Text: Erik Budiner, Axel Plankemann
§ 11 der neuen HOAI stellt wie die Vorgängerfassung preisrechtliche Regelungen für den Fall auf, dass innerhalb eines Vertrages die Planung für mehrere Objekte in Auftrag gegeben wird. Die Definition, was unter einem Objekt zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 1 HOAI. Sind unterschiedliche Objekte (z. B. Gebäude und Ingenieurbauwerke) Auftragsgegenstand, so stellt sich die Anwendung des § 11 Abs. 1 unproblematisch dar. Jedes unterschiedliche Objekt ist nach Maßgabe der jeweils zugeordneten Honorarparameter aus den jeweiligen Leistungsbildern abzurechnen. Problematischer wird der Fall der Honorarberechnung, wenn es sich um mehrere Objekte aus einem Leistungsbild oder Fachteil (zum Beispiel: Gebäude) handelt.
Der novellierte § 11 geht von unterschiedlichen Fallgestaltungen und daraus folgenden unterschiedlichen Honorarberechnungen aus:
– Es handelt sich um gänzlich unterschiedliche, konstruktiv nicht verbundene Gebäude: Honorararberechnung nach § 11 Abs. 1.
– Es handelt sich um vergleichbare Gebäude mit weitgehend gleichen Planungsbedingungen und gleichen Honorarzonen, die im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang als Teil einer Gesamtmaßnahme errichtet werden: Honorarberechnung nach § 11 Abs. 2.
– Es handelt sich um im Wesentlichen gleichen Gebäude, Typenplanungen oder Serienbauten: Honorarberechnung nach § 11 Abs. 3.
Bereits dieser knappe Überblick macht deutlich, dass die objektiv richtige Zuordnung für die Honorararberechnung von entscheidender Bedeutung ist, zumal sich auch bei den absoluten Honorarbeträgen erhebliche Unterschiede ergeben. Um Honorarnachteile zu vermeiden, müssen also bereits bei Vertragsabschluss und Planungsbeginn hier die Weichen richtig gestellt werden. Hiervon ausgehend, empfiehlt sich eine Prüfung folgender Inhalte:
– Umfasst ein Auftrag mehrere unterschiedliche Objekte (z. B. ein Gebäude, ein Ingenieurbauwerk und eine Verkehrsanlage), so ist eindeutig, dass die Honorare jeweils separat nach dem jeweiligen Leistungsbild und den dort genannten Honorarparametern berechnet sind. Die so objektweise ermittelten Einzelhonorare ergeben addiert das Gesamthonorar. Sonderregelungen existieren für Innenräume und Freianlagen (§ 37).
– Umfasst der Auftrag mehrere Objekte, bezogen auf den gleichen Objektbegriff (z.B. drei Gebäude), so muss differenziert werden, ob es sich um konstruktiv und gestalterisch unterschiedliche Gebäude handelt (Grundsatzregelung nach Abs. 1) oder um „vergleichbare Gebäude“ (Honararregelungen Abs. 2) oder um „im Wesentlichen gleiche Gebäude“ handelt (Honorarregelungen Abs. 3).
Der HOAI-Text selbst, aber auch die amtliche Begründung geben für die Anwendung der einzelnen Honorarberechnungen keine griffige Auslegungshilfe. Wie genau zwischen den Anwendungsfällen abzugrenzen ist, insbesondere jenen in Abs. 2 und Abs. 3, die im Ergebnis zu deutlich unterschiedlichen Honoraren führen, bleibt letztlich unklar. (Rechenbeispiele zur Honorarermittlung finden Sie hier) Schon jetzt ist zu befürchten, dass sich hier ein weites Betätigungsfeld für Honoarargutachter auftun wird.
Bei den Fallgestaltungen nach Abs. 2 und Abs. 3 wird für beide zunächst vorausgesetzt, dass es sich um eine Gesamtmaßnahme mit örtlichem und zeitlichem Zusammenhang handelt. Bei genauer Betrachtung ist festzustellen, dass Abs. 3 jedoch präzisere Voraussetzungen schafft. Er setzt voraus, dass die Gebäude unter „gleichen baulichen Verhältnissen“ geplant und errichtet werden, wohingegen bei Abs. 2 lediglich von „weitgehend gleichartigen Planungsbedingungen“ die Rede ist.
