es sogar ein Bewegungszimmer mit kleineren Geräten. Es gibt einen Raum, in dem man gemütlich sitzen kann, dort könnten Patient:innen auch ihre ausgelesenen Zeitschriften und Magazine mit anderen Teilen. Für alle Smalltalker:innen gibt es auch Orte, an denen es erwünscht ist, mit anderen zu sprechen, zu lachen und sich auszutauschen. Dort stört man nicht die anderen, die Ruhe benötigen.
Räume nehmen Einfluss auf das Wohlbefinden von Menschen, weswegen es gerade in Gebäuden mit einer erheblichen Relevanz für die Gesundheit von Menschen wichtig ist, dass sich Innenarchitekt:innen mit dem Raum beschäftigen und Teil des Planungsteams sind.
Johanna Naara Ziebart studiert Innenarchitektur an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Detmold und setzt sich auch bei nexture+ für Innenarchitektur ein.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.
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