Text: Jörg L. Bodden
Die Vereinbarung von BIM-Leistungen stellt besondere Anforderungen an die Vertragsgestaltung. Zum einen ist, da es sich um neue, noch nicht im Markt etablierte Methoden handelt, eine detailliertere Beschreibung der Leistungsinhalte erforderlich, zum anderen erfordern die angestrebten kooperativen Prozesse die Verabredung einheitlicher Standards für alle Projektbeteiligten.
Während die im Markt etablierten und erprobten Leistungsbeschreibungen und Begrifflichkeiten heute für konventionelle Planungsaufträge ausreichen, um in Architektenverträgen den geschuldeten Leistungsumfang zu definieren, kann BIM nicht durch ähnlich simple Verweisungen zum Vertragsgegenstand gemacht werden. Vor allem ist eine pauschale Abrede höchst riskant, nach der der Architekt seine Leistungen unter Einsatz der BIM-Arbeitsmethoden erbringen soll. Nach der Rechtsprechung zum funktionalen Mangelbegriff ist die geschuldete Beschaffenheit einer Leistung, wenn die Parteien diese nicht vertraglich regeln, anhand des Zwecks der Leistung zu bestimmen (BGH-Urteil vom 8.11.2007 – Az. VII ZR 183/05). Somit wären die Anforderungen an den BIM-Einsatz des Architekten nachträglich daran zu messen, welchen Zweck das digitale Gebäudemodell für den Auftraggeber erfüllen soll. Es droht die Übernahme unvorhersehbarer Leistungspflichten.
Rechtssicherheit besteht nur dann, wenn schon bei Vertragsschluss festgelegt wird, welche Daten in welcher Detailtiefe zu welchem Zeitpunkt vorliegen sollen. Dies geschieht zumeist durch die Definition von LODs („Level of Detail“) und LOIs („Level of Information“). Zudem ist zu vereinbaren, welche BIM-Anwendungsfälle zu erbringen sind – etwa automatische Kollisionsprüfungen oder Massenermittlungen. Dabei sollte der Architekt nicht unkritisch Anforderungen des Auftraggebers übernehmen, die er unter Umständen gar nicht erfüllen kann, sondern sich aktiv schon am Prozess der Leistungsbeschreibung beteiligen oder selbst dem Auftraggeber erprobte Leistungsbeschreibungen für Planungsleistungen mit BIM an die Hand geben.
Da BIM eine engere Kooperation zwischen Bauherr, Architekt, Fachplanern und ausführenden Unternehmen anstrebt, sind die vorgenannten Anforderungen für alle Beteiligten einheitlich vorzusehen. Darüber hinaus sind auch übergreifende Bestimmungen zur engeren Verzahnung der Leistungsbeiträge im gesamten Projekt zu implementieren. Dies kann durch Besondere Vertragsbedingungen für den Einsatz von BIM (BIM-BVB) geschehen, in denen für alle Beteiligten übereinstimmende vertragliche Rahmenbedingungen und Prozesse geschaffen werden (beispielhafte BIM-BVB sind veröffentlicht in Eschenbruch/Leupertz, BIM und Recht, Anhang 1).
BIM und HOAI
Die Planungsleistung eines Architekten besteht in erster Linie im Vordenken eines Bauobjekts. Die Darstellung dieses Vordenkens auf Papier, mittels CAD oder als digitales Modell ist stets nur eine Form der Visualisierung. Da das Preisrecht der HOAI jedoch die Planung an sich und ohne Beachtung einer bestimmten Visualisierungsform erfasst, ist die HOAI methodenneutral. Daher ist sie grundsätzlich auch beim Einsatz von BIM anzuwenden.
Für Diskussionsstoff sorgt jedoch die Besondere Leistung aus Leistungsphase 2: „3-D oder 4-D Gebäudemodellbearbeitung (Building Information Modelling BIM)“. Da die Honorare für Besondere Leistungen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 HOAI frei vereinbart werden können, wird teilweise argumentiert, dass auf Grundlage der Besonderen Leistung BIM das Honorar für sämtliche unter Einsatz von BIM erbrachten Planungsleistungen nicht an die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gebunden sei (Kemper, BauR 2016, 426 ff.). Dies trifft jedoch nicht zu.
