Dr. Hubertus Schulte Beerbühl
Entscheidungen zum Innenbereich
Sozialeinrichtungen dürfen ins reine Wohngebiet
Die Bauherrin betrieb in einem reinen Wohngebiet auf ihrem Grundstück einen ambulanten Pflegedienst. Zu diesem Zweck hatte sie dort ein Büro eingerichtet, von dem aus die Pflegekräfte „außer Haus“ Pflegeleistungen erbrachten. Sie verfügte auf dem Grundstück auch über Ruhe- und Therapieräume, in denen ebenfalls Pflegedienstleistungen erbracht werden konnten. Die Einrichtung diente als „Basisstation“ für die Fachkräfte und als Anlaufstelle für betroffene Personen und Angehörige. In dieser Ausgestaltung handelte es sich um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne der Baunutzungsverordnung. Fraglich war allerdings, ob solche Anlagen auch dann in einem reinen Wohngebiet zulässig sind, wenn sie, wie hier, nicht nur den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen, sondern in nicht unerheblichem Umfang von Bewohnern außerhalb des Gebiets in Anspruch genommen werden. Die Fokussierung auf Bewohner des Gebiets ist zwar für die Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke in einem reinen Wohngebiet rechtliche Zulässigkeitsvoraussetzung. Das gilt jedoch nicht für Anlagen für soziale Zwecke, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss unter Hinweis auf den insoweit eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO hervorhebt. Das Vorhaben war zulässig.
Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 13. Juli 2009
Az.: 4 B 44/09
Keine Befreiung für eine Mobilfunkanlage
Einem Bauherrn war die Befreiung zur Errichtung einer Mobilfunkstation in einem reinen Wohngebiet erteilt worden. Das Oberverwaltungsgericht NRW hatte die Befreiung auf die Klage eines Grundstücksnachbarn aufgehoben, weil die Errichtung der Anlage gegen die Grundzüge der Planung verstoße. Ohne eine Befreiung wäre das Vorhaben ohnehin rechtswidrig gewesen, weil nach der bis 1990 gültigen Fassung des § 14 BauNVO – der Bebauungsplan stammte aus dieser Zeit – fernmeldetechnische Nebenanlagen dort noch nicht zulässig waren. Der Bauherr wandte dagegen ein, eine flächendeckende angemessene und ausreichende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen sei nach der Entwicklung der heutigen Lebensverhältnisse „vernünftigerweise“ im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB geboten; daher sei die Befreiung wegen des „Wohls der Allgemeinheit“ zu erteilen. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, die Ergänzung der Baunutzungsverordnung im Jahr 1990 durch § 14 Abs. 2 Satz 2 ändere nichts daran, dass eine Befreiung nicht ausgesprochen werden dürfe, wenn zwar möglicherweise die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorlägen, jedoch die Grundzüge der Planung berührt würden. Das OVG habe anhand der Besonderheiten der konkreten Planungssituation und der Auswirkungen des zur Befreiung gestellten Vorhabens die gebotene Einzelentscheidung getroffen. Hiervon ausgehend sei es zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass die Anlage zu einer nachhaltig störenden Dominanz und gewerblichen Überformung des reinen Wohngebiets führe und die städtebauliche Situation durch das Hinzutreten der Anlage zulasten des Wohngebietscharakters nicht unerheblich in Bewegung gebracht werde, weshalb dies nicht als noch hinzunehmende Randkorrektur von minderem Gewicht einzustufen sei.
Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 24. September 2009
Az.: 4 B 29/09
Keine Duldungspflicht für Straßenrandfundamente
durch Bebauungsplan
§ 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB berechtigt die Gemeinden, aus städtebaulichen Gründen im Bebauungsplan die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern festzusetzen, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind. In dem entschiedenen Fall hatte die Gemeinde durch eine textliche Festsetzung die Grundeigentümer sinngemäß verpflichtet, auf Privatgrundstücken, die an die geplante Erschließungsstraße angrenzten, die erforderlichen Aufschüttungen oder Abgrabungen zu gestatten. Die notwendigen Fundamente der Straßenrandbegrenzungen seien zu dulden. Die Vorinstanz hatte den Bebauungsplan für unwirksam erklärt, weil eine erforderliche Entschädigungsregelung für die eine Enteignung bewirkende Belastung der Grundstückseigentümer gefehlt habe. Das Bundesverwaltungsgericht stimmte dem nur im Ergebnis zu: Mit einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB erfolge keine Enteignung. Die Nutzungsbeschränkung stelle nur eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums dar; deshalb habe bei der Festsetzung auch keine finanzielle Ausgleichsregelung getroffen werden müssen. Allerdings begründe eine solche Festsetzung für sich genommen noch keine Rechtspflicht des betroffenen Grundstückseigentümers, auf seinem Privatgrundstück die Errichtung und Unterhaltung der Straßenböschung durch den Straßenbaulastträger zu dulden. Hierfür komme, wenn kein anderer Weg gangbar sei, eine planakzessorische Enteignung infrage, wobei sich ein Teilrechtsentzug auf das beschränken müsse, was für die Verwirklichung des Enteignungszwecks erforderlich sei. Mit Blick auf die Gestattungs- und Duldungspflicht erklärte das Bundesverwaltungsgericht die textliche Festsetzung des Bebauungsplans für unwirksam. Er berechtigt die Gemeinde nicht dazu, die Duldung der Aufschüttungen zu verlangen.
Bundesverwaltungsgericht
Urteil vom 27. August 2009
Az.: 4 CN 5/08
Sondergebiet „Wohnen mit Pferden“ ist zulässig
Die Antragstellerin wandte sich gegen einen Bebauungsplan, in dem in der Nachbarschaft zu ihrem landwirtschaftlichen Betrieb ein Sondergebiet „Wohnen mit Pferden“ ausgewiesen war. Das Gericht sah die Ausweisung des Sondergebiets als rechtmäßig an. Als Sondergebiete sind solche Gebiete festzusetzen, die sich von den sonstigen Baugebieten der Baunutzungsverordnung wesentlich unterscheiden. Das war hier für die beabsichtigte Nutzungsart gegeben. Die Haltung von Pferden entspricht nicht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets. Dort kommt allein die Zulassung einer untergeordneten Nebenanlage in Betracht, vor allem in Randlagen des Wohngebiets. Gleichwertiger Bestandteil kann Pferdehaltung in einem allgemeinen Wohngebiet nicht sein. „Wohnen mit Pferden“ ist auch keine Dorfgebietsnutzung. Ein Dorfgebiet sei, so das Gericht, nicht durch „ländliches Ambiente“ definiert, sondern stelle ein „ländliches Mischgebiet“ dar, in dem Landwirtschaftsbetriebe ebenso wie nicht störende Gewerbebetriebe, wie sie traditionell im Dorfgebiet angesiedelt waren, und sonstiges Wohnen zulässig sind. Der Bebauungsplan war auch nicht deshalb fehlerhaft, weil er nicht hinreichend auf die Interessen der Antragstellerin Rücksicht nahm. Diese hatte insoweit geltend gemacht, die Wohnnutzung vertrage sich nicht mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb und sie müsse Betriebseinschränkungen, auch in Form von nicht realisierbaren Erweiterungen, befürchten. Das Gericht folgte dem nicht. Zwar sei das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebserweiterung im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung grundsätzlich abwägungsbeachtlich, aber Anlass zu einer solchen Abwägung bestehe nur, wenn die Erweiterungsabsichten bereits konkret ins Auge gefasst seien oder bei realistischer Betrachtung der vom Landwirt aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahelägen. Da das hier nicht gegeben sei, brauchte die Gemeinde solche möglichen Absichten nicht in ihren Abwägungsvorgang einzustellen; der Plan war gültig.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss vom 22. Dezember 2008
Az.: 1 MN 194/08
Entscheidungen zu Bebauungsplänen
Besonderes Vorkaufsrecht bei städtebaulichen Maßnahmen
Der Gemeinde steht bekanntlich ein allgemeines Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken zu, das sie im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Satzung begründen kann. Daneben kann sie nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, um damit ein sogenanntes besonderes Vorkaufsrecht zu begründen. Städtebauliche Maßnahmen in diesem Sinn sind alle Maßnahmen, die einen städtebaulichen Bezug aufweisen und der Gemeinde dazu dienen, ihre Planvorstellungen zu verwirklichen. Allerdings darf das Vorkaufsrecht nicht der allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundstücken dienen, die zur Umsetzung der vor ihr betriebenen Bauleitplanung ersichtlich nicht benötigt werden. Es genügt auch nicht, lediglich einen städtebaulichen Konflikt zu bezeichnen, ohne zum Ausdruck zu bringen, welche städtebaulichen Maßnahmen zur Lösung in Betracht kommen. Wie konkret die möglichen städtebaulichen Maßnahmen bezeichnet werden müsste, hänge indes maßgebend von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab; einer förmlichen Konkretisierung bedürfe es jedenfalls nicht.
Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 8. September 2009
4 BN 38/09
„Erdrückende Wirkung“ nur bei extremer Enge
In verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreitigkeiten wird immer wieder geltend gemacht, ein Vorhaben sei rücksichtslos, weil es eine zusätzliche Verschattung bewirke und/oder eine erdrückende Wirkung entfalte. In der Regel scheidet allerdings eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes wegen einer Beeinträchtigung der Belichtung, Belüftung oder Besonnung oder wegen entstehender Einsichtsmöglichkeiten aus, wenn die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen eingehalten werden; wegen der unterschiedlichen landesrechtlichen Bestimmungen geht die Rechtsprechung insoweit allerdings teilweise auseinander. Ausgeschlossen ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes allerdings auch bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht. Das Niedersächsische OVG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Annahme einer „erdrückenden Wirkung“ enger seien, als vielfach angenommen. Es müsse ernst genommen werden, wenn für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit von der Rechtsprechung verlangt werde, dass eine „Gefängnishofsituation“ eintrete, der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks sich „erdrückt“ fühle und ihm „die Luft zum Atmen genommen werde“. Nicht schon dann, wenn das angegriffene Vorhaben die Situation verändere und dem Nachbarn (sehr) unbequem sei, könne von „erdrückender Wirkung“ die Rede sein. In dem zu entscheidenden Fall stelle sich das Vorhaben im Vergleich zum Normalfall (inner-)städtischer Bebauung mit geschlossener Bauweise und einer höheren Anzahl an Vollgeschossen eher als unauffällig dar. Einen Anspruch auf Erhalt eines freien Blickes über die niedrigere Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite gebe es weder aus baurechtlichen Vorschriften noch aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss vom 18. Februar 2009
Az.: 1 ME 282/08
Wettbüros sind Vergnügungsstätten
Wettbüros sind nach der Ansicht des Hessischen VGH Vergnügungsstätten, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich um Wettbüros für Pferdewetten oder sonstige Wettbüros handelt. Entscheidend sei, dass es Gewerbebetriebe seien, bei denen die kommerzielle Unterhaltung der Besucher unter Ansprache des Spieltriebes im Vordergrund stehe. Dass die Räume neben dem Wettbüro (knapp 80 Quadratmeter) auch als Café (ca. 37,50 Quadratmeter) genutzt werden sollten, ändere nichts daran, da die Nutzung als Vergnügungsstätte erkennbar einen prägenden und damit bodenrechtlich beachtlichen Bezug habe. Solche Vergnügungsstätten sind in einem unbeplanten Gebiet, das nach der Umgebungsbebauung als Kerngebiet einzustufen ist, grundsätzlich genehmigungsfähig. Allerdings sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO die in den jeweiligen Gebieten zulässigen Vorhaben nicht zulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Das hat das Gericht in dem entschiedenen Fall angenommen. Es seien in der Umgebung schon Vergnügungsstätten vorhanden, und eine weitere Ansiedlung würde zu einer Verfestigung derartiger Nutzungen und zu einer Störung der dort festgestellten kerngebietstypischen Nutzungsarten führen. Es gebe in dem maßgeblichen Bereich ganz überwiegend Nutzungen, denen ein sogenannter „Trading-down-Effect“ beigemessen werden müsse. Das Umfeld sei von ihnen derartig geprägt, dass andere Nutzungsformen bereits in einem Teilbereich des Gebiets weitgehend verdrängt seien. Durch die Zulassung eines weiteren Wettbüros würde sich diese Verdrängung von anderen im Kerngebiet zulässigen Hauptnutzungsarten festigen, weshalb es unzulässig sei.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss vom 25. August 2008
3 UZ 2566/07
Die „nähere Umgebung“ als Maßstab für die Zulässigkeit
Welcher räumliche Bereich ist die „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, deren bauliche Nutzung für die Zulässigkeit eines Vorhabens maßgeblich ist? Nach dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts lässt sie sich nur nach der jeweiligen tatsächlichen städtebaulichen Situation bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Bei der Bestimmung des sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstabes ist zwar grundsätzlich alles in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Jedoch bestimmt nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung deren Charakter; vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind hiernach auch solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt.
Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 16. Juni 2009
Az.: 4 B 50.08
Entscheidungen zum Außenbereich
Geflügelmastanlage zulässig
Das Oberverwaltungsgericht NRW bestätigte eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster, mit der das Rechtsschutzbegehren einer Gemeinde gegen die Genehmigung einer Geflügelmastanlage für 39 900 Hähnchen im Außenbereich abgelehnt worden war. Da das Futter nicht überwiegend auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werde, die zum Betrieb gehörten, , handle es sich zwar nicht um eine nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegierte Tierhaltung. Das Vorhaben sei aber nach Nr. 4 privilegiert, weil es wegen seiner nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle. Maßgeblich sei insofern grundsätzlich, ob es nicht auch im Innenbereich ausgeführt werden könne, d.h. ob es in der konkreten Gemeinde einen beplanten oder unbeplanten Innenbereich gebe, in dem das Vorhaben zugelassen werden könne. Auch wenn die nachteiligen Wirkungen der Massentierhaltung auf die Umgebung so begrenzt werden, wie es dem Stand der Technik entspreche, sei es kaum mit städtebaulichen Grundsätzen in zusammenhängend bebauten Ortslagen oder in einem der nach der Baunutzungsverordnung planbaren allgemeinen Baugebiete in Einklang zu bringen. Weil sich nach den eigenen Angaben der Gemeinde auf ihrem Gebiet kein (beplanter oder unbeplanter) Innenbereich befinde, in dem das Vorhaben verwirklicht werden könne, könne es nur auf die Nutzung des Außenbereichs verwiesen werden.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss vom 2. Juni 2009
Az.: 8 B 572/09
Landhandel nicht privilegiert
Ein Landhandel ist kein landwirtschaftlicher Betrieb und kein Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung und deshalb nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BauGB im Außenbereich zulässig. Wenn er auch diesen privilegierten Betrieben typischerweise zu Gute kommt, so ist er doch nicht darauf angewiesen, seinen Sitz außerhalb der Ortschaften zu haben, sondern kann sein Gewerbe auch in geeigneten Ortslagen ausüben. Seine typische Veräußerungsware sei, so das Hamburgische OVG, nicht derart zeitkritisch, dass sie unmittelbar im Außenbereich zu praktisch jeder Zeit kurzfristig zur Verfügung stehen müsse. Deshalb sei die Verweigerung der Genehmigung rechtmäßig. Die von dem Kläger zudem beantragte Betriebswohnnutzung sei als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht genehmigungsfähig, weil es durch den Widerspruch zur Darstellung in dem Flächennutzungsplan „Fläche für die Landwirtschaft“ öffentliche Belange beeinträchtigte. Dass der räumliche Umfang der beabsichtigten Nutzung gering sei, so das Gericht, sei unbeachtlich. Zudem lasse es die Verfestigung einer vorhandenen Splittersiedlung befürchten: Mit der Wohnnutzung wäre eigenständige und neuartige Anforderungen an die Umgebung geschaffen worden und damit gegenüber den in der Umgebung vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben andere baurechtliche Qualität. Dies sei aber, , im Außenbereich grundsätzlich unerwünscht – mit der hier nicht gegebenen Ausnahme eines engen Zusammenhangs mit privilegierten Nutzungen. Die dem Vorhaben entgegen stehenden öffentlichen Belange seien auch nicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB überwindbar. Diese Bestimmung erleichtere nur die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist; die Umwandlung des vorhandenen Gewerbebetriebes zu einem Landhandel stelle indes eine Nutzungsänderung dar. Diese falle nicht unter die Bestimmung.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil vom 11. Juni 2008
Az.: 2 Bf 89/02
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