Text: Hans-Christian Schwenker
Ein Fachplaner schloss 1999 einen Vertrag über die Technische Ausrüstung eines Hotelvorhabens, der für alle Anlagegruppen ein Pauschalhonorar von netto einer Million DM vorsah. Später meinte der Fachplaner, dieses Honorar unterschreite die Mindestsätze, und verlangte weitere 500.000 DM. Der Bundesgerichtshof wies jetzt seine Klage zurück (Urteil vom 08.03.2012 – VII ZR 195/09 – direkter Link hier).
Der Vertrag hatte aus verschiedenen Anlagegruppen mit anrechenbaren Kosten unterhalb und oberhalb des Tafelhöchstwerts bestanden. Nach der Entscheidung des BGH genügt es, wenn bei den Leistungen unterhalb dieses Werts die Mindestsätze eingehalten sind. Leistungsteile mit anrechenbaren Kosten oberhalb der Honorartabelle können dagegen völlig frei vereinbart werden und bleiben daher bei der Klärung einer Mindestsatzunterschreitung außer Betracht.
Die Honorarvereinbarung war in diesem Fall wirksam, weil die Pauschalvergütung für die Gesamtleistung das Honorar überstieg, das dem Planer nach den Mindestsätzen der HOAI für diejenigen Leistungen zusteht, deren Honorar unterhalb der Tafelendwerte und damit innerhalb des preisrechtlich verbindlichen Honorarrahmens lag. Eine Geltung für die Leistungen oberhalb der Tafelendwerte wäre nicht mit dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 der seinerzeit gültigen HOAI in Einklang zu bringen, dessen Honorartafel die Höchstsätze für preisgebundene Leistungen (Tafelendwerte) darstellte. § 4 Abs. 1 der alten HOAI habe es den Vertragsparteien unter den dort genannten Voraussetzungen gestattet, das Honorar für die von der HOAI erfassten Architekten- und Ingenieurleistungen frei zu vereinbaren. Denn begrenzt wird die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Höhe des Honorars nur unterhalb des Tafelhöchstwerts.
Für Leistungen, deren anrechenbare Kosten den in § 16 Abs. 3 HOAI genannten Tafelhöchstwert überschreiten, kann aber das Honorar frei vereinbart werden. Die Honorartabelle kann nicht einfach fortgeschrieben werden, wenn anrechenbare Kosten den Wert des § 16 Abs. 3 HOAI übersteigen. Da die Honorartabelle ein in sich geschlossenes System ist, kommt eine Fortschreibung nur in Betracht, wenn die Vertragsparteien das ausdrücklich vereinbart haben.
Soweit Leistungen zu erbringen sind, deren anrechenbare Kosten den Tafelhöchstwert überschreiten, bestehen keine preisrechtlichen Beschränkungen. Hätte der Verordnungsgeber einen Mindestsatz für den Fall der Tafelwertüberschreitung gewollt, hätte er eine entsprechende Regelung getroffen.
Praxishinweis
Ob eine Honorarvereinbarung wirksam ist, beurteilt sich ausschließlich nach den preisrechtlich verbindlich geregelten Honorarhöhen. Wo die HOAI die freie Vereinbarkeit eines (Teil-)Honorars vorsieht, bleibt dies bei der Klärung einer Mindestsatzunterschreitung außer Betracht. Vereinbaren daher die Parteien in Anlehnung an die HOAI mehrere Faktoren, nach denen die Vergütung berechnet werden soll, ist die Honorarvereinbarung nicht deshalb insgesamt unwirksam, weil einer der vereinbarten Berechnungsfaktoren von der HOAI abweicht (siehe Ausgabe 5/2012, S. 42). Es ist vielmehr zu ermitteln, welches Honorar sich unter Anwendung der gesamten von den Parteien vereinbarten Bemessungsregelungen ergibt und ob dieses Honorar in dem von der HOAI zugelassenen Rahmen liegt. Im Ergebnis bleiben daher bei der Prüfung, ob durch eine Pauschalvereinbarung die Mindestsätze unterschritten werden, Leistungen ohne preisrechtliche Bindung (wie hier: oberhalb der Tafelwerte) außer Betracht.
Hans Christian Schwenker ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hannover.
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