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Die Geschossfläche und mehr

Begriffe, Maße und Berechnung von Flächen

01.05.200920 Min. Kommentar schreiben

Eine aktualisierte Fassung des Artikels mit den neuesten gesetzlichen und technologischen Standards finden Sie hier.

Zu den Details der Ermittlung der Flächen zugunsten des Maßes der Nutzung – insbesondere der Geschossflächen – gab es bisher kaum Rechtsprechung oberer Gerichte, die Aufklärung hätte geben können. Dagegen lieferten widersprüchliche Rechtsprechung, Kommentierungen und anderes Schrifttum eher irritierende Informationen und führten vielfach zu fehlerhaften Flächenermittlungen und im Ergebnis teilweise auch zu rechtswidrigen Planungen. Die Situation hat das Bundesverwaltungsgerichts zum Anlass genommen, mit seiner Entscheidung vom 7.6.2006 (47C 7.05), um auch für die Ermittlung der Geschossfläche Klarheit zu schaffen.

Unter Bezug auf die Absichten des Gesetzgebers bei der Formulierung der Baunutzungsverordnung(en) und die Absichten der Planer bei der Aufstellung eines das festzusetzende Maß der Nutzung begründenden Bebauungsplanes wurde nun klargestellt, dass für die Ermittlung allein der anzuwendende Gesetzestext gilt. Soweit es nämlich um das städtebaulich begründete Kriterium der Dichte und Baumasse geht, ist nicht einzusehen, warum andere als die aus den Vorschriften zweifelsfrei abzuleitenden Regeln gelten und zu reduzierten Flächen führen sollen.

In der Praxis ist nicht überall bekannt, wie weit diese Berechnungen vielleicht miteinander harmonieren und was die jeweiligen Unterschiede ausmacht. Das verwundert auch deshalb wenig, weil schon die zuvorderst zugänglichen Informationen dazu widersprüchlich sind. So hat ein Blick ins Internet gezeigt, dass beispielsweise zur Geschossfläche die Informationsbörsen, aber auch Fachlexika zur Immobilienbewertung, sämtlich (jeweils unterschiedliche ) fehlerhafte Erläuterungen enthielten.

Im Folgenden wird zur Geschossfläche sowie zu den anderen aus zivilem und öffentlichem Baurecht zu ermittelnden Bauwerksflächen Stellung genommen und erläutert, wie diese aus unterschiedlichen Begründungen zu ermittelnden Flächen vielleicht miteinander korrespondieren.

Ihre Berechnung und Begriffsdefinition im öffentlichen Baurecht

1. Die Flächen eines Bauwerks

Während der Planung und der Verwertung von Gebäuden und anderen Bauwerken sind zu deren Flächen meist eine Vielzahl von Berechnungen zu erstellen, um die Bauflächen und Baumassen zu beschreiben. Diese Berechnungen erfolgen aus recht unterschiedlichen Gründen, zum Beispiel:

  • als Flächenkennwerte zur Kostenermittlung, zum Vergleich von Gebäuden etc.,
  • für die Wertermittlung,
  • als Grundlage für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit o.ä.,
  • als Grundlage für ein Verkaufsangebot,
  • für den Nachweis der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit.

Entsprechend sind auch die Berechnungsregelungen jeweils in Teilen oder insgesamt andere. Für alle diese Berechnungen ist aber grundsätzlich zu beachten:
1. Wo und so weit eine Vorschrift die Art und Weise der Berechnung vorgibt, ist die Berechnung genau nach dieser zu erstellen.
2. Wo für eine Berechnungsweise keine Vorschrift besteht, muss doch für die Bewertung des Ergebnisses erkennbar sein, nach welchen Maßstäben bzw. Regelungen sie erstellt wurde.

Die Bruttogrundfläche nach DIN 277 Teil 1 (BGF) als Teil des privaten Baurechts2 ist Standard bei so gut wie allen Bauplanungen, denn sie bildet die Grundlage für die Kostenermittlung (DIN 276), der Nutzungskosten (DIN 18960) und dem Vergleich von Bauwerken und dient insoweit völlig anderen Zielen als die die öffentlich- rechtlich begründete „Geschossfläche“.

Zur geschossweise bzw. getrennt nach den unterschiedlichen Ebenen zu ermittelnden Bruttogrundfläche (BGF) eines Bauwerks rechnen in der Horizontalen im Grundsatz alle angeschnittenen Bauwerksflächen einschl. Konstruktionen:

  • der Grundriss einschl. der Außenwände (mit Tür- und Fensteröffnungen) sowie auch der Balkone,
  • Pfeiler und außen angeordnete Schornsteine,
  • konstruktiv oder durch die vorgesehene Nutzung bedingte Mauervorlagen,
  • sämtliche Wandverkleidungen so wie auch einfacher Putz, Brüstungen und Gitter,
  • sonstige raumhohe Vormauerungen und Bekleidungen,
  • Wandnischen und -schlitze sowie Installationshohlräume aufgehender Bauteile.

Für Zwecke der Wertermittlung ist hinsichtlich Vor- und Rücksprüngen an den Außenflächen eine Vereinfachung der Rechnung erlaubt.

Keine Bauwerks-, sondern Wohnflächen waren mit den „Grundflächen“ zu ermitteln, für die bis 2003 die §§ 43/ 44 der II. BV (vgl. Ziffer 1) Grundlage waren und die und seitdem nach §§ 3/4 der Wohnflächenverordnung (WoFlV) zu berechnen sind. Hier handelt es sich um öffentlich-rechtliche Regelungen, die keinem Bau- oder Planungsrecht dienen, sondern – für Zwecke des öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnungsbaus – einem gesellschafts- und sozialpolitischen Ziel.

Die Flächen nach DIN 277 Teil 1: Bruttogrundfläche = Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks und deren konstruktive Umschließung, jeweils bis zur äußeren Begrenzung.

2. Zum Begriff der Geschossfläche im öffentlichen Baurecht
Das öffentliche Baurecht (hier das auf dem Planungsrecht fußende) dient den bauleitplanerischen, gesellschaftspolitischen, städtebaulichen und die Interessen der Grundstücke und Gebäude nutzenden Bürger ausgleichenden Zielen. Soweit eine Obergrenze für die Geschossfläche vorgeschrieben ist, waren anders als bei den  näher beschriebenen Bauwerksflächen diese Ziele Grundlage für die Festsetzung. Also folgt die Berechnung auch anderen Regeln.

Die Geschossfläche ist mit Indiz für das in Bebauungsplänen festzusetzende „Maß der baulichen Nutzung“ dessen jeweilige Grenzen beim Planen und Bauen einzuhaltenden sind (vgl. BauN-VO, §§ 16 und 18 bis 21 a). Dieses Maß kann sich u.a. bestimmen aus:

  • der Grundflächenzahl (GRZ),
  • der Geschossflächenzahl (GFZ) und
  • der Baumassenzahl (BMZ).

Die Festsetzungen bestehen meistens für den Bereich eines Baugebietes (dieses begrenzt durch öffentliche Straßen und sogenannte Knödellinien), in selteneren Fällen auch nur für Grundstücke, Grundstücks- oder Gebäudeteile. In der Regel ist die Geschossfläche als Höchstmaß festgesetzt; sie kann aber auch als Mindestmaß festgesetzt sein.

Grundlage für die Festsetzung einer Geschossflächenzahl ist § 20 Abs. 3 f BauNVO 1990 (Abs. 2 f BauNVOen davor). Ermittlung und Nachweis haben entsprechend den Vorgaben an dieser Stelle zu erfolgen; für anders lautende Auslegungen ist – vom Bundesverwaltungsgericht mit der Entscheidung vom 7.6.2006 ausdrücklich klargestellt – kein Raum.

Die Fläche nach § 20 BauNVO: Geschossfläche = Summe der maßgeblichen Flächen (2) aller als Vollgeschoss zu bewertenden Geschosse + (ggf.) der anzurechnenden Flächen der Geschosse, die nicht als Vollgeschoss zu bewerten sind.  Dies – zur Ermittlung der GFZ – für die Summe aller maßgeblichen „Gebäude“ auf einem „Grundstück“.

In dieser Anwendung ist die Geschossfläche in der Regel (vgl. § 20 Abs. 2 BauNVO 1990, Abs. 1 der BauNVOen davor) als Summe der Geschossflächen auf einem Baugrundstück in Bezug zu bringen zur Größe des Baugrundstücks ( 3 ), woraus sich die GFZ als entsprechend  nachzuweisende Kenngröße errechnet.

Die Geschossfläche kann – neben ihrer grundsätzlichen Anwendung nach städtebaulichen Zielen – im öffentlichen Recht auch Maßstab für andere Anwendungsfälle werden, so wie in der zitierten Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung zur Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsgebühr geschehen.

Soweit eine Geschossfläche öffentlich-rechtlich anderweitig zum Maßstab werden soll, ist dafür das Ziel der Anwendung im Auge zu behalten, das im zitierten Fall nicht die städtebauliche Dichte zum Maßstab hatte, sondern den nach dem Landesgebührenrecht zugrunde zu legenden erwarteten wirtschaftlichen Nutzen des Bauherrn aus der Befreiung von der festgesetzten max. Geschossfläche (vgl. § 31 Abs. 2 BauGB). Unter dieser Prämisse ist für die Bestimmung dieses wirtschaftlichen Nutzens die dafür maßgebliche Geschossfläche nach sachgerechten Kriterien zu ermitteln.

(1) Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung – II. BV) vom 17.10.1957, neugefasst durch Bekanntmachung vom 12.10.1990, 2178; zuletzt geändert durch Art. 78 Abs. 2 G vom. 23.11.2007 (BGBl I S. 2614), in den hier maßgeblichen §§ 42 – 46 ersetzt durch die Wohnflächenverordnung vom 25.11.2002 (BGBl. I S. 2346)

(2) Die jeweilige Fläche errechnet sich nach der Bruttogrundfläche BGF  unter Abzug der nach § 20 Abs. 4 BauNVO vorgesehenen Vergünstigungen.

(3) Die maßgebliche Grundstücksfläche kann aus einer Vielzahl von Flurstücken bestehen, umfasst aber nur das Baugrundstück i.S. des § 19 Abs, 3 BauNVO, also keine Flächen vor der Straßenbegrenzungslinie und auch z.B. keine als private Straßen- oder als Grünflächen festgesetzten Flächen.

Öffentlich-rechtlicher Nachweis

3. Wirkungen der Einschränkung und die Pflicht zum öffentlich-rechtlichen Nachweis

Unabhängig davon, ob für ein Vorhaben ein Bauantrag zu stellen ist oder nicht, sind Bauherren zum Einhalten der festgesetzten Geschossfläche auf ihrem Grundstück verpflichtet, soweit mit dem Bebauungsplan auf Grundlage des § 16 Abs. 1 Nr. 2 BauNVO eine GFZ festgesetzt ist. Auf diese Vorschrift ist besonders auch für die „genehmigungsfreien/ genehmigungsfreigestellten“ Wohn- und anderen Gebäude hinzuweisen, denn die Freistellung greift nur dort, wo der Bebauungsplan eingehalten wird.

Einschränkungen der Geschossfläche können nur gefordert sein, wenn ein Bebauungsplan (§ 30 BauGB ) mit einer entsprechenden Festsetzung zur Anwendung kommt. (Darin können auch differenzierte Regelungen zur Geschossfläche getroffen sein.) Regulär muss es sich dabei um einen rechtsgültigen Bebauungsplan handeln. Vergleichbar kann allerdings auch eine geplante Festsetzung wirken, wenn auf Grundlage des § 33 BauGB im Bereich eines in Aufstellung oder Änderung begriffenen Bebauungsplans ein Bauantrag gestellt werden soll und dabei der Gebäudeplanung dieser zugrunde zu legen ist.

Darüber hinaus ist bei Vorhaben nach § 34 BauGB (im sogenannten unbeplanten Innenbereich) oder § 35 BauGB (im Außenbereich) mangels Festsetzung bzw. Vorschrift kein solcher Nachweis zu erbringen. Da das vielerorten anders gesehen wird: § 17 BauNVO wirkt für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens in keinem Fall, insbesondere nicht bei den Vorhaben nach den §§ 34 und 35 BauGB.9

Der Nachweis ist bei allen nicht baugenehmigungsbedürftigen Vorhaben als Teil der Bauvorlagen mit einzureichen. Zum Maß der baulichen Nutzung insgesamt beinhaltet meistens den der Einhaltung

  • der zulässige Grundfläche (Summe der Grundflächen) und
  • der zulässige Geschossfläche (Summe der Geschossflächen), sowie in selteneren Fällen auch
  • die Baumassen (selbst wenn eine Baumassenzahl nicht festgesetzt ist).

