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Nutzungsrecht an einer Planung abgetreten: und nun?

Auftraggeber lassen sich regelmäßig in Verträgen oder AGBs Nutzungsrechte an Unterlagen und Plänen einräumen. Was sind die Grenzen einer solchen Regelung und welche Rechte verbleiben beim Architekten als eigentlichem Urheber?

20.02.20258 Min. Von Ulrike Vestner Kommentar schreiben

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Nutzungsrechte abgetreten – und nun?“ im Deutschen Architektenblatt 03.2025 erschienen.

Im Vergabehandbuch für freiberufliche Dienstleistungen Bayern (VHF Bayern) steht folgender Formulierungsvorschlag: „Für die Zwecke der Herstellung und späteren Nutzung des vertragsgegenständlichen Bauvorhabens darf der Auftraggeber die Unterlagen und Daten für die im Vertrag genannte Baumaßnahme und das ausgeführte Werk ohne Mitwirkung des Auftragnehmers nutzen. Die Unterlagen dürfen auch für eine etwaige Wiederherstellung des ausgeführten Werks benutzt werden.“

Nutzungsrecht für alle Pläne und Unterlagen?

Die Privatwirtschaft ist meist noch weniger zimperlich: Hier finden sich auch Regelungen, in denen der Architekt dem Auftraggeber das ausschließliche, unwiderrufliche und unbeschränkte Recht einräumt, Pläne, Unterlagen und sonstige Leistungen ohne Mitwirkung des Architekten zu nutzen, zu ändern und zu verwerten. Damit sind nicht nur Pläne erfasst, sondern auch die vom Architekturbüro vorbereiteten Vergabeunterlagen einschließlich der vom Fach- beziehungsweise Objektplaner erstellten Leistungsverzeichnisse (LV).

Die rechtlichen Konsequenzen sind vielfältig und manch ein Betroffener mag sich gefragt haben, ob es hier mit rechten Dingen zugeht. Eine einfache Antwort gibt es nicht, man wird sich im Einzelfall ansehen müssen, welche Unterlagen konkret betroffen sind und in welcher Form und mit welcher Absicht der Auftraggeber diese nutzen möchte.

Beispielfall: Entwurf durch zweiten Planer vereinfacht

Um das abstrakte Problem besser greifen zu können, soll dieser Beispielfall helfen: Auf einem städtischen Friedhof soll ein zentraler Platz umgestaltet werden: Das dort befindliche Kriegerdenkmal soll eine Überarbeitung durch einen Steinmetz erfahren. Nach dem Wunsch der Friedhofsverwaltung soll ein Landschaftsarchitekt einen Ort der Kontemplation und der inneren Einkehr schaffen und auch die Bauüberwachung übernehmen.

Landschaftsarchitekt Creativix (C.) überzeugt den Auftraggeber mit einer Idee von einem Wasserspiel mit Vogeltränke und zwischen Rosenbüschen versteckten kleinen handwerklichen Steinbänken. Auch die erste Kostenschätzung des C. gefällt dem Auftraggeber. In dem daraufhin abgeschlossenen Vertrag findet sich die eingangs zitierte Klausel. C. fertigt die Ausführungsplanung an und erstellt das LV für den Steinmetz.

Auftraggeber beruft sich auf Vertrag

Die Parteien geraten während der Vergabe in Streit und der Auftraggeber kündigt den Vertrag. Der Auftraggeber beauftragt sodann den Landschaftsarchitekten Sparfix (S.), der das Vergabeverfahren abschließt und die Bauüberwachung übernimmt. Aus Kostengründen lässt S. die Rosenbüsche durch Pampasgras ersetzen und ordert die Steinbänke beim Baumarkt. Das Ensemble selbst bleibt jedoch so, wie C. es sich ausgedacht hatte.

C. empfindet die Umsetzung der Pläne durch S. als seelenlos und als Abwertung seiner Ideen. Er fühlt sich in seinem Urheberrecht verletzt und fordert den Auftraggeber auf, seine ursprünglichen Pläne umzusetzen. Der Auftraggeber beruft sich auf den Vertrag und meint, er habe die Pläne so nutzen können, wie es ihm beliebte. Zu Recht?

Wann besteht Urheberrecht für eine Planung?

Ein Urheberrecht entsteht gemäß § 2 Abs. 2 UrhG durch die persönliche geistige Schöpfung. Das können auch Pläne, Entwürfe, Zeichnungen und Bauwerke sein. Pläne kommen als schöpferische Werke relativ schnell in den Genuss des Urheberrechtsschutzes. Bauwerke hingegen müssen sich schon erheblich und ästhetisch von der breiten Masse abheben, um als geschützte „Baukunst“ zu gelten.

Auch Teile eines Bauwerks oder eine Platzgestaltung (siehe diesen Beitrag) können unter das Urheberrecht fallen, wenn sie die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen. Urheber ist dabei immer der Schöpfer selbst, nie dessen Arbeitgeber oder Rechtsnachfolger.

Recht auf unveränderte Umsetzung?

Doch was heißt das nun für C.? In einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 hat das LG Berlin klargestellt, dass der Architekt dann urheberrechtliche Ansprüche geltend machen kann, wenn der Bauherr seine Planung zuvor genehmigt hat (Urteil vom 28. November 2006, Az.: 16 O 240/05). Durchsetzen kann er seine Ansprüche, wenn sein Interesse auf Umsetzung das Interesse des Bauherrn an einer anderen Planung überwiegt.

Erfolgte die Beauftragung durch die Friedhofsverwaltung mit Kenntnis der voraussichtlich entstehenden Kosten, so wird sie mit dem Argument, man habe sparen wollen, wohl keinen Erfolg haben. Landschaftsarchitekt C. kann dann darauf bestehen, dass seine Pläne umgesetzt werden.

Urheberpersönlichkeitsrecht kann nicht übertragen werden

Aber führt möglicherweise die vertragliche Vereinbarung zu einem anderen Ergebnis? Immerhin hat C. ja die „Nutzungsrechte“ an die Friedhofsverwaltung abgetreten. Hier muss man unterscheiden: Eine Übertragung eines sogenannten „Urheberpersönlichkeitsrechts“ ist nicht möglich, einzige Ausnahme ist die Übertragung im Todesfall auf die Erben.

Unter den Urheberpersönlichkeitsrechten versteht man unter anderem

  • das Recht des Urhebers, Art und Zeitpunkt der Veröffentlichung zu bestimmen („Veröffentlichungsinteresse“, § 12 UrhG),
  • das Recht, zu bestimmen, ob ein Werk mit einem Hinweis auf den Urheber versehen werden soll („Urheberbenennungsrecht“, § 13 UrhG),
  • das Recht, Verschlechterungen seines Werks zu widersprechen („Entstellungsverbot“, §§ 14,  23,  39,  53 UrhG) und
  • das Recht auf freien Zugang (§ 25 UrhG).

Nutzungsrecht kann übertragen werden

Nutzungsrechte hingegen können hinsichtlich der Verwertung des geschützten Objekts uneingeschränkt übertragen werden. Zu den Verwertungsrechten gehören

  • das Recht, zu bestimmen, wer wie oft ein Werk vervielfältigen darf („Vervielfältigungsrecht“, § 16 UrhG) und
  • das Recht, das Werk öffentlich auszustellen oder vorzuführen („Ausstellungs- und Vorführungsrecht“, §§ 18,  19 UrhG).

Begrenzt wird das Verwertungsrecht des Auftraggebers auf Vervielfältigung jedoch durch die einmalige Realisierung der Planung, eine Nachbaubefugnis steht ihm gemäß § 53 Abs. 4 UrhG nicht zu.

Fazit: C. kann sich wohl erfolgreich auf einen Verstoß gegen das Entstellungsverbot berufen. Der Auftraggeber wird (sollte ein Gericht die entstellende Wirkung bejahen) das Nachsehen haben und muss dem Wunsch des C. nachkommen, dessen ursprüngliche Pläne umzusetzen. Rechtsgrundlage ist § 97 Abs. 1 UrhG, nach der die Beeinträchtigung zu beseitigen ist.

Eigene Weiternutzung trotz ­Nutzungsübertragung?

Doch wie verhält es sich mit dem folgenden Fall? Bei einem anderen Bauvorhaben, das C. betreut, soll eine große Natursteintafel mit Schrift überarbeitet werden. Dazu möchte er von dem LV Gebrauch machen, das er für den Steinmetz erstellt hat. Auch würde er gern die Pläne seiner Platzgestaltung im Rahmen ­einer Ausstellung öffentlich präsentieren. Die Friedhofsverwaltung untersagt ihm beides, als sie von den Plänen des C. erfährt. Sie trägt vor, C. habe ihr alle Verwertungsrechte übertragen.

Zunächst wird sich der Betroffene fragen, welche rechtliche Reichweite die Abtretung an den Auftraggeber überhaupt hat. Die Antwort findet sich in § 31 UrhG, der die Übertragung von Nutzungsrechten urheberrechtlich geschützter Werke legitimiert. Zu unterscheiden ist dabei die Einräumung eines einfachen und eines ausschließlichen Nutzungsrechts, sowie die Möglichkeit, dieses räumlich, zeitlich oder inhaltlich zu beschränken.

Einfaches Nutzungsrecht

Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist (§ 31 Abs. 1 UrhG).

Ausschließliches Nutzungsrecht

Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und anderen wiederum Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt (§ 31 Abs. 3 UrhG). Sinnvollerweise sollten die Parteien den Inhalt und die Reichweite der Übertragung eines Nutzungsrechts immer regeln.

Glück im Unglück für C.: Mit der Vertragsklausel hat er lediglich ein einfaches Nutzungsrecht übertragen. Dies schließt eine spätere Nutzung der Unterlagen durch ihn selbst grundsätzlich also nicht aus.

Urheberrecht an ­Ausschreibungsunterlagen?

Interessant ist schließlich noch die Frage, ob das LV überhaupt einen urheberrechtlichen Schutz genießt. Das LG Köln hat 2014 entschieden, den (dort streitgegenständlichen) Ausschreibungsunterlagen komme kein Urheberrechtsschutz zu, da kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 2 UrhG vorliege. Es fehle an der erforderlichen Schöpfungshöhe für ein Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UrhG.

Der BGH hatte bereits 2002 entschieden, dass ein urheberrechtlicher Schutz nicht in Betracht komme, soweit die schöpferische Kraft eines Schriftwerks allein im innovativen Charakter seines Inhalts liege.

Auch wenn die Entscheidung über den Zuspruch eines Urheberrechts immer einzelfallbezogen ist, so dürfte doch für die weit überwiegende Mehrheit von technischen Leistungsbeschreibungen ein Urheberrechtsschutz zu verneinen sein.

An der rechtlichen Befähigung des Landschaftsarchitekten C., auch das LV für eigene Zwecke zu nutzen, ändert dies freilich nichts, da es sich bei der vereinbarten Klausel nicht um eine ausschließliche und uneingeschränkte Nutzungsübertragung („Buy-out“) handelt.


Ulrike Vestner ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und ­Architektenrecht und Schlichterin für Baustreitigkeiten bei Börgers Rechtsanwälte in Nürnberg. Außerdem ist sie Mitglied der ­Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen ­Anwaltverein

 

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