Die ohne Frage unglückliche Formulierung der Besonderen Leistung beruht auf der mangelnden Erfahrung mit BIM zum Zeitpunkt der HOAI-Novellierung 2013. Ein Ausklammern von BIM aus dem zwingenden Preisrecht war nicht gewollt. § 3 Abs. 2 HOAI stellt klar, dass Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Planungsaufgabe im Allgemeinen erforderlich sind, Grundleistungen sind. Dies gilt unabhängig davon, mit welcher Methodik sie erbracht werden (Eschenbruch/Lechner, in: Eschenbruch/Leupertz, BIM und Recht, Kap. 7, Rn. 25). Die Vergütung von Grundleistungen ist gemäß § 3 Abs. 1 HOAI verbindlich geregelt. Damit ist auch die Honorierung von BIM-Planungsleistungen an die Mindestsätze gebunden.
Die Besondere Leistung BIM sollte es hingegen ermöglichen, dass Architekten der mit dem Einsatz von BIM verbundene Mehraufwand zusätzlich vergütet werden kann, auch über die Höchstsätze der HOAI hinaus. Dies ist angemessen, wenn das Planen mit BIM einen Mehrwert für den Auftraggeber schafft. Zwar ist der Architekt ohnehin zum räumlichen Denken seiner Planung verpflichtet, die Weitergabe einer räumlichen Visualisierung in einem BIM-Modell an den Bauherrn geht aber je nach Anforderungsprofil darüber hinaus. Der höhere Aufwand des digitalen Modellierens soll durch eine weniger störanfällige Bauausführung, präzisere Kosten- und Terminkalkulation sowie Vermeidung von Nachträgen kompensiert werden. Es ist damit evident, dass sich die aus BIM resultierenden Vorteile nicht beim Architekten selbst wieder egalisieren, sondern vor allem dem Bauherrn oder ausführenden Unternehmen zu Gute kommen. Dies rechtfertigt eine Mehrvergütung des Planers, soweit die Arbeitsmethoden Leistungen erfordern, die im Allgemeinen zum Lösen der Planungsaufgabe nicht erforderlich sind.
Neben der Fortgeltung der Honorargrundlagen der HOAI sind auch die etablierten Leistungsbilder und Leistungsphasen weiterhin anwendbar. Ein weit verbreiteter Irrtum besteht darin, dass die Arbeit mit der BIM-Planungsmethode Leistungen quasi automatisch aus späteren Leistungsphasen in frühere vorziehen würde. Vielfach besteht die Sorge, dass beispielsweise bislang erst in der Ausführungsplanung vorgesehene Planungsschritte schon während der Entwurfsplanung vorzunehmen seien, ohne dass dies vergütet würde.
Zunächst ist ein an den traditionellen Leistungsphasen der HOAI orientiertes Arbeiten auch mit der Planungsmethode BIM ohne Weiteres möglich. Auch das digitale Gebäudemodell kann zunächst mit weniger Detaillierungen und Informationen erstellt und später konkretisiert werden. BIM verändert nur die Werkzeuge und Methoden dazu.
Sollten die Anforderungen des Auftraggebers dennoch dahin gehen, dass nach der HOAI erst in späteren Leistungsphasen vorgesehene Grundleistungen früher zu erbringen sind, dann benachteiligt dies den Architekten grundsätzlich nicht. Die HOAI ist reines Preisrecht und schreibt weder den Inhalt noch die Abfolge von Leistungen vor. Werden einzelne Grundleistungen früher erbracht, so sind sie auch früher zu vergüten (§ 8 Abs. 2 HOAI). Der Architekt muss jedoch darauf achten, dass das Vorziehen der Leistungen auch vertraglich abgebildet und bei der Vergütung berücksichtigt wird. Insbesondere bei einer stufenweisen Beauftragung ist dafür zu sorgen, dass die früheren Beauftragungsstufen auskömmlich vergütet werden.
Wer koordiniert BIM-Planungen?
