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Kein Freundschaftsdienst

Erneut setzt sich ein Urteil mit der schwierigen Grenzziehung zwischen Akquise und Auftragsarbeit auseinander.

01.11.20164 Min. Kommentar schreiben

Text: Hendrik Hunold

Vielfach werden Architekten angefragt, die grundsätzliche Bebaubarkeit von Grundstücken zu beurteilen. Dem potenziellen Bauherrn geht es regelmäßig darum, eine erste Einschätzung zu bekommen, wie er das Grundstück ausnutzen kann. Der Architekt beantwortet derartige Fragen ebenso gerne – mitunter mit Berechnungen, Skizzen und mehr und natürlich in der Hoffnung, den späteren Planungsauftrag zu erhalten.

Rechtlich stellt sich in solchen und ähnlich gelagerten Fällen die Frage, ob bereits ein Architektenvertrag durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande gekommen ist oder es sich um reine Akquisition handelt, die nicht zu vergüten ist. Entscheidend für die Antwort ist, ob beiderseitig ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille in irgendeiner Form und im Ergebnis eindeutig zum Ausdruck gekommen ist. Ist dies der Fall, liegt eine Beauftragung vor. Aber schon bei Restzweifeln wird man es nicht annehmen können.

Da es keine scharfe Grenze zwischen Beauftragung und Akquise gibt, kommt es maßgeblich auf die Auslegung der Gesamtumstände an. So auch im folgenden Fall, den das Landgericht München I (Az. 18 O 11716/15, Hinweisbeschluss vom 27.4.2016) zu entscheiden hatte:

Eine Familie sucht für die Errichtung ihres Einfamilienhauses ein Baugrundstück. Ein befreundeter Architekt begleitet sie bei vier vergeblichen Kaufversuchen. Das fünfte Grundstück wird erworben. Im Vorfeld des Kaufs hatte der Architekt technische Fragestellungen geklärt, vor allem zu den Betriebskosten bei der Wärmeerzeugung, zum Energieausweis und zu einer KfW-Förderung. Dadurch konnte der Kaufpreis um rund 20.000 Euro reduziert werden. Im Fortgang entstehen die ersten groben Skizzen. In einer E-Mail etwa einen Monat nach Abschluss des Kaufvertrages schreibt die Familie: „Wir möchten nun mit Euch zusammen das Vorhaben planen und sind jetzt soweit.“ Es folgen unter anderem Einsichtnahmen in die Akten der Baubehörde, vor allem, um denkmalschutzrechtliche Belange des Altbestandes zu klären, sowie erste Skizzen. Zwei Wochen später aber bittet die Familie den Architekten, „nichts mehr zu unternehmen“.

Darauf schickt er eine Abschlagsrechnung über 7.028,60 Euro über die Leistungsphasen 1 und 2. Die Familie entgegnet, dass sie ihn nicht beauftragt habe. Zudem seinen denkmalschutzrechtliche Belange nicht ausreichend geprüft worden – sonst wäre ein weiterer Kaufpreisnachlass von 140.000 Euro erreicht worden. Diesen Betrag verlangt die Familie nun als Schadensersatz vom Architekten. Es liege ein Beratungsfehler vor. Die Leistungen des Architekten hätten allein das Ziel gehabt, diesen nachträglich zu korrigieren. Auch daher liege kein Architektenvertrag vor.

Die Kammer des Landgerichts ist übereinstimmend der Auffassung, dass konkludent ein Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 und 2 abgeschlossen wurde. Entscheidend sei, dass die Familie im Nachgang zu ihrer E-Mail („… wir möchten nun mit Euch zusammen das Vorhaben planen und sind jetzt so weit“) den Architekten die denkmalschutzrechtlichen Belange hat klären lassen und dass weitere Skizzen gefertigt wurden. Damit habe sie Leistungen abgerufen, die gewöhnlich nicht ohne Entgelt erbracht werden. Dieses Verhalten konnte der Architekt bei objektiver Betrachtung nur dahin gehend verstehen, dass er mit der Grundlagenermittlung und der Vorplanung für das Bauvorhaben beauftragt sei.

Auch kann nicht angenommen werden, dass die Leistungen des Architekten der Aufklärung seines Beratungsfehlers gedient hätten, und damit den Rückschluss zulassen, es liege keine Beauftragung vor. Selbst unterstellt, es läge ein Beratungsfehler vor, führe dies nur zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten, aber nicht dazu, dass keine Beauftragung vorliegt. Die Familie kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie sie bei richtiger Beratung gestanden hätte. Dann hätte sie vielleicht einen Preisnachlass bei Abschluss des Kaufvertrages erhalten, aber dennoch den Architektenvertrag abgeschlossen.

Hätte es die E-Mail der Familie oder andere Beweismittel wie Gespräche unter Zeugen nicht gegeben, dann hätte die Entscheidung auch anders ausfallen können. Dies zeigt, wie schmal der Grat zwischen Beauftragung und kostenloser Akquise sein kann. Gerade daher zeigt der Fall, dass der Architekt frühzeitig darauf achten muss, eindeutige Erklärungen seines Auftraggebers zu erhalten, die den Abschluss des Architektenvertrags hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen.

In der Praxis ist häufig der Einwand anzutreffen, dass bestimmte Leistungen kostenlose Akquise darstellen. Dies ist mit Rechtsunsicherheiten für den Architekten behaftet – unter anderem wegen der fehlenden scharfen Grenze zum Vorliegen eines Auftrags. Unsicherheiten zu beseitigen, hat der Architekt selbst in der Hand, indem er frühzeitig klarstellt, dass er seine Leistungen nur gegen Honorar erbringt.

Dr. Hendrik Hunold ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Bau- Architektenrecht und Mediator in München

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