Für die Zulässigkeit eines Vorhabens im Ergebnis und die Richtigkeit der Berechnungen und des Nachweises liegt die Verant-wortlichkeit entscheidend beim Entwurfsverfasser als verantwortlich zu sehen, soweit ein solcher dafür beauftragt wurde.

4. Das „richtige“ Recht als Maßstab
Soweit es um Nachweise des Maßes der Nutzung der BauNVO geht, ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass diese auf der Grundlage der richtigen Fassung des Planungs- und Bauordnungsrechts zu erstellen sind (denn in der Praxis wird das häufig übersehen). Andernfalls ist mit einiger Wahrscheinlichkeit die Ermittlung fehlerhaft und der Nachweis falsch – und die Planung möglicherweise im Ergebnis rechtswidrig.

Ermittlung und Nachweisen der baulichen Nutzung sind auch
frühere Fassungen von Vorschriften zugrunde zu legen:
1. Baunutzungsverordnung 7 und dazu
2. Landesbauordnung, insbesondere

  • § 2 zu Gebäuden/ baulichen Anlagen
  • § 2 zu den Vollgeschossen
  • § 2 zu Aufenthaltsräumen
  • § 6 zu den nach Landesrecht in den Abstandflächen zulässigen Gebäuden vgl. z.B. § 20 Abs. 4 BauNVO 1990)

„Richtig“ in diesem Sinne ist das den Absichten des Bebauungs-planes zugrunde liegende Recht, denn auf diesem fußt der Plan als Satzung: Wenn also die Gemeinde einen rechtsgültigen Bebauungsplan nach dem 01.08.1962 und vor dem 27.1.1990 letztmalig offen gelegt hat10 und den Plan seither nicht a.G. des § 2 Abs. 4 BauGB zwecks Anpassung an die geltende BauNVO geändert oder ergänzt hat, gilt die jeweilige frühere BauNVO. Welche Fassung der Baunutzungsverordnung und der Landesbauordnung zum Tragen kommt, entscheidet sich nach dem o.g. Datum der Offenlage des Bebauungsplanes (Datum noch vor dem Inkrafttreten des Planes).

Welche Vorschriften der Baunutzungsverordnung (welcher Fassung) Ermittlung und Nachweis des Maßes der Nutzung nach der BauNVO zugrunde zu legen sind (vereinfacht erklärt), ist dem jeweiligen Bebauungsplan zu entnehmen, der einen entsprechenden Hinweis einhalten muss. Baunutzungsverordnungen sind11:

  • BauNVO 1962 mit Rechtskraft ab dem 01.08.1962 (BGBl. I S. 429),
  • BauNVO 1968 mit Rechtskraft ab dem 01.01.1969 (BGBl. I S. 1233 und 1237),
  • BauNVO 1977 mit Rechtskraft ab dem 01.10.1977 (BGBl. I S. 1757 und 1763) und
  • BauNVO 1990 mit Rechtskraft ab dem 27.01.1990 (BGBl. I S. 2665).

(Änderungsverordnung 1986 nicht berücksichtigt/ unerheblich).

Gravierende Unterschiede für die Forderungen bezüglich Grund-flächen und GRZ sowie Geschossflächen und GFZ beinhaltet die letzte Baunutzungsverordnung gegenüber den Fassungen davor.

Weiter können für die Nachweise des Maßes der Nutzung besondere Regelungen des Bebauungsplanes (Teil der textlichen Festsetzungen) bedeutsam sein.

