Text: Axel Plankemann
Vor allem bei privaten Bauherren kommt es vor, dass zu Beginn der Planungen Unklarheiten über die zu erwartenden Baukosten bestehen und nicht aufgeklärt werden. Gerade Auftraggeber eines selbst genutzten Wohnhauses lassen sich häufig zunächst von den Vorstellungen leiten, wie sie ihr Eigenheim gestalten möchten. Detailliertere Kostenüberlegungen wird der Architekt dann spätestens mit den anfallenden Kostenermittlungen im Verlauf der Planung liefern. Dies ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs allerdings zu spät. (VII ZR 230/11 vom 21.3.2013).
Im zugrunde liegenden Fall hatte der private Bauherr einen Architekten mit der Planung für sein Wohnhaus beauftragt. Streitig blieb die Frage, welche Vorgaben zu den Baukosten gemacht worden waren. Der vom Bauherrn unterzeichnete Bauantrag wies Baukosten von insgesamt etwa. 1.500.000 DM aus. Schließlich sah der Bauherr von einer Realisierung des Bauvorhabens ab, weil nach seinen Erklärungen eine Kostenobergrenze von 800.000 DM festgelegt worden war.
Der BGH wies darauf hin, dass Architektenleistungen, die den vertraglichen Vorgaben nicht entsprechen, für den Bauherrn grundsätzlich nutzlos und nicht vergütungspflichtig sind. Die Planungsleistungen eines Architekten entsprechen nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie im Ergebnis ein Bauwerk vorsehen, dessen Realisierung deutlich höhere Herstellungskosten erfordere, als die Parteien des Architektenvertrages vereinbart haben. Der Architekt sei verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten seines Bauwerks zu beachten. Dabei müsse er nicht nur präzise vereinbarte Baukosten-Obergrenzen einhalten. Vielmehr sei er auch verpflichtet, ihm bekannte Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.
Solche Kostenvorstellungen, so der BGH, muss der Architekt grundsätzlich aktiv im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Denn der Architekt ist bereits in diesem Planungsstadium gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für das Bauvorhaben abzustecken. Insbesondere beim privaten Auftraggeber sind die wirtschaftlichen Verhältnisse oft unklar; zudem kann er regelmäßig nur schlecht die Kosten einschätzen. Gerade dort ist laut BGH eine gründliche Aufklärung durch den Architekten notwendig. Dieser verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er die Planung eines Wohnhauses übernimmt, ohne dass er verlässliche Kenntnisse der Kosten hat und ohne dass er Rücksicht auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten seines privaten Bauherrn nimmt.
Im Übrigen hält es das Gericht für nicht zwingend notwendig, dass der Auftraggeber dem Architekten gegenüber selbst eine präzise Kostenvorstellung äußert. Nach den Umständen des Einzelfalles soll es auch ausreichen, dass solche Vorstellungen von Familienmitgliedern geäußert werden, die an einem vorbereitenden Gespräch mit dem Architekten beteiligt sind, und dass der Bauherr nicht widerspricht oder dass er anderweitig sein Einverständnis damit zum Ausdruck bringt.
Kostenvorstellungen sind verbindlich
Die Kostenvorstellungen, die im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber geäußert werden, sind nach Auffassung des Gerichtes verbindlich und bestimmen – vorbehaltlich späterer Änderungen – grundsätzlich den Planungsrahmen, sofern der Architekt ihnen nicht seinerseits widerspricht. Jedenfalls seien sie beachtlich, wenn der Architekt erklärt, das „schaffe er schon“.
Aus dem Wesen des Architektenvertrages folge zwar, dass nicht alle Planungsvorgaben bereits beim Abschluss des Vertrages feststehen, sondern sich manche erst im Laufe des Planungsprozesses entwickeln und dann zum Vertragsinhalt werden. Dazu gehören auch die Kostenvorstellungen des Auftraggebers, soweit sie nicht bereits beim Abschluss des Vertrages verbindlich festgelegt wurden. Solche Kostenvorstellungen sind auch dann beachtlich, wenn sie nur Angaben zur ungefähren Bausumme enthalten – ohne eine präzise bezifferte Bausummenobergrenze.
Derartige Angaben stecken im Regelfall einen Kostenrahmen ab, den der Auftraggeber nicht überschreiten will. Ob eine etwaige „Circa-Angabe“ dem Architekten einen Planungsspielraum auch im Hinblick auf die voraussichtlichen Kosten eröffnet, hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls ist der Architekt gehalten, im Laufe des Planungsprozesses Zweifel über das fortbestehende Einverständnis des Bauherrn zur Kostenentwicklung auszuräumen.
Widerspricht der Bauherr im weiteren Verlauf dem Ergebnis der Kostenschätzung oder der Kostenberechnung nicht, so liefert dies allerdings möglicherweise ein Indiz für sein Einverständnis mit der Änderung der Kostenvorstellungen. Dagegen ist nach Auffassung des Gerichts allein die Unterzeichnung eines Bauantrages kein ausreichendes Indiz dafür, dass sich Architekt und Bauherr abweichend von einer ursprünglichen Kostenerwartung auf einen deutlich veränderten Kostenrahmen geeinigt hätten.
Diese Rechtsprechung hat im Übrigen eine Parallele in der neu gefassten HOAI 2013. Beim Leistungsbild Gebäude und Innenräume (Anlage 10.1) findet sich in der Leistungsphase 2, bezogen auf die Kostenschätzung nach DIN 276, die neue Grundleistung „Vergleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen“. Der vom Auftraggeber festzulegende Kostenrahmen dient als Grundlage für die Entscheidung über die Bedarfsplanung sowie für grundsätzliche Wirtschaftlichkeits- und Finanzierungsüberlegungen (DIN 276 Teil 1, Ziff. 3.4.1). Die neue Grundleistung setzt damit zwangsläufig als Vergleichsmaßstab voraus, dass zuvor der finanzielle Rahmen geklärt wird. Architekten kann daher nur empfohlen werden, auch bei der Planung von Wohngebäuden für private Auftraggeber bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung gemeinsam mit dem Bauherrn den Kostenrahmen abzuklären.
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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