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ARGE ohne Ärger

Arbeitsgemeinschaften bieten gerade kleinen Büros Chancen. Die Risiken lassen sich mit gut durchdachten Verträgen begrenzen

22.12.20147 Min. Kommentar schreiben

Text: Markus Prause

Das klassische Nebeneinander von Architekten und Fachingenieuren wird immer häufiger durchbrochen. Dafür gibt es drei Gründe: Auftraggeber wollen vor allem aus Termin-, Kosten- und Haftungsgründen alle Planungsleistungen aus einer Hand. Die wachsende technische Komplexität der Bauten erzwingt eine engere Zusammenarbeit.

Schließlich bietet sich auch für kleinere und mittlere Büros die Chance, auch größere Projekte zu akquirieren und gemeinsam Ausschreibungsbedingungen nach der VOF zu genügen. Dem Wunsch nach gemeinsamer Projektarbeit kann die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) gerecht werden. Jedoch ist die Auswahl der richtigen Partner von großer Bedeutung. Das Konstrukt stellt besondere Anforderungen an die Vertragsgestaltung; zudem gibt es erweiterte Haftungsgefahren. Die Nachteile lassen sich aber minimieren.

In einer ARGE schließen sich verschiedene Planer – zum Beispiel Architekten, Landschaftsarchitekten Innenarchitekten, Statiker, Haustechniker – für ein Projekt zu einem gemeinsamen Anbieter für sämtliche Planungsleistungen zusammen. Das geschieht mit zwei Verträgen: Zunächst verbinden sich die Planer durch einen Arbeitsgemeinschaftsvertrag. In ihm werden insbesondere die Einzelleistungen und die Verteilung des Honorars geregelt. Dann beauftragt der Bauherr die ARGE mit allen notwendigen Planungsleistungen. Mit diesem Planungsvertrag werden sämtliche ARGE-Mitglieder gegenüber dem Bauherrn für die gesamte Leistung verpflichtet.

Man liest häufig, die ARGE sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese Aussage ist so nicht zutreffend. Das Konstrukt ARGE ist selbst gar keine Rechtsform. Grundsätzlich wählen die Partner die Rechtsform selbst. In der Praxis am häufigsten anzutreffen ist aber in der Tat der Zusammenschluss in der Form der GbR. Dies ist die Form mit dem geringsten Gründungs- und Verwaltungsaufwand. Zudem kommt sie automatisch dann zur Anwendung, wenn die Mitglieder der ARGE keine andere Rechtsform wählen.

Gerade für die Realisierung umfangreicher Großprojekte sollte man jedoch die Möglichkeit der Gründung einer ARGE als GmbH in Betracht ziehen, da dies die Haftung jedes Einzelnen begrenzt. Dieses Unternehmen kann nach dem Projekt erhalten bleiben und als „Vorrats-GmbH“ für weitere gemeinsame Vorhaben dienen.

Vertrag 1: Gründung der ARGE

Die projektbezogene Kooperation zwischen den Planern erfolgt durch den Abschluss eines Arbeitsgemeinschaftsvertrags. Dabei handelt es sich um einen Gesellschaftsvertrag, mit dem eine „Gesellschaft auf Zeit“ gegründet wird. Obwohl für die Bildung einer ARGE-GbR keine Formvorschriften bestehen, wird aus Klarstellungs- und Beweisgründen der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsgemeinschaftsvertrages empfohlen. Nötige und empfehlenswerte Inhalte stehen im Kasten.

Eine Auflösung der ARGE während der Projektrealisierung ist faktisch kaum möglich, da durch den geschlossenen Planungsvertrag mit dem Bauherrn sämtliche ARGE-Partner diesem gegenüber verpflichtet bleiben. Ein Ausscheiden eines ARGE-Partners wäre demzufolge nur mit Zustimmung des Bauherrn möglich. Daher sollten sich die ARGE-Partner bereits im Vorfeld des Zusammenschlusses sehr deutlich klarmachen, ob eine Zusammenarbeit mit den anderen Partnern überhaupt funktionieren kann. Eventuelle Meinungsverschiedenheiten im Vorfeld sollten bereits zu diesem Zeitpunkt ausgeräumt werden. Eine Orientierungshilfe zur Gestaltung eines ARGE-Vertrages ist auf Anfrage bei Ihrer Architektenkammer erhältlich.

Vertrag 2: Planungsleistungen

Im Anschluss an den Arbeitsgemeinschaftsvertrag schließt die ARGE mit dem Bauherrn einen Vertrag über die Erbringung bestimmter Architekten- und Ingenieurleistungen. Damit werden die ARGE – und sofern es sich um eine GbR handelt, auch die einzelnen Partner – zur Erbringung der vereinbarten Leistungen verpflichtet. Aus Praktikabilitätsgründen ist die Benennung eines Ansprechpartners gegenüber dem Bauherrn empfehlenswert. Das Honorar lässt sich über die einzelnen beauftragten Leistungsbereiche nach der HOAI ermitteln. Im Übrigen stellt der Vertrag einen normalen Planungsvertrag mit den üblichen Inhalten dar. Auch zur Erstellung von Architektenverträgen sind bei den Kammern Orientierungshilfen erhältlich.

Jeder haftet für alles

Bei der Erbringung von Planungsleistungen wird die ARGE als Vertragspartner des Bauherrn zur mangelfreien Erbringung aller vertraglichen Leistungen verpflichtet. Haftungsrechtliche Verantwortlichkeiten für bestimmte Leistungen werden nicht auf einzelne ARGE-Partner aufgeteilt. Wird die ARGE als GbR betrieben, so haften neben ihr zusätzlich alle Partner persönlich für die gesamte Leistungserbringung.

