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Gabionen und Städtebau-Harmonie

Zwei aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Bauplanungsrecht

30.10.20153 Min. Kommentar schreiben

Text: Hubertus Schulte Beerbühl

Ist eine 35 Meter lange und knapp zwei Meter hohe, mit Steinen gefüllte Metallkonstruktion, eine Gabionenwand, im allgemeinen oder reinen Wohngebiet zulässig? Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 2.3.2015, Az.: 1 ZB 13.1336) hat dies mit Blick auf den Standort im rückwärtigen Bereich von Wohnhäusern verneint, weil es dafür kein Vorbild in der näheren Umgebung gebe. Die Wand sei keine zulässige Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 Baunutzungsverordnung. Denn sie widerspreche der Eigenart des Wohngebiets, in dem im Bereich der Hausgärten lediglich etwa einen Meter hohe Einfriedigungen vorhanden seien, die die optische Durchlässigkeit des Bereichs nicht beeinträchtigten. Die wie eine Mauer wirkenden Gabionen würden die Siedlungsweise der näheren Umgebung erheblich verändern und seien mit der offenen Struktur der von der Erschließungsstraße abgewandten Grundstückbereiche nicht zu vereinbaren. Soweit vom Kläger in Bezug genommene Einfriedungen oder Mauern ähnliche Maße wie die fragliche Wand hätten, seien diese nicht vergleichbar. Sie seien entweder an Straßen errichtet, nicht mit den Gabionen zu vergleichen oder lägen außerhalb der das Grundstück des Klägers prägenden näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 und 1 BauGB.

Rahmen sprengen, Harmonie erhalten

Der Bau eines Einfamilienhauses überschritt den Rahmen, der durch die Umgebungs-Bebauung gebildet wurde. Gewöhnlich ist ein solches Vorhaben nach § 34 BauGB unzulässig. In diesem Fall werde aber die „städtebauliche Harmonie“ nicht beeinträchtigt – es würden keine städtebaulichen Spannungen begründet oder vorhandene Spannungen verstärkt, urteilte das Verwaltungsgericht Münster (8.5.2014 Az.: 2 K 2093/12). Diese Ausnahme ist gesetzlich nicht geregelt, aber in der Rechtsprechung anerkannt. Sie betrifft ganz wesentlich den Fall der Hinterlandbebauung und damit das Merkmal „Grundfläche, die überbaut werden soll“. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob im Hintergelände Bebauung auf den Grundstücken tatsächlich vorhanden ist und ob die Zulassung des Bauvorhabens nicht zu weiteren bodenrechtlichen Spannungen führen würde. Das wäre der Fall, wenn das Überschreiten des Rahmens bei Zulassung des Vorhabens die Gefahr nach sich zieht, dass der vorhandene Bauzustand in negativer Hinsicht städtebaulich in Bewegung und damit in Unordnung gerät. Das Gericht hatte in dem entschiedenen Fall die Erkenntnis gewonnen, dass es sich bei dem Vorhabengrundstück nach Größe und Zuschnitt um das einzige Grundstück in dem Umgebungsbereich handelte, auf dem ein solches Bauvorhaben verwirklicht werden könnte. Aufgrund der bestehenden Eigentumsverhältnisse und vorhandenen Baulichkeiten seien die Möglichkeiten für vergleichbare Vorhaben auf anderen andere Grundstücken als eher unreaistisch einzustufen. Es ist aber zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung auf besondere Fallkonstellationen beschränkt bleiben muss.

Dr. Hubertus Schulte Beerbühl ist Richter am Verwaltungsgericht Münster.

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