Die Koordination der Planungsprozesse und die Integration der Fachplanungen sind nach dem Konzept der Leistungsbilder der HOAI klassische Grundleistungen des Objektplaners, der als ein Systemlieferant der Planung verstanden wird. BIM greift nur insoweit in diese Prozesse ein, als dass die verschiedenen Planungsdisziplinen enger miteinander verknüpft werden und Abstimmungen durch softwaregestützte, automatisierte Prozesse, etwa zu Kollisions- und Regelprüfungen, unterstützt werden.
Bislang sind BIM-Prozesse vor allem durch Vorbilder aus dem anglo-amerikanischen Raum geprägt, wo der Objektplaner zuweilen nicht zugleich die Gesamtkoordination der Planungsprozesse übernimmt. Daher finden sich auch in Deutschland häufig Ansätze, die im Rahmen des Einsatzes von BIM die Koordination auf andere Projektbeteiligte übertragen wollen. Vor allem sogenannte BIM-Manager sollen bisherige Aufgaben des Architekten übernehmen.
Dies ist aber keine zwingende Folge des Einsatzes von BIM. Im Regelfall verbleiben die Abstimmungsprozesse in der Hand des Architekten. Zwar werden insbesondere Kollisionskontrollen durch technische Lösungen unterstützt; diese können aber nur bestehende Konflikte aufzeigen. Die eigentliche planerische Leistung besteht nachfolgend im Auflösen der Konflikte durch Umplanungen. Hierfür bedarf es auch weiterhin der fachlichen Kompetenz des Architekten.
Ein BIM-Manager, der in erster Linie die Steuerung und Überwachung der BIM-Prozesse übernimmt, kann vielleicht den technischen Prozess der Kollisionskontrolle durchführen, nimmt damit aber noch keine planerische Koordination vor. Wenn ein BIM-Manager hingegen an den Abstimmungsabläufen selbst planerisch beteiligt ist, erbringt er damit Grundleistungen nach der HOAI, sodass auch das Preisrecht einschlägig sein kann.
Im Übrigen sind Leistungen des BIM-Managements Zusatzaufgaben, die der Architekt selbst als Besondere Leistungen anbieten kann. Es handelt sich in erster Linie um Beratungsleistungen. Dazu gehören insbesondere das frühzeitige Entwickeln einer BIM-Strategie und die Beratung des Auftraggebers bei Festlegung der BIM-Anwendungsfälle. Des Weiteren kann der Architekt auch die technische BIM-Administration oder das BIM-Projektcontrolling übernehmen.
Haftung beim BIM-Einsatz
Aufgrund der angestrebten kooperativen und eng verzahnten Planungsabläufe bei BIM-Projekten werden oft zusätzliche Haftungsrisiken befürchtet, vor allem im Hinblick auf eine Ausweitung gesamtschuldnerischer Haftungsfälle. Diese Ängste sind weitgehend unbegründet. Auch bei BIM haftet jeder Beteiligte nur für seine eigenen Leistungen. Gesonderte Haftungsregelungen sind grundsätzlich nicht erforderlich.
Allein eine intensivere Abstimmung mit den Fachplanern führt nicht dazu, dass ein Architekt für Fehler aus den Fachplanungsdisziplinen einzustehen hätte. Die Grenze ist nach wie vor erst dort zu ziehen, wo der Architekt die ihm obliegende eigene Integrations- und Koordinationspflicht verletzt (BGH, Urteil vom 15.5.2013 – Az. VII ZR 257/11).
BIM verspricht vielmehr, Haftungsfälle zu reduzieren, da durch das softwaregestützte Modellieren und die automatisierten Kollisions- und Regelprüfungen Planungsfehler frühzeitig offengelegt und folglich korrigiert werden können, bevor es zu negativen Auswirkungen auf das Bauvorhaben kommt.
Neue Haftungspotenziale ergeben sich aus dem intensiveren Einsatz von Hard- und Software und der Verlagerung von Teilleistungen auf automatisierte Prozesse. Technisch bedingte Fehler führen grundsätzlich nicht zu einer Enthaftung des Architekten. Dieser bleibt auch beim Einsatz von BIM-Methoden verpflichtet, die Ergebnisse aktiv zu kontrollieren, und hat daher für Mängel einzustehen.
