Von Axel Plankemann
Ein Bauoberrat des Landes Niedersachsen entwarf eine Autobahn-Lärmschutzwand, über die dann ein Fachblatt berichtete. Darauf kopierte ein benachbartes Bundesland die Pläne des niedersächsischen Kollegen in seinen wesentlichen gestalterischen Ansätzen. Der Bundesgerichtshof entschied nun (Urteil vom 12.05.2010 [I ZR 209/07]): Auch wenn alle Nutzungsrechte für die erste Wand beim Dienstherrn des Beamten liegen, kann ein Dritter diesen urheberrechtsfähigen Entwurf nicht einfach kopieren. Der Beamte kann nach § 97 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) Schadensersatz verlangen, also ein angemessenes Architektenhonorar.
Schon die beiden Vorinstanzen und der BGH waren sich einig, dass der fragliche Entwurf eine persönliche geistige Schöpfung darstelle, die die für die Feststellung des Werkes der Baukunst erforderliche Individualität aufweise. Dass dieses Bauwerk in erster Linie einem Gebrauchszweck diene, schließe eine solche urheberrechtliche Bewertung nicht aus. Denn bei Lärmschutzwänden stehe auch das Gestaltungsziel im Vordergrund, sich harmonisch in die Umgebung einzufügen und vom Betrachter nicht als Fremdkörper empfunden zu werden. Daher bestünden erhebliche Anforderungen an die Qualität des gestalterischen Konzepts. Da die von dem anderen Bundesland nach diesem Vorbild errichtete Lärmschutzwand optisch keinen abweichenden Eindruck erwecke, handele es sich bei dieser Kopie trotz einiger geringfügiger Abweichungen um eine unfreie Bearbeitung (§ 23 UrhG), die dem Urheberschutz unterfalle.
Aber war der Beamte aufgrund seines Dienstverhältnisses nicht verpflichtet, seinem Dienstherrn ein uneingeschränktes Nutzungsrecht einzuräumen, einschließlich der Berechtigung, dieses auch anderen Bundesländern „in Unterlizenz“ weitergeben zu dürfen? Dies verneinte der Bundesgerichtshof. Schafft ein Beamter in Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Dienstverhältnis ein Werk, ist er als Schöpfer des Werkes dessen Urheber (§ 7 UrhG). Soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt, sind gemäß § 43 UrhG auch in einem solchen Fall die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes über die Einräumung von Nutzungsrechten (§§ 31ff. UrhG) anzuwenden. Haben die Parteien eines Vertrages nicht ausdrücklich geregelt, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist.
Zwar sei bei einer Anwendung dieses Grundsatzes auf Dienstverhältnisse dem berechtigten Interesse des Dienstherrn an einer rechtlich gesicherten Verwertung der Rechte Rechnung zu tragen. Deshalb sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beamter, der in Erfüllung seiner Dienstpflichten ein Werk geschaffen hat, seinem Dienstherrn stillschweigend sämtliche Nutzungsrechte einräumt. Es könne aber nicht angenommen werden, dass der Beamte seinem Land stillschweigend auch das Recht eingeräumt habe, dieses Nutzungsrecht weiterzugeben.
Der Umfang der Verwertungsbefugnis seines Dienstherrn folge aus den ihm obliegenden oder übertragenen Aufgaben. Die Planung und Errichtung von Lärmschutzwänden an Bundesautobahnen sei eine staatliche Aufgabe, die von den Ländern im Auftrag des Bundes erfüllt wird. Daher könne man nur davon ausgehen, dass der beamtete Urheber seinem Land stillschweigend das ausschließliche Recht eingeräumt hatte, seinen Entwurf für den Bau von Lärmschutzwänden in Niedersachsen zu verwenden. Dagegen könne nicht angenommen werden, er habe darüber hinaus stillschweigend auch das Recht eingeräumt, anderen Bundesländern Unterlizenzen zu gewähren.
Fazit: Ein Beamter, der in Erfüllung seiner Dienstpflichten ein Werk geschaffen hat, räumt seinem Dienstherrn das Recht zur Übertragung des Nutzungsrechtes und zur Gewährung von Unterlizenzen an diesem Werk stillschweigend nur so weit ein, wie der Dienstherr dieses Recht zur Erfüllung eigener Aufgaben benötigt. Die Nutzung durch Dritte ist damit noch nicht gestattet.
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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