Diese in der Formulierung feststellbare sprachliche Differenzierung wird bei dem Versuch, sie auf die Praxis zu übertragen, zweifellos Schwierigkeiten und Streit auslösen. Vermeiden könnte dies eine Lösung, die tatsächlich nur bei absolut gleichen baulichen Verhältnissen (was immer darunter zu verstehen sein mag) den Anwendungsbereich von Abs. 3 eröffnet, ihn aber auch darauf beschränkt. Sind Abweichungen feststellbar, werden die Planungsbedingungen nur als „weitgehend gleichartig“ angesehen werden können, was dann zu einer Anwendung des Abs.2 führen muss.
Als weiteres Unterscheidungsmerkmal dienen die Begriffe „im Wesentlichen gleiche Gebäude“ (Abs. 3) und „vergleichbare Gebäude“ (Abs. 2). Der Anwendungsbereich des Abs. 3 ist eindeutig dann eröffnet, wenn es sich um echte Wiederholungen (auch in Form von Serien- oder Typenbauten) handelt, wenn also tatsächlich identische oder zumindest spiegelgleiche Gebäude geplant und errichtet werden. Ab welchem Abweichungsgrad allerdings eine Planung als nicht mehr „im Wesentlichen gleich“, sondern nur mehr als „vergleichbar“ eingestuft werden kann, bleibt zunächst offen. Um nicht heillose Verwirrung und unsägliche Streitfälle zu provozieren, muss die Anwendung des Abs. 3 tatsächlich auf gleiche Objekte beschränkt werden. Die durch das Wort „wesentlich“ scheinbar angestrebte Aufweitung kann sich nur auf marginale Abweichungen beziehen. Würde der Begriff hier zu weit ausgelegt werden, wäre damit gleichzeitig der Anwendungsbereich des Abs. 2 für „vergleichbare“ Objekte in Fragen gestellt bzw. obsolet.
Die Anwendungsproblematik wurde im Rahmen der Novelle 2013 unnötig verschärft – insbesondere durch den Austausch des Begriffs „gleichartig“ durch „vergleichbar“ in Abs. 2. Hier haben die Verfasser offensichtlich übersehen, dass grundsätzlich jedes Gebäude mit einem anderen verglichen werden kann. Es kommt aber nicht auf den Vorgang, sondern auf das Ergebnis des Vergleichs an. Der Begriff „gleichartig“, der tatsächlich ein Ergebnis bezeichnet, war in diesem Zusammenhang sicher präziser und damit anwendungsorientierter.
Empfehlung: Gleichartigkeit prüfen
Architekten und Bauherren sollten daher bei der Beauftragung von mehreren Objekten zunächst prüfen, ob die engen Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen. Die Honorarberechnung erfolgt dann nach den bekannten prozentualen Reduzierungen für die Wiederholungen, die ab der achten Wiederholung zu einer Reduzierung des Honorars in den Leistungsphasen 1 bis 6 von tatsächlich 90 Prozent führen.
Ist die Anwendung des Abs. 3 ausgeschlossen, muss festgestellt werden, ob es sich demnach um vergleichbare (gemeint sind: gleichartige) Gebäude handelt. Dann hat die Honorarberechnung nach Abs. 2 so zu erfolgen, dass die anrechenbaren Kosten der einzelnen Gebäude addiert werden und diese Summe den Gesamtwert der anrechenbaren Kosten bildet, für den der Tabellenwert abgelesen wird. Ist auch zu verneinen, dass es sich um vergleichbare Gebäude handelt, bleibt es bei der als Grundsatz geltenden getrennten Abrechnung der jeweils einzelnen Gebäude nach § 11 Abs. 1.
Innenräume und Freianlagen als Sonderfälle
Erstaunlicherweise gelten § 11 Abs. 2 und 3 nicht für Freianlagen und Innenräume. Diese Objekte sind ausdrücklich dem Anwendungsbereich entzogen. Allerdings ergibt sich bei der gleichzeitigen Beauftragung von Gebäuden und Innenräumen an den gleichen Auftragnehmer die Besonderheit, dass auch dann die anrechenbaren Kosten von Gebäude und Innenraum zusammenzufassen sind. Gleiches gilt, wenn die getrennte Berechnung der Honorare für Freianlagen weniger als 7.500 Euro anrechenbare Kosten ergeben würde (§ 37 HOAI).
Erik Budiner ist Rechtsanwalt in München, Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
Weiterführende Links
Rechenbeispiele zur Honorarermittlung finden Sie hier.
Weitere Informationen zur Honorarordnung finden Sie hier.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: