Text: Axel Plankemann
Öffentliche Auftraggeber verlangen im Zusammenhang mit der Bewerbung für VOF-Verfahren nicht selten Planungsleistungen. Dabei übersehen die Auftraggeber häufig, dass solche Architektenleistungen bezahlt werden müssen. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Koblenz in einem Urteil (6.9.2012, 8 U 45/11) bestätigt. Grundlage ist § 20 Absatz 3 der VOF: „Verlangt der Auftraggeber außerhalb eines Planungswettbewerbes Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe, so sind die Lösungsvorschläge der Bewerber nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten.“
Zwar legt § 13 Absatz 2 VOF fest, dass für die Ausarbeitung der Bewerbungs- und Angebotsunterlagen Kosten grundsätzlich nicht erstattet werden, doch nennt § 13 Absatz 3 die Ausnahme: Verlangt der Auftraggeber Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die über die üblichen Bewerbungs- und Angebotsunterlagen hinausgehen, müssen diese mit einer einheitlichen Vergütung für alle Bewerber entschädigt werden.
Werden von den Bewerbern außerhalb eines geregelten Architektenwettbewerbs Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt, so ordnet darüber hinaus § 20 Absatz 3 VOF verbindlich an, dass diese nach den Honorarbestimmungen der HOAI zu vergüten sind. Die Vorschrift ist für den betroffenen Planer erfreulich und erhöht die Chancengleichheit aller Bewerber im Verhandlungsverfahren, weil gerade kleinere und jüngere Büros mit unbezahlten Planungsleistungen in der Bewerbungsphase überfordert wären. Eines besonderen Architektenvertrages über diese Leistungen bedarf es nicht. Rechtsgrund für die Honorarforderung ist die VOF selbst. Diese Honorarforderung ist zivilrechtlich durchsetzbar.
Wird in der Auslobung verlangt, dass Bewerber im Vorhinein auf einen solchen Vergütungsanspruch verzichten, so kann dies im Wege des Vergaberechtsschutzes mit Rüge und Nachprüfungsverfahren beanstandet werden.
Allerdings macht das OLG Koblenz in seinem aktuellen Urteil Einschränkungen: Entgegen dem Wortlaut der VOF will das Gericht die Vergütungsanordnung des § 20 Absatz 3 nur dann gelten lassen, wenn die in der Ausschreibung ausdrücklich verlangten Leistungen „neue, eigene architektonische Lösungen“ erfordern und „sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr … als eine branchenübliche Bewerbungsleistung“ sind. Das Gericht vermischt dabei Elemente der Regelung in § 13 Absatz 3 VOF mit denen des § 20 Absatz 3 VOF. Diese Vorschrift begründet jedoch eine Vergütungspflicht nach HOAI unabhängig von der Frage des Architektenvertrages oder bloßer Akquisitionsleistungen. Entgegen der Auffassung des Gerichts kann demnach nur entscheidend sein, ob für die fragliche, vom Auslober abverlangte Leistung im konkreten Fall eine verbindliche Honorarvorschrift mit einem aus der HOAI abzuleitenden Honorar existiert.
Da § 20 Absatz 3 VOF insgesamt auf die HOAI verweist, begründet die Vorschrift möglicherweise einen Honoraranspruch selbst für solche HOAI-Leistungen, die im unverbindlichen Anlagenteil der HOAI geregelt sind.
Der Honoraranspruch nach § 20 Absatz 3 VOF gilt ausdrücklich nur für Verfahren „außerhalb eines Planungswettbewerbs“. Das bedeutet umgekehrt, dass im Rahmen von Architektenwettbewerben für Wettbewerbsbeiträge keine HOAI-Vergütung zu zahlen ist. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Für Wettbewerbe gilt § 16 Absatz 1 VOF, wonach mit der Auslobung Preise und gegebenenfalls. Anerkennungen auszusetzen sind, welche der Bedeutung und der Schwierigkeit der Bauaufgabe sowie dem Leistungsumfang nach der Honorarordnung angemessen sind. Der Hinweis auf die geltende Honorarordnung in diesem Zusammenhang begründet allerdings keine Vergütungspflicht nach der HOAI, sondern eine Orientierung der ausgelobten Preisgelder an der Honorarordnung. In welcher Höhe Preis und gegebenenfalls Anerkennungen auszuloben sind, ergibt sich dann aus den „einheitlichen Richtlinien“ für Architektenwettbewerbe (RPW).
Axel Plankemann ist Rechtsanwalt in Hannover.
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