Text: Hans Christian Schwenker
Ein Bauherr ließ zwei Gebäude nebeneinander durch denselben Architekten errichten. Für das zweite übergab der Architekt dem Tragwerksplaner die statischen Berechnungen für das erste Gebäude. In diesen stand aber nichts über das drückende Wasser unterhalb des zweiten Grundstücks. Als in das Kellergeschoss des zweiten Gebäudes Wasser eindrang und sich herausstellte, dass der Grundwasserstand weit über der Rohbetonsohle des Kellergeschosses liegt, nahm der Bauherr Architekt und Tragwerksplaner als Gesamtschuldner auf Zahlung von rund 350.000 Euro in Anspruch. Zunächst wurden beide verurteilt.
Der Architekt nahm das Urteil an, doch der Tragwerksplaner ging in Revision und hatte jetzt vor dem Bundesgerichtshof teilweise Erfolg. In der Urteilsbegründung heißt es:
1. Den Auftraggeber trifft grundsätzlich die Obliegenheit, dem Tragwerksplaner die für die mangelfreie Erstellung der Statik erforderlichen Angaben zu den Boden- und Grundwasserverhältnissen zu machen. Hat er unzutreffende Angaben gemacht und ist deshalb die Statik mangelhaft, trifft den Auftraggeber für einen daraus entstehenden Schaden eine Mithaftung wegen Verschuldens gegen sich selbst.
2. Hat der vom Auftraggeber beauftragte planende Architekt die unzutreffenden Angaben gemacht, muss sich der Auftraggeber dessen Verschulden gemäß §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen. (Urteil vom 15. 5.2013 – VII ZR 257/11)
Die Arbeit des Tragwerksplaners war hier zwar mangelhaft, weil sie die erforderlichen Maßnahmen gegen drückendes Wasser nicht vorsah. Den Bauherrn trifft jedoch ein Mitverschulden. Wie der BGH schon zuvor entschieden hat, obliegt ihm in seinem Vertragsverhältnis zum bauaufsichtsführenden Architekten (hier: zum Tragwerksplaner) regelmäßig, diesem einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Überlässt er dem bauaufsichtsführenden Architekten (oder dem Tragwerksplaner) fehlerhafte Pläne, verletzt er dieses Interesse im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst. Er trägt zu einer daraus resultierenden mangelhaften Tragwerksplanung bei und ist folglich für einen daraus erwachsenden Schaden mitverantwortlich. Hat der Auftraggeber die unzutreffenden Angaben nicht selbst gemacht, sondern der von ihm beauftragte planende Architekt, muss er sich dessen Verschulden zurechnen lassen.
Es ist zu erwarten, dass der BGH dieselben Grundsätze auf weitere Fachplaner erstrecken wird. Nach früherer Rechtsprechung haftete in ähnlichen Konstellationen der bauüberwachende Architekt (oder in diesem Fall der Tragwerksplaner) voll gegenüber dem Bauherrn, konnte aber bei den Fachplanern (oder in diesem Fall beim planenden Architekten) Regress nehmen – sofern diese nicht insolvent wurden. Jetzt muss der Bauherr seine Ansprüche gegen den Planenden und gegen den Überwachenden separat anmelden; der Überwachende haftet nicht mehr für Fehler des Planers. Ist der Planer nicht ausreichend versichert und/oder geht er in die Insolvenz, dann bleibt nicht mehr der Überwachende auf dem Schaden sitzen, sondern der Bauherr. Dies bedeutet in einem Teilbereich den Abschied von der gesamtschuldnerischen Haftung aller Planer.
Hans Christian Schwenker ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hannover.
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