Bezüglich der Vorschriften der Landesbauordnung bestehen für den Nachweis der baulichen Nutzung vielerorten Meinungsunterschiede, ob die Vorschriften der Landesbauordnung „dynamisch“ (nach der aktuellen LBO) oder „statisch“ (nach der zum Zeitpunkt der letzten Offenlage des Bebauungsplanes geltenden BauO) auszulegen ist. Dies ist von Bedeutung für die Planung nach älteren Bebauungsplänen, denn in den „alten“ Bundesländern sahen frühere Bauordnungen für Dachgeschosse andere Berechnungsweisen (mit anderen Rechenergebnissen) vor und kannten zum Teil auch kein Staffelgeschoss.

Mit mehreren neueren Gerichtentscheidungen zum Vollgeschoss-/GFZ- Nachweis wurde die v.g. statische Betrachtungsweise als richtig bestimmt (vgl. z.B. OVG Berlin vom 10.03.1989, OVG 2 B 4.87 und insbesondere VGH Baden-Württemberg vom 27.01.1999, 8 S 19/ 1999, worin anderslautende Entscheidungen widerlegt wurden).

Um das geplante Maß der Nutzung rechtlich korrekt zu berechnen und nachzuweisen, gilt es also, die Daten der dem Nachweis zugrunde liegenden Vorschriften und deren Inhalte zu kennen. Zur Vereinfachung kann empfohlen werden, vor dem Bauantrag bei der zuständigen Bauaufsicht nachzufragen, ob entgegen der Rechtsprechung für die Baugenehmigung ein Nachweis nach der aktuell geltenden Landesbauordnung akzeptiert wird.

(9) Siehe dazu z.B. die Entscheidung des BVerwG vom 23.03.1994 – 4C 18.92.
(10) Zur Offenlage siehe § 3 Abs. 2 BauGB.
(11) Eine vergleichende Gegenüberstellung der verschiedenen Fassungen (Texte) der BauNVO zum Maß der Nutzung ist zu finden www.bau-rat.de => M => Maß der Nutzung.

Regelungen der BauNVOen / Maßgebliche Außenmaße

5. Die Regelungen der BauNVOen zu den Bauwerksflächen

Den Regelungen zur Ermittlung des Maßes der Nutzung ist gemein, dass Details zur Berechnung nicht genannt werden, sondern dass die Kenntnis der Begriffe und der Umsetzung des Verordnungstextes unterstellt wird:Zur Grundfläche (GR) regeln alle BauNVOen in § 19 Abs. 2 Satz 1:
„Zulässige Grundfläche ist der nach Abs. 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.“

Ob und wie weit besondere Gebäude- und Bauteile sowie Neben-anlagen auf die Grundfläche anzurechnen sind, ist in den BauNVOen von 1962, 1968/ 1977/ 1986 und 1990 jedoch unterschiedlich geregelt. Besonders die BauNVO 1990 weicht von denen davor entscheidend ab.12

Unzweifelhaft ist hier immer die Fläche der fertigen baulichen Anlagen nach der Begriffsdefinition des § 2 der Landesbauordnung gemeint. Darin eingeschlossen ist der gesamte Grundriss analog der Bruttogrundfläche nach DIN 27713, jedoch unter Abzug der nach § 19 BauNVO sowie vielleicht nach § 21a BauNVO jeweils vorgesehenen Vergünstigungen(Summe).

Zur Geschossfläche (GF) regeln alle BauNVOen (§ 20 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1990 bzw. davor Abs. 2 Satz 1) zunächst einheitlich:
„Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln.“

Dieser Satz lässt auf den ersten Blick nicht ahnen, wie unter-schiedlich seit dem 1.8.1962 zu rechnen ist:
1. Der Vollgeschossbegriff auf Grundlage der Landesbauordnung wurde bezüglich seiner Berechnungsmodalitäten seither meist mehrfach geändert.
2. Zur Geschossfläche in Nicht-Vollgeschossen bestimmen die BauNVOen jeweils in Satz 2:

„Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.“ (BauNVO 1990; die Regel ist hier anders als in den Fassungen davor, denn im Regelfall rechnen nur noch die Gebäudeflächen in Nichtvollgeschossen.)

