Von Hubertus Schulte Beerbühl
Grundsätzliches
Außen- und Innenbereich, Seveso II, Verstöße von Nachbarn, Maß der Nutzung
Nur sichtbare Geschosse bestimmen Maß der baulichen Nutzung
Nur wenn Geschosse eines geplanten Baus in der Umgebung wahrnehmbar sind, beeinflussen sie das „Maß der baulichen Nutzung“ als Kriterium für die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Nicht wahrnehmbare Vollgeschosse können das Bild der maßgeblichen Umgebung nicht prägen, so der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Maßgeblich sei nicht die objektive Zahl der geplanten Vollgeschosse, sondern das äußere Erscheinungsbild für den Betrachter. Das Bundesverwaltungsgericht hatte auch die Frage zu entscheiden, ob hierbei nur auf „wirkliche“ Vollgeschosse abzustellen ist oder auch auf Geschosse, die rechtlich nicht die Voraussetzungen eines Vollgeschosses erfüllen. Aus der vorhandenen Bebauung kann nur ein Maßstab gewonnen werden, der grob und ungenau ist. Daher kann nach ständiger Rechtsprechung als Auslegungshilfe auf die Maßkriterien in der Baunutzungsverordnung zurückgegriffen werden. Wie sich aus ihrem § 16 Abs. 2 Nr. 3 sowie § 20 Abs. 1 ergebe, komme insoweit aber nur dem Merkmal des „Vollgeschosses“ rechtliche Bedeutung zu.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.7.2011, 4 B 4/11
Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich
Wann liegt ein Standort im Innenbereich und wann im Außenbereich? Die Frage ist oft außerordentlich schwer zu beantworten, da in sie einerseits rechtliche Vorgaben einfließen und andererseits ein großer Teil an Bewertung gefordert wird, die individuell unterschiedlich ausfallen kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Kriterien zusammengefasst und präzisiert, unter denen ein Bebauungszusammenhang angenommen werden kann. Danach ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt –und ob die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, sondern aufgrund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht wies zum gleichen Thema darauf hin, dass eine Straße trennende Wirkung zwischen Innen- und Außenbereich haben kann, wenn ein Bebauungszusammenhang auf der einen Straßenseite sich nicht zwingend auf der anderen Seite fortsetzt. Eine nur einseitig angebaute Straße hat in der Regel trennende Wirkung in Bezug auf die Zugehörigkeit derjenigen Grundstücke zum Bebauungszusammenhang, die auf der unbebauten Straßenseite liegen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 1.9.2010, 4 B 21/10
Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.6.2011, 1 A 630/09
„Seveso II“ gilt auch für Baugenehmigungen
Die unter dem Stichwort „Seveso II“ bekannte EU-Richtlinie ist auch bei Entscheidungen der Genehmigungsbehörden für unbeplante Innenbereiche anzuwenden. Sie ist nicht nur eine Vorgabe für die Politik der Flächenausweisung und -nutzung. Das entschied der Europäische Gerichtshof. Art.12 Abs.1 der Richtlinie 96/82/EG des Rates der Europäischen Union vom 9. Dezember 1996 regelt den Mindestabstand zwischen gefährlichen Industrieanlagen und anders genutzten Gebieten, etwa zum Wohnen oder für öffentliche Nutzungen. Nach der Regelung müssen die Mitgliedstaaten „in ihren Politiken hinsichtlich der Zuweisung oder Nutzung von Flächen und/oder anderen einschlägigen Politiken berücksichtigen, dass langfristig (…) ein angemessener Abstand gewahrt bleiben muss“. In dem entschiedenen Fall hatte sich ein großes Chemieunternehmen, das besonders Chlor verwendet, gegen einen planungsrechtlichen Vorbescheid gewehrt. Dieser war für ein Gartencenter in 250 Meter Entfernung im unbeplanten Innenbereich erteilt worden. Das Bundesverwaltungsgericht rief den Europäischen Gerichtshof an mit der Bitte um eine sogenannte Vorabentscheidung an. Es ging um die Frage, ob die Seveso-II-Richtlinie nur Planungsträger betreffe, die über die Nutzung von Flächen auf der Grundlage einer Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange zu entscheiden haben, oder ob die Richtlinie auch für Baugenehmigungsbehörden gelte, die eine gebundene Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens in einem bereits im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu treffen haben. Nach dem Urteil sind auch Vorbescheide und Genehmigungen erfasst, auch solche für unbeplante Innenbereiche. Die Richtlinie hätte beachtet werden müssen, auch wenn der Bauherr des Gartencenters nach nationalem Recht einen gebundenen Anspruch hatte. Bei Anwendung der Norm besteht indes ein Wertungsspielraum; die Mitgliedstaaten könnten aber nicht ganz von der Berücksichtigung angemessener Abstände absehen.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.9.2011, Rechtssache C-53/10
Zulässigkeit
Nachbar-Ansprüche bei Überschreitung, Gewerbeanbau im Wohngebiet, Solarpark, Bootslagerplatz, Wertstoffbehälter
Kein Bootslagerplatz im allgemeinen Wohngebiet
Ein privater Bootslagerplatz auf einem Wohngrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet ist planungsrechtlich unzulässig. Diese Nutzung ist kein unselbständiger Bestandteil der Hauptnutzung „Wohnen“, da sie für diese nicht zwingend erforderlich ist. Das ist in der Rechtsprechung bereits entschieden. Ein Bootslagerplatz ist auch kein im allgemeinen Wohngebiet zulässiger Stellplatz nach § 12 BauNVO. Denn auf dem Platz soll nicht etwa nur ein Bootsanhänger abgestellt werden, sondern auf diesem auch das Boot selbst. § 12 BauNVO regelt aber nur die planungsrechtliche Zulässigkeit von Flächen für das Abstellen von Kraftfahrzeugen und deren Anhängern, hingegen nicht die Lagerung jedweder Gegenstände, die mit diesen Kraftfahrzeugen oder Anhängern transportiert werden können. Auch ist der Lagerplatz keine der Hauptnutzung „Wohnen“ untergeordnete Nebenanlage im Sinne von § 14 Abs.1 BauNVO. Das würde nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraussetzen, dass er dem primären Wohnzweck der Grundstücke in einem solchen Baugebiet sowie der Bebauung dienend zu- und untergeordnet ist. Der hier streitige Lagerplatz „diente“ nicht dem Wohnen. Und die Freizeitgestaltung, das Segeln, wurde nicht auf dem Wohngrundstück ausgeübt. Darüber hinaus erschien zweifelhaft, ob sich der Lagerplatz mit dem etwa neun Meter langen und auf dem Anhänger bis zu drei Meter hohen Boot noch räumlich-gegenständlich und damit optisch dem Wohngebäude unterordnete. Auch lag keine in einem allgemeinen Wohngebiet zulässige (Haupt-) Anlage für sportliche Zwecke vor. Allein der Umstand, dass ein Sportgerät gelagert wird, macht aus einem Lagerplatz noch keine Anlage für sportliche Zwecke. Im Übrigen fällt eine bauliche Anlage ohnehin nicht in den Anwendungsbereich von § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, wenn sie zwar der sportlichen Betätigung dienen soll, aber nur zur Benutzung durch die Bewohner des Wohnhauses auf demselben Grundstück bestimmt und beschränkt ist.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. 4.2011, 5 S 194/10 (bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5.6.2011, 4 B 20/11)
Eigener Rechtsverstoß erschwert Nachbarschaftsklage
Wer selbst gegen planungsrechtliche Vorschriften verstößt, muss dies häufig auch beim Nachbarn hinnehmen, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Die Vorgeschichte: Ein Haus überschritt die örtlich zulässige Geschosszahl um ein Mehrfaches; die Überschreitung war genehmigt. Später erhielt ein Nachbar die Genehmigung, auf seinem Grundstück mehr Wohnungen zu errichten, als die Ortsbausatzung der Gemeinde vorsah. Dagegen klagte der erste Eigentümer, unterlag jedoch vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, denn er musste sich Verstöße höheren Gewichts zurechnen lassen. Sein Verlangen, die Genehmigung aufheben zu lassen, war rechtsmissbräuchlich.
Im Bauordnungsrecht ist anerkannt: Ein Eigentümer, der den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht seinerseits die Verletzung des Grenzabstands durch den Nachbarn rügen. Dies gilt, wenn das Vorhaben des Nachbarn die Abstandsregeln nicht schwerer verletzt als der Eigentümer selbst und wenn keine gefahrenrechtlich völlig untragbaren Zustände entstehen. Es gilt in gleicher Weise bei Verstößen gegen das Bauplanungsrecht, die Dritte schützen – seien es Verstöße gegen Festsetzungen in Bebauungsplänen oder seien es Zuwiderhandlungen gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Betroffene Nachbarn können bauplanungsrechtliche Rechtsverstöße grundsätzlich dann nicht geltend machen, wenn sie selbst mit (bei objektiver Betrachtung) qualitativ und quantitativ mindestens gleichem Gewicht von ebendiesen Vorschriften abgewichen sind.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.9.2010, 3 S 1752/10
Anbau mit eigenem Eingang ist selbständiges Gebäude
Ein Anbau an ein Wohnhaus für Gewerbe oder freiberufliche Tätigkeit mit eigenem Eingang stellt ein selbständig nutzbares Gebäude im Sinne von § 13 BauNVO dar. Hiernach sind in Kleinsiedlungs- und Wohngebieten für die Berufsausübung von Freiberuflern und in ähnlicher Art tätigen Gewerbetreibenden nur einzelne Räume zulässig, aber keine Gebäude. Im entschiedenen Fall ging es um die Zulässigkeit einer Heilpraktiker-Praxis. Für sie sollte ein Wohnhaus in einem allgemeinen Wohngebiet einen eigenen Eingang erhalten. Das Oberverwaltungsgericht bewertete den Anbau als selbständiges Gebäude und sah deshalb das Vorhaben als unzulässig an. Der in § 13 BauNVO nicht definierte Begriff des „Gebäudes“ sei identisch mit dem allgemeinen Begriff der baulichen Anlage, wie er für das Bauplanungsrecht gelte. Erforderlich sei für ein Gebäude, dass es unabhängig von sonstigen baulichen Anlagen genutzt werden könne. Durch eine etwaige bauliche Verbindung mit anderen Gebäuden oder Anlagen werde die funktionale Selbständigkeit nicht infrage gestellt. Unerheblich sei, welches äußere Erscheinungsbild mehrere Gebäude abgäben; auch wenn der Eindruck von Haupt- und Anbau hervorgerufen werde, handle es sich um verschiedene Gebäude, sofern jedes von ihnen unabhängig vom anderen zugänglich sei. Angemerkt sei, dass diese Entscheidung in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ergangen ist; das Hauptsacheverfahren ist noch vor dem Verwaltungsgericht Münster anhängig.
Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.9.2011, 10 B 993/11
Solarpark im Außenbereich nicht privilegiert
§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB erlaubt im Außenbereich nur Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen. Auch die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB kommt nicht infrage. Ein Solarpark dient zwar der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, weist aber nicht den spezifischen Standortbezug auf, der auch im Rahmen dieser Bestimmung erforderlich ist. Er ist nämlich in der Regel nicht auf besondere geografische oder geologische Eigenarten eines bestimmten Baugrundstücks angewiesen. Er kann vielmehr überall dort verwirklicht werden, wo ausreichend große bebaubare Flächen zur Verfügung stehen und sonstige bauplanungsrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegenstehen. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB scheidet als Rechtsgrundlage einer Privilegierung ebenfalls aus. Die Regelung setzt voraus, dass das Vorhaben selbst standortbezogene Anforderungen an die Umgebung stellt oder dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, entweder wegen nachteiliger Wirkungen auf die Umgebung oder wegen seiner Zweckbestimmung. Ein Solarpark kann aber in gleicher Weise etwa auch in (faktischen) Gewerbe- oder Industriegebieten verwirklicht werden. Zudem soll § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB als Auffangtatbestand nicht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Vielzahl gleichartiger oder gleicher Vorhaben im Außenbereich begründen, sondern singuläre Vorhaben erfassen, die im Übrigen „übersehen“ wurden. Bei den Solarparks zeichnet sich jedoch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes eine Entwicklung mit erheblicher Breitenwirkung ab.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.1.2011, 15 ZB 08.1565
Wertstoffbehälter: kein Nachbar-Anspruch auf optimalen Standort
Wertstoff-Sammelbehälter sind im allgemeinen Wohngebiet dem Grundsatz nach planungsrechtlich zulässig. Denn sie sind Nebenanlagen im Sinne der Baunutzungsverordnung, die dem Nutzungszweck des Baugebiets dienen und seiner Eigenart nicht widersprechen. Deshalb kann sich ein Nachbar nur dann erfolgreich gegen ihre Aufstellung wehren, wenn von ihnen Belästigungen ausgehen, die aus sonstigen Gründen in dem Baugebiet nicht hingenommen werden müssen (allgemeines Rücksichtnahmegebot). Ob es besser geeignete Alternativstandorte gibt, hat das Bauamt nicht zu prüfen, denn es ist im Verfahren an die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gebunden. Der Bauherr allein bestimmt das Vorhaben einschließlich dessen Standorts. Wenn laut Prüfung der Genehmigungsbehörde die Belastungen an dem vom Bauherrn gewählten Standort für den Nachbarn zumutbar sind, muss dieser die bauliche Anlage auch dann hinnehmen, wenn es einen besser geeigneten Alternativstandort gibt.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.11.2010, 7 B 58/10
Verfahrensfragen
Vorkaufsrecht, Veränderungssperre, B-Plan-Gebiet und Nachbargrundstücke
Vorkaufsrecht: Verwendungszweck nicht genannt – Bescheid dennoch gültig
Übt eine Gemeinde ihr Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB aus, dann muss das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigen; die Gemeinde muss jedoch nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs den Verwendungszweck nicht angeben. Ein Bescheid leidet zwar an einem Verfahrensfehler, wenn in ihm die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber den Betroffenen geregelt wird, doch der Verwendungszweck nicht angegeben ist. Denn die Ausübung sei eine Ermessensentscheidung und müsse als solche eine fehlerfreie Begründung enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof befand aber, dass sich der Fehler in diesem Fall nicht auswirkt, da die Gemeinde später in zulässiger Weise den Verwendungszweck angegeben hatte und damit eine Heilung eingetreten war.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. 2. 2011, 4 A 2397/10.Z
Veränderungssperre, Einvernehmens-Frist und Genehmigungsbehörde
Eine Gemeinde hatte ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet und zur Sicherung ihrer Planung eine Veränderungssperre erlassen. Während diese galt, durfte die höhere Verwaltungsbehörde nicht über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB entscheiden. urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof. Die höhere Verwaltungsbehörde muss nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den genannten Verfahren im Einvernehmen mit der Gemeinde entscheiden. Dieses gilt als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. Die Zweimonatsfrist gilt jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht, wenn die Gemeinde bereits bauleitplanerische Schritte eingeleitet und zu deren Sicherung eine Veränderungssperre erlassen hat. In diesem Verfahrensstadium ist nicht „über die Zulässigkeit nach den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB“ zu entscheiden, sondern darüber, ob eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen wird (§ 14 Abs. 2 BauGB). Erst wenn diese außer Kraft gesetzt, aber zugleich noch kein qualifizierter Bebauungsplan in Kraft getreten sei, müsse sich die Gemeinde gemäß § 36 BauGB zur planungsrechtlichen Zulässigkeit äußern. Demnach habe die Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB im vorliegenden Fall erst mit dem Außerkrafttreten der Veränderungssperre begonnen. Im entschiedenen Fall hatte der Gemeinderat soeben die Aufhebung der Veränderungssperre beschlossen, womit die Zweimonatsfrist erst begann. Innerhalb dieser Frist erklärte die Gemeinde sofort ihr Nicht-Einvernehmen mit dem Vorhaben. Dies war nach dem Urteil rechtzeitig und von der Genehmigungsbehörde zu beachten.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 7.3.2011, 1 B 10.3053
Kein Anspruch auf Einbeziehung des Grundstücks in den B-Plan
Es ist grundsätzlich kein für die Gemeinde abwägungserheblicher Belang, wenn ein Grundeigentümer mit einem bisher nicht bebaubaren Grundstück in den Geltungsbereich eines Bebauungsplans einbezogen werden will. Das stellte das Bundesverwaltungsgericht fest. Antragsbefugt für eine Normenkontrollklage gegen einen Bebauungsplan ist nur der, dessen Grundstück entweder im Gebiet des Plans liegt oder bei Lage außerhalb des Gebiets über einen städtebaulich relevanten Bezug von dem Plan betroffen ist. Belange sind nicht abwägungsrelevant, wenn sie geringwertig oder mit einem Makel behaftet sind oder wenn auf ihren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht. Auch wer Interessen geltend macht, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren, kann sich nicht auf eine Rechtsverletzung berufen. Ob dies ausnahmsweise doch in Betracht kommt, wenn ein Grundstück „willkürlich“ nicht in einen Bebauungsplan einbezogen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht bislang offen gelassen.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 8.6.2011, 4 BN 42/10
Dr. Hubertus Schulte Beerbühl ist Richter am Verwaltungsgericht Münster.
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