DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Haftungsansprüche

Arbeitnehmers Risiko

Auch angestellten Architekten können Haftungsansprüche drohen. Einzelne sind versicherbar.

30.01.20137 Min. Kommentar schreiben

Text: Markus Prause, Axel Plankemann

Die Haftung für Fehler in Planung und Bauüberwachung scheint auf den ersten Blick nur ein Thema für Büroinhaber, Geschäftsführer, freie Mitarbeiter und sonstige Unterbeauftragte eines Architekturbüros zu sein. Tatsächlich können sich aber auch Angestellte mit Haftungsansprüchen konfrontiert sehen. Dies gilt zunächst jedenfalls dann, wenn sie nicht im Rahmen ihres Dienstverhältnisses tätig werden, sondern nebenberuflich wie selbständige Architekten eigene Aufträge ausführen. Hier gelten dann selbstverständlich die gleichen Regeln wie für alle anderen Selbständigen auch. Das Haftungsrisiko gilt nach der Rechtsprechung sogar für honorarfreie Gefälligkeitsleistungen (vgl. OLG Frankfurt in DAB 3/2011).

Bauordnungsrecht: Der Angestellte als Entwurfsverfasser

Bauordnungsrechtlich in der Verantwortung ist immer die Person, welche persönlich als Entwurfsverfasser unterzeichnet oder die entsprechende Verantwortung übernommen hat. Das wird normalerweise der Architekt sein, der das Büro führt. Es kann aber auch ein ­Angestellter sein, der über die erforderliche Qualifikation verfügt. In diesem Fall trägt er bauordnungsrechtlich die Verantwortung. Bei etwaigen Verstößen gegen das Bauordnungsrecht kann gegen ihn persönlich ein Bußgeld verhängt werden. Dieses Risiko ist grundsätzlich nicht versicherbar, lässt sich allenfalls arbeitsrechtlich durch entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag begrenzen. Wird im Zusammenhang mit einem Genehmigungsverfahren oder der Bauleitung gegen öffentliches Baurecht verstoßen, so sind daraus resultierende Bußgelder in der Berufshaftpflichtversicherung grundsätzlich nicht versicherbar.

Ein weiteres Problem kann insbesondere in Verfahren der Genehmigungsfreistellung oder Prüfeinschränkung auftreten, wenn neben der Bauvorlageberechtigung auch das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung gefordert ist. Wird der Angestellte durch die Berufshaftpflichtversicherung des Büroinhabers mitversichert, so reicht dies bauordnungsrechtlich aus. Ist der Büroinhaber nicht selbst Architekt oder besteht ein Arbeitsverhältnis mit einem gewerblichen Arbeitgeber (Bauträger, Wohnungsbaugesellschaft etc.), kann dagegen das bauordnungsrechtliche Erfordernis einer Berufshaftpflichtversicherung zu Problemen führen. Bei Versicherungen gibt es Angebote für diese speziellen Fälle. Die Interessenlage spricht dafür, dass der Arbeitgeber die Prämie zahlt.

Allerdings wird bauordnungsrechtlich häufig ein Versicherungsschutz dann nicht gefordert, wenn es sich um sogenannte „Eigenbaumaßnahmen“ für den Bedarf des Bauherrn handelt. Denn eigene Baumaßnahmen sind in einer Berufshaftpflichtversicherung grundsätzlich nicht versicherbar. In solchen problematischen Fällen bedarf es immer einer Klärung nach der jeweiligen Landesbauordnung, die die Versicherungspflicht regelt.

Haftung im Arbeitsverhältnis: Wer zahlt bei Schäden?

Haftungsrisiken bestehen für Angestellte auch im Rahmen des Arbeitsvertrages oder bei einer sogenannten unerlaubten Handlung. Allerdings geht es dabei nicht um eine vertragliche Haftung gegenüber dem Bauherrn und Auftraggeber, weil zwischen diesem und dem Angestellten keinerlei vertragliche Beziehung besteht.

Für den Sonderfall, dass ein Bauherr gegen einen Angestellten aus den Grundsätzen unerlaubter Handlung (wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung seiner Rechte) vorgeht, ist es zunächst erforderlich, dass der Angestellte selbst schuldhaft eine Handlung vorgenommen hat, die ursächlich zu ­einem Schaden geführt hat. Die Handlung kann sowohl in einem positiven Tun als auch in einem pflichtwidrigen Unterlassen bestehen, zum Beispiel bei Verstößen gegen Verkehrssicherungspflichten. Gerade im Bereich der Objektüberwachung hat der Planer zahlreiche ­Vorsorgemaßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen und auf die Einhaltung von Schutz­vorschriften zu achten. Unterlässt er als verantwortliche Person diese Vorsorge- und Überwachungsmaßnahmen, so sind ihm die daraus entstehenden Schäden aufgrund seiner pflichtwidrigen Unterlassung zuzurechnen. Außerdem muss der Angestellte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben, wodurch einem Dritten ein Schaden entstanden ist. Der angestellte Architekt kann ­darüber hinaus einem Dritten zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn durch sein pflichtwidriges ­Verhalten ein Schutzgesetz verletzt wurde. Das gilt unter anderem für Strafgesetze, nachbarrechtliche Vorschriften, aber auch die Abstandsvor­schriften der Bauordnungen und die Baustellenverordnung.

Allerdings tritt in solchen Fällen die Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers ein, wenn die schädigende Handlung im Zusammenhang mit einer Architektenleistung erfolgte und der Angestellte nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Auch eine Mithaftung des Arbeitgebers kommt in solchen Fällen in Betracht.

Arbeitsrecht: Beschränkte Haftung

Die Haftung des angestellten Architekten gegenüber seinem Arbeitgeber für Fehler der Arbeitsleistung richtet sich grundsätzlich nicht nach werkvertraglichen Gewährleistungsregeln, sondern nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Diese enthalten zugunsten des Arbeitnehmers Haftungseinschränkungen, die vielfach zu einer Risikoverlagerung auf den Arbeitgeber führen.

Begeht der angestellte Architekt bei seiner Arbeitsleistung Fehler, so können diese zunächst beim Arbeitgeber selbst zu einem Schaden führen – etwa an Arbeitsmitteln im Büro. Bedeutsamer sind aber Schäden, die bei Fehlern des Angestellten zu einem Schaden Dritter führen, namentlich von Auftraggebern, sodass der Arbeitgeber im Rahmen des Architektenvertrages haftbar gemacht wird. Die Rechtsprechung entlastet den Arbeitnehmer in solchen Fällen gegenüber dem Arbeitgeber, und zwar in Abhängigkeit vom Grad des Verschuldens:

Der Arbeitnehmer haftet nicht, soweit ihm leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Demgegenüber haftet er voll bei Vorsatz und in der Regel voll bei grober Fahrlässigkeit. Bei einer normalen (mittleren) Fahrlässigkeit ist der Schaden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anteilig vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer zu tragen. Für die Bewertung des Grades des Verschuldens sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

Ist danach der Angestellte bei grober Fahrlässigkeit in der Regel zur vollen Schadenstragung verpflichtet, so hat das Bundesarbeitsgericht immer dann Ausnahmen festgestellt, wenn eine volle Haftung des Arbeitnehmers zu seiner wirtschaftlichen Existenzgefährdung führen würde. Bei ungewöhnlich hohen Schadenssummen wird daher unter Berücksichtigung der Einkommenssituation des Arbeitnehmers auch bei einem grob fahrlässigen Pflichtverstoß im Einzelfall die Haftung der Höhe nach beschränkt.

Die Haftungsquote bei mittlerer Fahrlässigkeit wird ebenfalls unter Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten verteilt. Berücksichtigt werden hierbei die Risikogefährdung der konkreten Arbeit, die Höhe des Schadens, aber auch die des Arbeitsentgelts und die Frage, ob das Risiko durch Versicherung abdeckbar gewesen wäre. Im Übrigen kann im konkreten Einzelfall auch ein Mitverschulden des Arbeitgebers zum Tragen kommen, wenn er zum Beispiel nicht die notwendigen Anweisungen erteilt hat, den Arbeitnehmer nicht ausreichend überwacht, den Tätigkeitsbereich nicht hinreichend organisiert oder mangelhafte Arbeitsgrundlagen zur Verfügung gestellt hat.

Versicherung: Keine Angebote für Angestellte

Freischaffende Architektinnen und Architekten sind nach allen Länderarchitektengesetzen verpflichtet, zur Absicherung beruflicher Haftungsrisiken eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Angestellte in Architekturbüros werden grundsätzlich in diese Berufshaftpflichtversicherung einbezogen. Auch für freie Mitarbeiter besteht diese Möglichkeit. Hier sollte aber in jedem Fall zu Beginn der Zusammenarbeit eine entsprechende Abklärung erfolgen, und zwar im Interesse des freien Mitarbeiters schriftlich.

Die Berufshaftpflichtversicherung führt bei Regulierung des Schadens dazu, dass dem Arbeitgeber keine finanzielle Belastung entsteht. Als Schadenspositionen verbleiben dann allenfalls etwaige Selbstbeteiligungen des versicherten Arbeitgebers oder Prämienerhöhungen aus Anlass des Schadensfalls. Problematischer ist die Situation für Angestellte, deren Arbeitgeber – beispielsweise ein Bauunternehmen – über keine Berufshaftpflichtversicherung verfügt. In solchen Fällen kann der Angestellte auch keine eigene Berufshaftpflichtversicherung abschließen, weil diese gerade das Arbeitnehmerrisiko nicht abdeckt.

Die Haftung des angestellten Architekten gegenüber dem Arbeitgeber ist arbeitsrechtlicher Natur. Wo der Arbeitgeber selbst berufshaftpflichtversichert ist, entsteht dem Angestellten mit Übernahme des Schadens durch den Versicherer selbst kein Schaden. Anderenfalls kommen jedenfalls die Haftungserleichterungen der Rechtsprechung zugunsten der Arbeitnehmer zum Tragen. Für alle anderen Fälle außer dem in der Praxis seltenen vorsätzlichen Handeln können Haftungsfragen durch den Arbeitgeber auch im Arbeitsvertrag geregelt werden.

Markus Prause und Axel Plankemann sind Rechtsanwälte in Hannover

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.