Von Bernhard Stolz
Der rechtliche Rahmen für Planungswettbewerbe und Vergabeverfahren wird aktuell von einer enormen Regelungsdichte und der Möglichkeit gerichtlicher Nachprüfungsverfahren geprägt. Dennoch stellen sich – bedingt durch neue Wege in der Verfahrensgestaltung – immer wieder Rechtsfragen, die es neu zu diskutieren gilt.
eVergabe: keine Pflicht zur komplett elektronischen Abwicklung
An die verpflichtend durchzuführende elektronische Abwicklung von EU-weiten Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge hat sich die Praxis inzwischen weitgehend gewöhnt. Diskutiert wird nach wie vor, ob auch Planungswettbewerbe nach der RPW vollständig elektronisch abgewickelt, insbesondere auch die nach der Auslobung geforderten Pläne für das Preisgericht elektronisch und verschlüsselt eingereicht werden müssen. Abgesehen davon, dass dies nur von wenigen Plattformbetreibern angeboten wird, entspricht dies weder dem Interesse der Auftraggeber, die die Pläne auf eigene Kosten unter Verwendung geeigneter Geräte ausdrucken lassen müssten, noch wäre dies im Sinne der Wettbewerbsteilnehmer, die damit keinen Einfluss mehr auf die Qualität und Farbgestaltung der Pläne hätten, die dem Preisgericht präsentiert werden (Ausdrucke sind weiterhin üblich, um die Wettbewerbsbeiträge in angemessener Detailschärfe nebeneinander vergleichen zu können).
Aus der Vergabeverordnung (VgV) ergibt sich keine Verpflichtung zur elektronischen Durchführung von Planungswettbewerben, weil die für Wettbewerbe geltenden Regelungen (§ 69 Abs. 2 VgV) nicht auf die Vorschriften zur elektronischen Kommunikation (§§ 9 – 12 VgV) im allgemeinen Teil verweisen. Die VgV muss aber europarechtskonform im Sinne der EU-Richtlinie 24/2014/EU ausgelegt werden, nach der für Wettbewerbe ausdrücklich auch die Vorschriften zur elektronischen Kommunikation gelten (Art. 80 RL). Aus diesem Grund wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass Planungswettbewerbe generell elektronisch abzuwickeln seien. Dabei wird jedoch übersehen, dass sich aus dem 52. Erwägungsgrund zu besagter Richtlinie ergibt, dass die Mitgliedstaaten verpflichtend nur die elektronische Übermittlung von Teilnahmeanträgen und Angeboten vorschreiben müssen. Damit ergibt sich auch aus dem Europarecht keine Verpflichtung, die elektronische Übermittlung auch für die eigentlichen Wettbewerbsbeiträge vorzuschreiben.
Daraus folgt für einen nicht offenen Realisierungswettbewerb: Nach den Grundsätzen der elektronischen Kommunikation müssen die Auslobungsunterlagen (bei gesetzten Teilnehmern nur der Verfahrensteil) elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Für die Einreichung der Teilnahmeanträge ist die elektronische Übermittlung über eine Vergabeplattform vorzusehen. Ferner muss die allgemeine Bieterkommunikation (Fragen/Antworten) elektronisch geführt werden. Die Einreichung der Wettbewerbsarbeiten muss indes nicht elektronisch, sondern kann auch auf dem Postweg erfolgen.
Ferner besteht nach § 9 Abs. 2 VgV die Möglichkeit hinreichend dokumentierter mündlicher Kommunikation, zum Beispiel im Rahmen eines Kolloquiums oder der Preisgerichtssitzung. Das an den Wettbewerb anschließende Verhandlungsverfahren mit den Preisträgern unterliegt wiederum vollständig den Vorgaben zur elektronischen Kommunikation und Übermittlung der Angebote, allerdings ebenfalls mit der Möglichkeit nach § 9 Abs. 2 VgV, über die Angebote mündlich zu verhandeln.
Öffentlichkeitsbeteiligung in Vergabeverfahren mit Lösungsvorschlägen
In den letzten Jahren ist der verstärkte Wunsch nach der Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Planung öffentlicher Projekte zu registrieren. Die RPW sieht die Einbeziehung der Öffentlichkeit bei Planungswettbewerben an mehreren Stellen ausdrücklich vor (bei der Bestimmung der Wettbewerbsziele und der öffentlichen Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge). Anders ist dies aber bei Vergabeverfahren mit Lösungsvorschlägen nach der VgV (§ 76 Abs. 2 VgV). Unabhängig davon, ob für ein solches Verfahren das Verhandlungsverfahren oder der wettbewerbliche Dialog gewählt wird, gelten hier der strenge Vertraulichkeitsgrundsatz (§ 5 VgV) und das Gebot des Geheimwettbewerbs. Dies schließt eine Veröffentlichung der Lösungsvorschläge während des Verfahrens generell aus und auch nach Abschluss des Verfahrens können diese nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Bieter veröffentlicht werden, wozu diese nicht verpflichtet werden können.
Inhaltliche Verbesserung statt nur Honorarverhandlung
Diskutiert wurde zuletzt häufiger auch die Frage, ob öffentliche Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren berechtigt sind, nur das Honorar als Verhandlungsgegenstand zu betrachten und den Bietern damit Verbesserungen bei den Qualitäts- und Leistungskriterien zu versagen. Diese Vorgehensweise widerspricht augenscheinlich den Vorgaben des § 17 Abs. 10 VgV, wonach der öffentliche Auftraggeber in einem Verhandlungsverfahren mit dem Ziel verhandelt, „die Angebote inhaltlich zu verbessern“. Betrachtet man diese Regelung im Zusammenhang mit den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen, wonach ein Vergabeverfahren transparent und fair zu gestalten ist, kann daraus nur geschlossen werden, dass der öffentliche Auftraggeber im Rahmen einer Angebotsverhandlung den gesamten aus seiner Sicht bestehenden Verbesserungsbedarf gegenüber dem Bieter offenlegen muss. Zudem muss er folgerichtig den Bietern die Möglichkeit geben, im finalen Angebot Verbesserungen hinsichtlich des gesamten Angebotsinhalts und aller Zuschlagskriterien vorzunehmen. Schließlich stellt sich generell die (rhetorische) Frage, welches Interesse ein öffentlicher Auftraggeber daran haben könnte, die Verbesserung von Angeboten partiell auszuschließen.
Bernhard Stolz ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Kraus, Sienz & Partner in München
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: