Von Axel Plankemann
Einem Planer wurde seine Hilfsbereitschaft in Kombination mit mangelhafter Arbeit zum Verhängnis. Für eine Kollegin hatte er Architektenleistungen bei einem Wohnhaus übernommen, das sie für sich selbst baute. Eine Honorarberechnung erstellte er nach Abschluss seiner Leistungen nicht. Über die Planung des Bauvorhabens hinaus war er an der Vergabe der Aufträge an Bauunternehmen und Handwerker beteiligt und überwachte auch für einen gewissen Zeitraum die Ausführung der Bauleistungen. Danach übernahm die Kollegin selbst die Bauüberwachungstätigkeit bis zur Fertigstellung.
Später stellten sich erhebliche Mängel, unter anderem an Wärmedämmung, Drainage und Bauwerksabdichtung, heraus. Die Mängelbeseitigungskosten schätzte der Sachverständige seinerzeit auf über 44 000 Euro. Für den von ihm zu vertretenden Teil muss der Planer haften, auch wenn er kein Honorar beanspruchte, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt (29.9.2010 – 15 U 63/08). Ihn entlastete auch nicht, dass er keine Berufshaftpflichtversicherung hat und nicht einmal in einer Architektenliste eingetragen ist.
Das Landgericht hatte in erster Instanz noch die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zwar mit einem gewissen Rechtsbindungswillen tätig gewesen, seine Leistung habe er der Bauherrin aber überwiegend geschenkt. Mit dieser Überlegung versuchte das Gericht, dem Planer eine Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz bzw. auf „gravierende Baufehler“ zugutekommen zu lassen.
Dies sah in der Berufungsinstanz das OLG Frankfurt allerdings anders. Es stellte fest, dass zwischen den Parteien keine Schenkungsvereinbarung, sondern ein Architektenvertrag zustande gekommen sei. Es sei kein Gefälligkeitsverhältnis im engeren Sinne begründet worden, die Bauherrin habe vielmehr davon ausgehen dürfen, der Beklagte werde aufgrund übernommener vertraglicher Verpflichtungen die vereinbarten Architektenleistungen erbringen. Entscheidend ist nach Auffassung des Gerichts, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt. Zu würdigen sind die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit (vor allem für den Begünstigten), ferner Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die Interessenslage. Eine vertragliche Bindung liege nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.
Nach diesen Grundsätzen war davon auszugehen, dass tatsächlich ein Architektenvertrag zustande gekommen ist. In einem solchen Fall muss der Bauherr darauf vertrauen dürfen, dass die Leistungen sorgfältig und mangelfrei erbracht werden, insbesondere wenn der Planer Leistungsphasen nach der HOAI in vollem Umfang übernommen hat. Im vorliegenden Falle seien aber Tätigkeiten vereinbart worden, die üblicherweise eben nicht völlig unverbindlich und gefälligkeitshalber erbracht werden. Daher musste der Planer auch vertraglich für die Mängel seiner Architektenleistungen einstehen.
Nicht einmal einen Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit wollte das OLG dem Planer zubilligen. Mit Rücksicht auf die große wirtschaftliche Bedeutung eines solchen Hausbaus für die Bauherrin könne man nicht davon ausgehen, dass stillschweigend einvernehmlich die Haftung des Beklagten für einfache Fahrlässigkeit hätte ausgeschlossen sein sollen.
In der Sache selbst musste aber der Planer den Schaden nicht vollständig tragen, da er seine Leistungen bereits zu einem Zeitpunkt beendet hatte, als weitere Schadensursachen gelegt wurden. Das Gericht billigte ihm auch das Recht zu, seine Tätigkeiten für die Bauherrin fristlos einzustellen. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben sei bei Übernahme von Architektenleistungen im Rahmen einer Gefälligkeit ein Kündigungsrecht zuzubilligen. Ein solches jederzeitiges Kündigungsrecht für den Auftragnehmer kennt das Werkvertragsrecht normalerweise grundsätzlich nicht. Wenn aber der Planer bei Übernahme von Leistungen aus Gefälligkeit gleichwohl für eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Leistungsverpflichtungen hafte und zudem – mit Kenntnis des Auftraggebers – nicht über eine Haftpflichtversicherung verfüge, übernehme er ein so außergewöhnliches Risiko, dass er jederzeit berechtigt sei, seine Zusage zur Erbringung von Architektenleistungen zurückzunehmen und das bestehende Rechtsverhältnis zu beenden.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt liegt in ihrer zentralen Aussage auf der Linie des BGH. Daher kann nur empfohlen werden, bei solchen Zusagen Vorsicht walten zu lassen.
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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Sehr gut erläutert! Auch wir haben daher eine 10-Jahre-Garantie auf wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton eingeführt. Und siehe da, die Anfragen sind nach oben geschnellt!
Grüsse aus Wangen
Tanja Borsetzky, Vistona AG