Diese gesamtschuldnerische Verantwortung bedeutet, dass der Bauherr sich im Falle eines Mangels an einen beliebigen Mitgesellschafter der ARGE wenden und von diesem den vollen Schadensersatz fordern kann. Der Bauherr hat insofern ein freies Wahlrecht. Es ist kein Verweis darauf möglich, dass ein anderes Mitglied der ARGE den Mangel verursacht habe – auch nicht durch eine entsprechende Regelung im Vertrag: Im Verhältnis zum Bauherrn ist es rechtlich unzulässig, die Gesamtverantwortlichkeit jedes Partners für alle Leistungsbereiche einzuschränken.

Wurde ein ARGE-Mitglied in Anspruch genommen, so stellt sich die Frage nach einem Ausgleich im Innenverhältnis. Hierzu können entsprechende Regelungen in den ARGE-Vertrag aufgenommen werden. Derartige Vertragsklauseln sollten vorsehen, dass der Partner, der den Schaden verursacht hat, den übrigen Mitgesellschaftern zum Ausgleich verpflichtet ist, soweit der Schaden nicht von der Berufshaftpflichtversicherung getragen wird.

Was die Versicherung trägt

Es ist zudem darauf zu achten, dass jeder ARGE-Partner über eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung verfügt. Die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften ist grundsätzlich mitversichert. In diesem Zusammenhang sind aber die Bedingungen aus den Versicherungsverträgen der einzelnen Partner zu beachten. Werden die verschiedenen Planungsaufgaben im Innenverhältnis bestimmten Partnern zugeordnet, besteht Versicherungsschutz in der Regel nur von der Versicherung des ARGE-Partners, welcher die betreffenden Aufgaben wahrzunehmen hatte.

Dabei stehen die Deckungssummen in voller Höhe zur Verfügung. Wird keine Aufteilung in Leistungsbereiche unter den ARGE-Partnern vereinbart, ermäßigen sich die Ersatzpflicht des Versicherers und die vereinbarte Versicherungssumme auf die Quote, welche der prozentualen Beteiligung des Versicherungsnehmers an der Arbeitsgemeinschaft entspricht. Wurde eine Beteiligungsquote nicht ausdrücklich vereinbart, wird der Versicherer entsprechend der Anzahl der ARGE-Partner nur den verhältnismäßigen Anteil der Versicherungssumme zur Verfügung stellen.

Durch diese nur anteilige Deckung können Schwierigkeiten für denjenigen Partner entstehen, der aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung vom Auftraggeber auf den vollen Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Um diesbezüglich für Klarheit zu sorgen und mögliche Lücken im Deckungsschutz zu vermeiden, empfiehlt sich eine Rücksprache mit den einzelnen Versicherern. Einige Versicherer verzichten auch schon auf die Quotendeckung und bieten einen vollen Deckungsschutz für die bei ihnen versicherten ARGE-Partner.

Insbesondere bei großen Baumaßnahmen sollte gegebenenfalls eine gemeinsame projektbezogene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Hierdurch entfallen die Probleme, die sich aus dem Zusammenspiel mehrerer Versicherer ergeben könnten – zum Beispiel auch wegen unterschiedlicher Versicherungsbedingungen. Tabulator für rechte Ausrichtungn

Markus Prause ist Rechtsanwalt in Hannover und Justitiar der AK Niedersachsen


Was gehört in den ARGE-Vertrag?

Benennung der ARGE-Partner/ Sitz der ARGE

– Zweck der ARGE: Dies ist üblicherweise die gemeinschaftliche Erbringung sämtlicher Architekten- und Ingenieurleistungen für eine bestimmte Baumaßnahme.

– Leistungsverteilung: Besonderes Augenmerk ist auf die Leistungsverteilung zu legen. Unter diesem Punkt ist zu regeln, welcher ARGE-Partner welche Architekten- beziehungsweise Fachingenieurleistungen erbringen soll. Über die Leistungsverteilung erfolgt die erforderliche Koordination im Innenverhältnis. Zudem lässt sich später bei Leistungsdefiziten besser feststellen, welcher Partner die Arbeit hätte machen müssen.

– Abrechnung und Vergütungsverteilung: Die Vergütung kann beispielsweise über einen prozentualen Verteilungsschlüssel oder durch eine direkte Zuweisung der HOAI-Vergütungen auf einzelne ARGE-Partner aufgeteilt werden.

– Stimmanteile

– Vertretung der ARGE: Unter dem Punkt „Vertretung“ ist zu regeln, welche Partner in welchem Umfang für die ARGE handeln dürfen.

– Haftungsverteilung im Innenverhältnis/Haftpflichtversicherung (siehe unten)

– Arbeitsmittel

– Erkrankung/ Urlaub: Insbesondere für lang andauernde Projekte empfiehlt sich die Aufnahme einer Klausel für Fälle der Erkrankung eines Partners, gegebenenfalls auch eine Urlaubsregelung.

– Urheberrecht: Handelt es sich bei dem Bauwerk um ein urheberrechtlich geschütztes Werk, so steht das Urheberrecht allen Beteiligten, welche an der Gestaltung mitgewirkt haben, gemeinschaftlich zu (sogenannte Miturheberschaft). Sollte das nicht gewünscht sein,muss der Vertrag die Urheberrechte, beispielsweise Veröffentlichungsrechte, klar regeln.

– Nutzungsrechte: Auch für nicht urheberrechtlich geschützte Werke empfiehlt es sich, mit den Partnern Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an der Planung zu treffen.

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