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Sandwich-Außenwand mit Carbonbewehrung

Der Einsatz von Beton mit Carbonbewehrung macht Fortschritte. An einem Pilotprojekt wurden jetzt Fertigteile aus Carbonbeton für die Fassade eingesetzt. Und auch neue Richtlinien und bauaufsichtliche Zulassungen liegen vor.

Von: Marion Goldmann
Marion Goldmann wählt für das DAB die wichtigsten Produktneuheiten aus....

19.02.20254 Min. Kommentar schreiben
Fassade mit Carbonbewehrung von Nesseler

Der Einsatz von Carbon als Bewehrung für Betonbauteile wird in Forschung und Entwicklung seit einigen Jahren vorangetrieben und in Pilotprojekten auch eingesetzt. Hindernisse waren bisher neben höheren Materialkosten auch fehlende bauaufsichtliche Zulassungen sowie mangelde Erfahrungen in der Fertigung. Die Nesseler Gruppe mit Sitz in Aachen will Bauweisen mit nicht metallischer Bewehrung insbesondere bei carbonbewehrten Betonfertigteilen vorantreiben.

Beton-Fertigteil mit Carbonbewehrung

Die auf schlüsselfertiges Entwickeln, Planen und Bauen spezialisierte Unternehmensgruppe, die auch ein eigenes Fertigteilwerk betreibt und hier bereits umfangreiche Erfahrungen im Fassadenbau vorweisen kann, startete 2021 eine Forschungskooperation mit Solidian, einem führenden Hersteller von Bewehrung und Verbindungsmitteln, sowie dem Institut für Massivbau der RWTH Aachen. Ziel war es, ein carbonbewehrtes Außenwand-Fertigteil zu entwickeln, es im zweiten Schritt beim neuen Bürogebäude der Nesseler Gruppe einzusetzen und dafür die entsprechenden Zulassungen (ZiE/vBG) zu erhalten.

Fassadenteile aus Carbonbeton uns Stahlbeton

Aufbau des Fertigteils mit Carbonbewehrung (rechts) im Vergleich zu einem herkömmlichen Fertigteil.
Hendrik Ros

Vorteile von Carbonbewehrung gegenüber Stahl

Carbonbewehrte Elemente bieten im Vergleich zu stahlbewehrten Bauteilen Vorteile. Carbon besitzt gegenüber Stahl eine fünffach höhere Zugfestigkeit und als nicht metallische Bewehrung korrodiert es nicht. Das ermöglicht dünne und gleichzeitig langlebige Konstruktionen, die den Betonbedarf deutlich minimieren. Dies führt zu einer Reduktion des Ressourcenbedarfs durch Einsparung von Sanden, Gesteinskörnungen und Zement.

Die Elemente für den fünfgeschossigen Büroneubau der ­Nesseler Gruppe haben einen Sandwichaufbau, wobei sich die Carbonbewehrung in der Vorsatzschale befindet. Diese ist nur 3,5 Zentimeter dick, statt elf ­Zentimeter bei einer Stahlbetonfassade. Die Fassadenoberfläche kann in vielfältigen Formen gegossen, mit unterschiedlichen Gesteinskörnungen und Farben gestaltet und mit verschiedenen Oberflächenbehandlungen veredelt werden.

Auf Basis umfassender Untersuchungen wurde für die Vorsatzschale zudem eine spezielle Betonrezeptur ­entwickelt, die zusammen mit dem Herstellungsverfahren sehr ­robuste, großformatige und ­optisch ansprechende Fassaden ermöglicht.

Marion Goldmann


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Normen und Zulassungen für Carbonbeton

Die Entwicklung von Normen und Zulassungen für Carbonbeton hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht und erleichtert zunehmend den Einsatz dieser innovativen Technologie im Bauwesen. Bisher bedurfte es für Bauarten und Bauprodukte mit nichtmetallischer Bewehrung, wie Carbon, einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE) sowie einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung (vBG), da weder Bauprodukte noch Bauarten durch Normen oder Richtlinien geregelt waren.

Betonbauteile mit nichtmetallischer Bewehrung

Mit der Einführung der neuen DAfStb-Richtlinie „Betonbauteile mit nichtmetallischer Bewehrung“ im Januar 2024 wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht. Diese Richtlinie, herausgegeben vom Deutschen Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb), besteht aus fünf Teilen, die klare Vorgaben für Planung, Konstruktion und Ausführung bieten. Die Hauptteile umfassen:

  1. Bemessung und Konstruktion
  2. Bewehrungsprodukte
  3. Hinweise zur Bauausführung
  4. Empfehlungen für Prüfverfahren
  5. Nachweise für die Verwendbarkeit der Bauprodukte und der Anwendbarkeit der Bauart

Diese Richtlinie schafft erstmals eine standardisierte Grundlage für die Anwendung von nichtmetallischer Bewehrung, insbesondere Carbonbewehrung. Dadurch kann der Einsatz solcher Produkte nun erheblich vereinfacht werden, ohne aufwendige Einzelgenehmigungen durchlaufen zu müssen.

Bauaufsichtliche Zulassungen für Carbonbauteile

Parallel dazu wurden 2024 auch die ersten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) für Carbonbewehrungsprodukte erteilt. Der Hersteller Solidian erhielt beispielsweise Zulassungen für zwei seiner zentralen Bewehrungsprodukte, was den breiten Einsatz von Carbonbeton erheblich erleichtert.

Trotz der erzielten Fortschritte bleibt der Weg zum skalierbaren Einsatz von Carbonbeton eine Herausforderung. Derzeit sind nichtmetallische Bewehrungsprodukte mit allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen nur eingeschränkt verfügbar.

Die Kombination aus neuen Richtlinien, erteilten Zulassungen und den positiven Erfahrungen von Pilotprojekten wie der Carbon-Sandwichfassade zeigt, dass Carbonbeton zunehmend ein integraler Bestandteil moderner, ressourcenschonender Bauweisen wird. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, die Marktdurchdringung dieser Technologie voranzutreiben.

Kosten vs. Vorteile von Carbonbeton

Die Materialkosten für Bauarten mit nichtmetallischer Bewehrung, wie bei der Carbonbeton-Sandwichfassade der Nesseler Gruppe, liegen derzeit über denen konventioneller Bauweisen. Carbon ist in der Herstellung teurer als Stahl, bietet aber durch sein geringes Gewicht und seine höhere Tragfähigkeit eine effizientere Nutzung. Zudem ermöglichen die hohe Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit eine schlankere Bauweise, was Material-, Transport- und Montagekosten spart.

Während Stahlbetonbauten oft nach 30 bis 50 Jahren instandgesetzt werden müssen, erreicht Carbonbeton eine Lebensdauer von mindestens 80 Jahren, was langfristig geringere Sanierungskosten verspricht. Im aktuellen Pilotprojekt führen die innovativen Ansätze noch zu höheren Initialosten, langfristig bietet Carbonbeton jedoch ein erhebliches Potenzial für mehr Wirtschaftlichkeit durch Einsparungen und eine längere Lebensdauer.

Firma Nesseler

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