„Die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände sind mitzurechnen.“
Und:
„Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.“ (BauNVOen 1977, 1968, 1986; ähnlich BauNVO 1962)

Hier wird auf das weniger klar definierbare „Außenmaß“ abgestellt, siehe dazu die Ausführungen unter Ziff. 6. Zu errechnen ist die Summe der maßgeblichen Grundrissflächen der Gebäude (nicht aber sonstiger baulicher Anlagen) analog der jeweiligen Bruttogrundfläche nach DIN 277, jedoch unter Abzug der nach § 20 BauNVO sowie vielleicht nach § 21a BauNVO jeweils vorgesehenen Vergünstigungen.

Zur Baumasse muss nicht nur auf Grundlage einer Bebauungs-plan-Festsetzung ein Nachweis erforderlich sein (§ 21 Abs. 1 – 3 BauNVO), sondern – bei überhohen Geschossen und auf Grundlage der Geschossfläche – es kann eine Einschränkung auch dann gegeben sein, wenn der Bebauungsplan dafür keine Festsetzung vorsieht (vgl. § 21 Abs. 4 BauNVO). Ähnlich wie bei der Geschossfläche, nach der die Baumasse mit zu ermitteln ist, bestimmt die BauNVO (alle Fassungen) dazu:

„Die Baumasse ist nach den Außenmaßen der Gebäude … zu ermitteln.“ (§ 21 Abs. 2 Satz 1 BauNVO).

6. Die maßgeblichen Außenmaße für das Maß der Nutzung
Außenmaße für die Grundfläche nach § 19 Abs. 2 BauNVO und für die Baumasse nach § 21 Abs. 1 – 3 BauNVO beziehen sich auf die von baulichen Anlagen nach dem Begriff der Landesbauordnung überdeckten Flächen und sind insoweit am wenigsten zweifelhaft: es geht die Maße bis zu den äußeren Kanten.

Was „Außenmaß bei der Ermittlung der Geschossfläche“ nach § 20 Abs. 3 BauNVO ist, ist um vieles schwieriger zu beantworten. Diese Schwierigkeit ergibt sich auch dadurch, dass, nachdem in den Aufbaujahren nach dem Krieg die Rohbaumaße mit den üblichen je zwei Zentimeter Außenputz in der Regel nur geringfügig unter denen der Maße des fertigen Gebäudes anzunehmen waren (weshalb früher vereinfachenderweise die Rohbaumaße angenommen wurden), heute dicke Wärmedämmschichten deutliche Vergrößerungen der Grundrisse bewirken. Noch komplizierter wird die Fragestellung, wenn Verkleidungsmaterialien dazu kommen, die der Bauherr für ein günstigeres Maß der Nutzung gern unberücksichtigt lassen möchte.

Das Bundesverwaltungsgerichts hat im Zusammenhang mit seiner Entscheidung vom 07.06.2006 eine klare Aussage zu dieser Thematik getroffen: Es gilt für die Ermittlung der aller nach der BauNVO zu ermittelnden Bauwerksflächen einschl. der Geschossflächen jeweils das Maß der äußersten Begrenzung, egal, ob die Fläche nach einer neueren BauNVO oder der von 1968 zu ermitteln ist! Also das Maß einschl. der Fassade: einschl. aller Dämmschichten, evtl. Luftschichten und Wetterschutz (Verkleidung, Klinker u.ä.), so wie es dem fertigen Bauwerk i.S. der Begriffsdefinition des § 2 der Landesbauordnung entspricht, denn Putz, Wandbekleidungen und Fassaden sind Bestandteil eines Gebäudes.14 Nicht einzurechnen sind allein z.B. vorstehende Fensterbänke, Auffalzungen von Fassadenprofilen u.ä..

Damit hat das BVerwG ausdrücklich der in mancher Rechtsprechung anderer oberer Gerichte, in einschlägigen Baurechtskommentaren und anderem Schrifttum vertretenen Ansicht, dass für Grundfläche, überbaubare Fläche, Geschossfläche und Baumasse auf die Rohbaumaße abzustellen sei15, widersprochen: Ob und in welchem Umfang z.B. ein an der Außenwand angebrachter Vollwärmeschutz bei der Ermittlung der Geschossfläche zu berücksichtigen ist, sei allein „nach den Außenmaßen“ analog dem Wortlaut des § 20 BauNVO zu ermitteln. Das BVerwG bewertete dabei die im Schrifttum vertretene Auffassung, es seien die Rohbaumaße maßgebend und ein Außenputz sowie „dünne Wandverkleidungen“ seien im Gegensatz zu wesentlich dickeren Wandverkleidungen und Wandkonstruktionen nicht mitzurechnen, als „bloße Behauptung ohne jede Begründung“.

