Axel Plankemann
Ob die rechtliche Konstruktion einer gesamtschuldnerischen Haftung zwischen bauleitendem Architekten und ausführenden Unternehmen bei Ausführungsmängeln, die der Bauleiter nicht entdeckt und verhindert hat, in jedem Fall zu sachgerechten und fairen Ergebnissen führt, darf nach der Entwicklung der Rechtsprechung bezweifelt werden. Faktisch ist inzwischen leider der Zustand erreicht, dass der Auftraggeber insbesondere das Risiko eines insolventen Ausführungsunternehmens durch eine Art „Selbstbedienung“ beim Architekten beziehungsweise dessen Berufshaftpflichtversicherung kompensiert. Der Architekt wird dann mit seinem nur noch theoretischen Ausgleichsanspruch gegenüber dem insolventen Gesamtschuldner abgefertigt. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (26. Juli 2007 – VII ZR 5/06) stellt die sich daraus ergebenden Konsequenzen auf eine besonders plakative Weise heraus:
Nachdem ein vom Bauherrn beauftragtes ausführendes Unternehmen, das zahlreiche Baumängel produziert hatte, in Insolvenz geraten war, wurde der bauleitende Architekt mit den Kosten der Mangelbeseitigung in Regress genommen. Dieser verteidigte sich mit dem Einwand, der Bauherr habe entgegen der Rechnungsprüfung und Empfehlung des Architekten dem Unternehmen eine höhere Teilvergütung ausgezahlt, als in der Sache gerechtfertigt gewesen wäre. Hätte der Bauherr den überbezahlten Betrag einbehalten, so wäre der insgesamt entstandene Schaden geringer ausgefallen. Denn der Bauherr hätte einen Teil seines Schadens mit dem einbehaltenen Geld ausgleichen können.
Aus dem Umstand, dass der Bauherr wider besseres Wissen, jedenfalls aber gegen den Ratschlag seines Architekten, nicht berechtigte Vergütungsforderungen des inzwischen insolventen Bauunternehmens gezahlt hatte, konnte der Architekt im Ergebnis nichts für sich herleiten. Im Ansatz als zutreffend beurteilt der BGH zwar, dass ein Auftraggeber gegen seinen Architekten dann keinen Schadensersatzanspruch wegen Bauüberwachungsfehlern geltend machen kann, wenn feststeht, dass tatsächlich der Schaden durch einbehaltenen Werklohn des Unternehmers kompensiert wird.
Grundsätzlich haftet der Architekt
für eigene Bauaufsichtsfehler aber als Gesamtschuldner, sodass es dem Auftraggeber ebenso grundsätzlich freisteht, wen er in Anspruch nehmen will. Zwar kann sich, so das Gericht, die Inanspruchnahme eines der Gesamtschuldner als rechtsmissbräuchlich darstellen: Ausnahmsweise könnte der Auftraggeber gehindert sein, einen Architekten wegen eines Bauaufsichtsfehlers in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit er auf einfachere, insbesondere billigere Weise von dem Unternehmer die tatsächliche Beseitigung des Mangels verlangen kann (BGHZ 39, 261).
Wenn es jedoch allein um den finanziellen Ausgleich des Schadens geht, ist dem Architekten in der Regel dieser Einwand versagt. Dann kann er sich allenfalls darauf berufen, der Bauherr habe sich arglistig und damit rechtsmissbräuchlich verhalten, zum Beispiel weil er aus missbilligenswerten Motiven die Absicht hatte, gerade diesen einen Gesamtschuldner zu belasten (BGH NJW 1991, 1289). Ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten konnte das Gericht im konkreten Fall nicht feststellen. Andererseits gebe es aber auch keinen Rechtsgrundsatz, dass sich ein Bauherr bereits dann missbräuchlich verhalte, wenn er entgegen den Empfehlungen seines Architekten Zahlungen an den Unternehmer leiste.
Im Ergebnis musste der Architekt für den durch die Baumängel verursachten Schaden einstehen, ohne sich das Geld bei dem insolventen Bauunternehmer zurückholen zu können.
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