Haftungserleichterungen treten jedoch ein, wenn Hard- oder Software vom Auftraggeber vorgegeben werden. Software-bedingte Fehler wird der Auftraggeber zu vertreten haben, wenn er einzusetzende Software-Lösungen zwingend vorschreibt.
Im Übrigen wird der Architekt mögliche Differenzen zwischen Auftraggeber-Anforderungen und technischen Möglichkeiten zu berücksichtigen haben. Vor allem das IFC-Datenformat zum Austausch von Planungsergebnissen kann noch nicht sämtliche Planungsinhalte abbilden. Sagt der Architekt vertraglich jedoch eine Detailtiefe und einen Umfang der Planung zu, die er technisch nicht liefern kann, so haftet er für die daraus resultierenden Nachteile (§ 311a BGB).
BIM-Planungsleistungen sind auch ohne gesonderte Regelungen grundsätzlich von üblichen Berufshaftpflichtversicherungen abgedeckt. Etwas anderes kann jedoch für Besondere Leistungen gelten, die im Rahmen des BIM-Einsatzes erbracht werden. Erbringt der Architekt neuartige Beratungsleistungen, die über gewöhnliche planungsbezogene Tätigkeiten hinausgehen, sollte er vor Vertragsschluss mit seinem Versicherer den Schutz abklären.
Datenhoheit und Datenschutz
Mit der Verbreitung der digitalen Planung und deren Austausch über Projektplattformen oder Cloud Computing steigen auch die Möglichkeiten für Dritte, Planungsergebnisse (unbemerkt) zu kopieren und in anderen Projekten als eigene Leistungen zu verkaufen.
Das Urheberrecht schützt grundsätzlich auch ein digitales Gebäudemodell gegen unberechtigte Vervielfältigungen, so wie schon bislang plastische Modelle oder CAD-Planungen. Dieser Schutz unterliegt jedoch nach wie vor den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG. Danach werden Planungsergebnisse nur dann rechtlich abgesichert, wenn der gestalterische Entwurf Ausdruck einer persönlichen geistigen Schöpfung ist, die über das Alltägliche hinausgeht und einen bestimmten Grad der Individualität erreicht (BGH, Urteil vom 12.5.2010 – Az. I ZR 209/07). Es besteht also keine umfassende Absicherung.
Ein über das Urheberrecht hinaus gehendes schutzfähiges Eigentum am digitalen Gebäudemodell gibt es nicht, da die Rechtsordnung kein Dateneigentum kennt und es folglich auch keinen strafbaren „Datendiebstahl“ gibt.
Soweit der Vertrag nicht etwas anderes festlegt, sollte der Architekt daher zum Schutz gegen ungewollte Vervielfältigungen seine Planungsergebnisse nicht als native, also weiter bearbeitbare Daten an den Auftraggeber oder sonstige Dritte weitergeben. Dies ermöglicht in erster Linie das IFC-Datenformat, das die Planungsinhalte ähnlich wie beim PDF-Format zwar lesbar, aber nicht kopierbar überträgt. Eine weitere Möglichkeit stellt die Implementierung von Hüllenmodellen, einer Art Platzhalter, dar (vgl. Hömme, in: Eschenbruch/ Leupertz, BIM und Recht, Kap. 9, Rn. 34 ff.).
Des Weiteren eröffnet die Vertragsgestaltung Möglichkeiten, die Belange der Planungsbeteiligten zu schützen, etwa durch Vertraulichkeitsvereinbarungen. Beim Vertragsschluss ist weiter darauf zu achten, dass der Architekt keine Klauseln akzeptiert, die ihn umfassend zur Übertragung von sämtlichen Daten sowie von Urheber- und Nutzungsrechten verpflichten. Wenn im Falle von Stufenverträgen oder Kündigungen die Bereitstellung der vollständigen Daten beim Auftraggeber zur weiteren Bearbeitung vorgesehen ist, sollte dies mit einer angemessenen Vergütung verknüpft werden.
Im Übrigen hat jüngst erst der 6. Deutsche Baugerichtstag den Gesetzgeber aufgefordert, den gesetzlichen Schutz geistigen Eigentums für Planungsleistungen zu erweitern.
Dr. Jörg L. Bodden ist Rechtsanwalt bei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB in Düsseldorf.
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