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Planer vor Gericht

Aktuelle Urteile zu unterlassener Bauüberwachung, unklaren und falschen Angaben von Bauherr und Statiker, Koppelungsverbot und der Abgrenzung zwischen Akquise und Auftrag.

31.12.20165 Min. Kommentar schreiben

Text: Kathrin Körner

1. HAFTUNG

Bauüberwachung unterlassen und dies verschwiegen: ­Arglist

Verschweigt ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt bei Abnahme des Werks, dass er gar keine Bauüberwachung vorgenommen oder einzelne Gewerke pflichtwidrig nicht überwacht hat, so handelt er nach einem Urteil des OLG Brandenburg arglistig. Er haftet daher für Mängel, die er aufgrund der fehlenden Überwachung nicht erkannt hat. Das gilt allerdings nur, wenn er überhaupt das Bewusstsein hatte, seine Bauüberwachungsaufgaben nicht vertragsgerecht durchgeführt zu haben. Es liegt nur dann Arglist vor, wenn er entweder erkannt hat, dass ein Gewerk überwachungspflichtig ist, er die Überwachung unterlässt und das verschweigt – oder wenn er zwar überwacht und den Mangel als solchen auch erkannt hat, diesen aber verschweigt. In beiden Fällen haftet er. Ein Fehler liegt grundsätzlich vor, wenn der bauüberwachende Architekt es in fehlerhafter Weise unterlässt, die einzelnen Gewerke zu überprüfen beziehungsweise die gesamte Bauüberwachung vorzunehmen.

Der Auftraggeber kann den bauüberwachenden Architekten nur wegen arglistig verschwiegener Mängel seiner Leistung in Anspruch nehmen, wenn er beweist, dass der Architekt trotz Erforderlichkeit bewusst keine Bauüberwachung durchgeführt hat.
OLG Brandenburg, Urteil vom 3.6.2016 (Az. 11 U 183/14)

Der Bauherr muss klare ­Angaben ­machen

Macht der Bauherr unklare Angaben gegenüber einem Sonderfachmann, etwa einem Bodengutachter, und resultieren daraus Fehler, dann muss der Bauherr sich diese nach einem Urteil des OLG Hamm gegenüber dem Architekten zurechnen lassen. Bei der Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen den Architekten wegen fehlerhafter Planung und Überwachung ist daher zu klären, ob nicht ein mögliches Mitverschulden des Bauherrn gemäß § 254 Abs. 1 BGB vorliegt.

Nach Ansicht des Gerichts besteht eine Obliegenheit des Bauherrn, die an der Planung beteiligten Fachleute mit Informationen zu versorgen, die für deren Planung notwendig sind. Dies gelte auch im Verhältnis zum Architekten, da auch dieser für seine Planung auf Informationen angewiesen ist, die nicht in sein unmittelbares Fachgebiet fallen und mit deren Beschaffung er nicht beauftragt ist. Dazu gehören unter anderem Angaben zu den Boden- und Grundwasserverhältnissen. Holt der Bauherr hierfür ein Bodengutachten ein und sind die Angaben des Gutachters zumindest unklar oder nicht eindeutig, sind diese Angaben dem Urteil zufolge als fehlerhaft anzusehen. Dies müsse sich der Bauherr als Mitverschulden gegenüber dem Architekten zurechnen lassen.
OLG Hamm, Urteil vom 24.5.2016 (Az. 24 U 10/14)

Nicht auf den Statiker ­vertrauen!

Die Planung des Architekten ist nach einem Urteil des OLG Köln fehlerhaft, wenn ein Tiefgaragenstellplatz mit einem Mittelklassefahrzeug nur befahrbar ist, wenn ein anderer Stellplatz in Anspruch genommen wird und der nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorgeschriebe Einfahrtsradius nicht eingehalten wurde.

Dies sei – so das Gericht – auch dann der Fall, wenn die mangelhafte Planung auf einer Vorgabe des Statikers beruht. Der Architekt kann sich nicht darauf berufen, er habe auf die Aussagen des Statikers vertrauen dürfen. Er hätte den Auftraggeber jedenfalls über die eingeschränkte Nutzbarkeit des Stellplatzes informieren müssen. Er wäre von seiner Haftung nur dann frei, wenn er seinen Auftraggeber auf die fehlende Nutzbarkeit des Stellplatzes hingewiesen hat und dieser das Risiko der Planung übernimmt.

Zudem sei die Leistung des Statikers mangelhaft, wenn er das Versetzen einer vom Architekten geplanten Stütze als „zwingend notwendig“ bezeichne, tatsächlich aber eine statische Notwendigkeit nicht bestehe und durch das Versetzen die oben geschilderten Folgen eintreten. Auch der Statiker müsse die Gesamtsituation beurteilen und im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen auf die wirtschaftlichen Vorgaben und Belange des Auftraggebers Rücksicht nehmen.

Der Architekt und der Statiker haften hier daher als Gesamtschuldner.
OLG Köln, Urteil vom 24.2.2016 (Az. 16 U 50/15)

2. HONORAR

Koppelungsverbot, auch wenn der ­Architekt nicht Verkäufer ist

Das Koppelungsverbot bei Grundstücksgeschäften soll nicht nur für Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Erwerber gelten, sondern auch für Vereinbarungen zwischen einem Ingenieur oder Architekten und dem Erwerber „im Zusammenhang mit dem Erwerb“.

Danach ist jede Vereinbarung unwirksam, in der sich der Erwerber eines Grundstücks im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen (§ 3 des Gesetzes zur Regelung von ­Ingenieur- und Architektenleistungen, Ing-ALG).

In einem solchen Fall stehe dem Architekten auch kein Honorar für bereits erbrachte Planungsleistungen zu. Der Auftraggeber könne bereits erbrachte Zahlungen zurückverlangen. Wenn der Architekt zur Erfüllung eines formnichtigen Vertrages Planungsleistungen erbracht hat, könne er diese zwar nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen abrechnen (nach den Mindestsätzen der HOAI). Dies aber nur, wenn das Bauwerk tatsächlich unter Verwendung seiner Planungsleistungen errichtet wurde.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 10.6.2015 (Az. 12 O 5884/14)

Viel geplant: Auftrag, nicht Akquise

Hat ein Architekt umfassende Planungsleistungen erbracht, die Grundlage für die Beantragung einer Baugenehmigung und eines Investitionskostenzuschusses wurden, spreche dies nach einem Urteil des OLG München für einen (konkludenten) Vertragsschluss. Lebensfremd ist danach die Annahme, dass ein Architekt umfangreiche Leistungen, wie im vorliegenden Fall die Leistungsphasen 1 bis 4, kostenlos erbringen wolle.

Im vom OLG München entschiedenen Fall hatten Bauherr und Architekt zudem vereinbart, dass der Planungsauftrag zurückgezogen werden sollte, wenn der Bauherr den beantragten Investitionskostenzuschuss nicht erhalten würde. Gerade diese Bedingung spreche gegen das Erbringen bloßer Akquiseleistungen durch den Architekten. Der Investitionskostenzuschuss habe nur deshalb als Bedingung für die Bezahlung des Architektenhonorars erwähnt werden können, weil zu vergütende Leistungen schon vorlagen. Der Auftraggeber habe so es in der Hand, den Vertrag mit dem Architekten nicht zu schließen.
OLG München, Beschluss vom 11.9.2014 (Az. 9 U 1314/14), BGH, 29.6.2016 (Az. VII ZR 240/14) (NZB zurückgewiesen)

Kathrin Körner ist Rechtsassessorin in der Bayerischen ­Architektenkammer.

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