Bezugspunkt für das „Außenmaß“ ist die äußere Begrenzung der Fassade/ der Wände.

Sinn und Zweck des zweiten Abschnitts der BauNVO als Teil des Bundes-Planungsrechts sei die städtebauliche Dichte und der Freiflächenanteil je Einwohner als ein für die städtebauliche Hygiene wichtiger Maßstab. Die BauNVO stelle deshalb auf die äußeren Maße der Gebäude ab.

Nur wenn es nicht um das Bauplanungsrecht geht, darf z.B. eine Geschossfläche auch anders (sinngerechter) ermittelt werden. So ist „das Außenmaß“ für Geschossflächen hinsichtlich eines Gebührenmaßstabs nach den landesrechtlich dafür vorgesehenen Kriterien zu bestimmen, in diesem Fall dem Landesgebührenrecht. Da § 20 BauNVO keinen Anwendungsbefehl des Bundesgesetzgebers beinhaltet und da es sachlich um den Nutzen des Bauherrn aus einer Befreiung zugunsten eines „Mehr“ an Geschossfläche ging (nicht reversibles Kostenrecht), hat das BVerwG mit seinem Urteil vom 07.06.2006 die sinngemäße Anwendung des bis 31.12.2003 geltenden § 44 der II. Berechnungsverordnung (II. BV) auf den Geschossflächenmaßstab als gerecht-fertigt beurteilt.

(Auch wenn die II. BV nicht zum Baurecht zählt und in den einschlägigen §§ zudem seit Jahren nicht mehr gilt, diente sie doch einer ausgewogenen Feststellung der Wirtschaftlichkeit von Bauwerksflächen und kann insoweit ein geeigneter Maßstab sein.) In diesem Fall dürfen ausnahmsweise die Rohbaumaße als Maßstab für die Außenmaße anzunehmen sein, denn das BVerwG bewertete die umstrittene acht Zentimeter starke Dämmschicht noch als „Wandverkleidung geringer Stärke“, die – auch im Hinblick auf die im öffentlichen Interesse liegende Zweckbestimmung der Wärmschutzschicht und die gestiegenen Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäuden – nicht zu einer für die Gebührenbemessung ins Gewicht fallenden Nutzungsvermehrung führen.

Für den vergleichenden Fall, dass die Wandverkleidung dicker vorgesehen ist (z.B. mit Klinkervorsatzschale und vielleicht auch zwischen Dämmung und Klinker angeordneter Luftschicht) ist das anders zu sehen. Regelungen dazu gibt es nicht. Deshalb ist bei dieser „Wandverkleidung nicht geringer Stärke“ wieder jeweils das Maß bis zur äußeren Gebäudekante anzunehmen. Im Sinne der beschriebenen Rechtsprechung bzw. genauer der Regelungen des hier anzuwendenden Gebührenrechts kann diesseitigen Erachtens aber ein prozentualer Abschlag von der ermittelten Geschossfläche in vergleichbarer Größenordnung (Flächenanteil der Außendämmung) begünstigend in Ansatz gebracht werden.

(12) Eine ausführliche Anleitung für die Grundflächen und GRZ nach den verschiedenen BauNVOen ist im DAB 11/ 2004 veröffentlicht.
(13) Siehe die Erläuterungen zur BGF unter Ziff. 1.
(14) Zu begrüßen ist, dass damit die Begrenzungen für die Grundfläche (DIN 277 und § 20 BauNVO), die Geschossfläche, die überbaubare und die bebaute Fläche wie auch die Abstandfläche (soweit das Landesrecht für bestimmte Fallgestaltungen keine andere Regelung trifft) endlich gesichert einheitlich miteinander korrespondieren.
(15) vgl. z.B. Fickert-Fieseler, Kommentar zur BauNVO , 8. Auflage unter Rd.-Nr. 4.1 zu § 19, Rd.-Nr. 19 zu § 20, Rd.-Nr. x zu § 22.

Dachschrägen / Bestandsschutz

7. Die Geschossfläche unter Dachschrägen
Eine Minderung der Geschossflächen unter Dachschrägen ist an keiner Stelle des Bau- und Planungsrechts rechtlich vorgesehen und damit unzulässig.

Die durch das Urteil des BVerwG reklamierte fälschliche Umsetzung des § 20 Abs. 3 BauNVO dahingehend, dass – betreffend Planungen nach einer BauNVO vor der vom 27.1.1990 – Flächen unter Dachschrägen gemindert anzusetzen sind, basiert auf den Regelungen des § 44 der II. BV von 1957. Jene Vorschrift diente hauptsächlich wohnwirtschaftlichen Berechnungen (vgl. § 1 Abs. 1 II. BV). In § 1 Abs. 2 II. BV wurde ergänzend bestimmt:

„Diese Verordnung ist ferner anzuwenden, wenn in anderen Rechtsvorschriften die Anwendung vorgeschrieben oder vorausgesetzt ist. Das gleiche gilt, wenn in anderen Rechtsvorschriften die Anwendung der I. Berechnungsverordnung vorgeschrieben oder vorausgesetzt ist“.
Also war auch nicht vor dem 31.12.2003 erlaubt – als der den unzulässigen Berechnungsweisen zugrunde gelegte § 44 Abs. 1 der II. BV noch nicht aufgehoben war. Entsprechend kann auch die seit 01.01.2004 geltende Wohnflächenverordnung (WoFlV) nicht für die Ermittlung der aus Gründen des Planungsrechts geregelten Geschossfläche herangezogen werden.

Der Geschossfläche sind – bezogen auf die Nichtvollgeschosse – alle Flächen zuzurechnen, die zu den Aufenthaltsräumen i.S. des § 2 der Landesbauordnung und den zu ihnen gehörenden Treppenräumen zählen, und zwar einschl. der Flächen der Umfassungswände (vgl. Ziff. 5) und im Sinne der angesprochenen BVerwG-Entscheidung ebenfalls bis an deren äußerste Begrenzung. Zusätzliche Unter- und Dachgeschossebenen sowie Staffelgeschosse fallen auch unter diese Regelung!

Geschossfläche in Dachgeschossen nach einer BauNVO von vor dem 23.1.1990 (Regelfall): Es dürfen wegen Schrägen bzw. geringeren Höhen keine Abzüge erfolgen und die Geschossfläche ist nach den Flächen für als Aufenthaltsräume zu qualifizierende Räume (vgl. § 2 Landesbauordnung) sowie „zugehörige Treppenräume“ einschl. der Flächen für deren Umfassungswände zu ermitteln. Im dargestellten Fall ist die interne Treppe immer mitzurechnen. In einem eigenen Treppenraum und wenn gleichzeitig im Geschoss darüber keine Aufenthaltsräume angeordnet sind, rechnete sie aber nicht mit.

8. Bestandsschutz-Fragen
Was bisher in fehlerhafter Anwendung z.B. des § 20 BauNVO und entsprechend fehlerhafter Entscheidung bauaufsichtlich genehmigt wurde, kann Bestandsschutz reklamieren, soweit und solange die Baugenehmigung noch Bestandskraft entfaltet (vgl. § 43 Verwaltungsverfahrensgesetz). Das bedeutet – kurz erläutert – für den Regelfall, dass über die Rechtmäßigkeit des betreffenden Geschossfläche jedenfalls so lange nicht neu zu entscheiden ist, bis eine für die Fragestellung wesentliche bauliche Änderung oder auch Nutzungsänderung erfolgt bzw. erfolgen soll.

Dagegen kann für in der Genehmigungsfreistellung (ohne förmliche Baugenehmigung) errichtete Gebäude ein solcher Bestandsschutz nicht beansprucht werden. Für diese gilt das Baurecht in seiner zum Zeitpunkt der Herstellung korrekten Anwendung. Gleiches ist der Vollständigkeit halber zu den nicht baugenehmigungsbedürftigen Kleinstgebäuden und zu den nicht baugenehmigungsbedürftigen Fassadenänderungen zu ergänzen.

Ulrike Probol ist Bauassessorin, Architektin und Sachverständige für Fragen der Planung, www.bau-rat.de.

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