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Planung vor Gericht

Aktuelle Urteile zu Bebauungsplänen, Baugenehmigungen und zum Außenbereich

29.09.201414 Min. 1 Kommentar schreiben

Text: Hubertus Schulte Beerbühl

Bebauungspläne

Die Firsthöhe muss definiert sein

Eine Gemeinde setzte in einem Bebauungsplan die Firsthöhe auf maximal 9,5 Meter fest, definierte aber keinen unteren Bezugspunkt dafür. Auch in der Planbegründung fanden sich hierzu keine näheren Angaben. Der untere Bezugspunkt ließ sich auch nicht auf sonstige Weise ermitteln. Es ergaben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass auf bestimmte Kanaldeckelhöhen, Geländehöhen oder bestehende Fußbodenhöhen abgestellt werden sollte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen erklärte die Festsetzung der Firsthöhe für unwirksam – und mit ihr den gesamten Bebauungsplan.

Ein solcher Plan muss die Rechtslage für die Betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. Dies gilt sowohl für die Planzeichnung als auch für die textlichen Festsetzungen. Die gebotene Normenklarheit und -bestimmtheit kann auch gegeben sein, wenn die planerische Festsetzung einer ­weiteren Interpretation bedarf. Das gilt auch und insbesondere für eine Höhenfest­setzung nach § 18 Abs. 1 der Baunutzungs­verordnung (BauNVO). Um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen, kann sie auf Bezugspunkte im Geltungsbereich des Bebauungsplans abstellen, die bestimmt oder bestimmbar sind. Das war hier nicht der Fall.

Ein Plan mit einem einzelnen Festsetzungsmangel kann nur wirksam sein, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Die letztgenannte Voraussetzung war hier aber nicht erfüllt. Mit der Höhenfestsetzung beabsichtigte der Plangeber ausweislich der Satzungsbegründung, die in einem maßgeblichen Teil des Plangebiets zugelassene Bebauung an die aktuelle Situation in der Umgebungsbebauung anzupassen. Es konnte deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, dass der Plangeber den Bebauungsplan auch ohne eine entsprechende Höhenbegrenzung erlassen hätte.

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. November 2013 – 7 D 16/12.NE


Feuerwehrgerätehaus – sozial oder verwaltend?

Die freiwillige Feuerwehr ist zwar in vielen kleinen Gemeinden ein Mittelpunkt des örtlichen Soziallebens. Doch im baurechtlichen Sinn ist ein Feuerwehrgerätehaus keine „Anlage für soziale Zwecke“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Stattdessen gehört es zu den „Anlagen für Verwaltungen“ nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jetzt entschieden. Das Gericht befasste sich mit dem Begriff der „Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke“ in der BauNVO. Solche Anlagen sind zwar nicht auf die traditionellen Bereiche der genannten Zwecke beschränkt. Die Verordnung verwendet diese Begriffskategorie vielmehr als bewusst weit gefasste Kategorie, die für eine „dem Wandel der Zeiten“ anpassungsfähige Auslegung offen ist. Damit sollen gerade auch neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben städtebaulich erfasst werden, um eine geordnete Bodennutzung und städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Die damit gemeinten Anlagen dienen in einem weiten Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt; es handelt sich um Nutzungen, die auf Hilfe, Unterstützung, Betreuung und ähnliche fürsorgerische Maßnahmen ausgerichtet sind. Typische Beispiele sind Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, alte Menschen sowie andere Personengruppen, die (beziehungsweise deren Eltern) ein besonderes soziales Angebot annehmen wollen. Anlagen für soziale Zwecke lassen sich damit unter dem Begriff der „Wohlfahrtspflege“ fassen. Das trifft für ein Feuerwehrgerätehaus nicht zu. Es gehört zur Begriffskategorie der „Anlagen für Verwaltungen“, weil es der Unterbringung des Fahrzeugbestands und der technischen Ausrüstung der Feuerwehr sowie der persönlichen Ausrüstungsgegenstände der Feuerwehrleute, Verwaltungstätigkeiten, Schulungs- und Ausbildungszwecken und geselligen Veranstaltungen dient.

Trotzdem konnte der klagende Nachbar das Haus nicht verhindern. Die Gemeinde hatte es zwar fehlerhaft als soziale Einrichtung eingeordnet. Jedoch sind nach der BauNVO ausnahmsweise auch Anlagen für Verwaltungen zulässig. Der Nachbar hat nicht schon deshalb einen Abwehranspruch, weil die Gemeinde das Haus der falschen Kategorie zugeordnet hat.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 16. Januar 2014 – 9 B 10.2528


Bebauungsplan funktionslos – doch das Amt muss ihn anwenden

Eine Baugenehmigungsbehörde muss einen Bebauungsplan auch anwenden, wenn sie sicher ist, dass er wegen eines inhaltlichen oder formellen Fehlers nicht wirksam geworden ist. Das gilt nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz auch dann, wenn der erkannte Gültigkeitsmangel nicht schon bei Inkrafttreten des Plans, sondern erst später eingetreten ist. Die Nicht-Anwendung kommt für die Behörde nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn die Behörde zuvor den Rat der Gemeinde auf den erkannten Fehler hingewiesen hat, um ihm Gelegenheit zu geben, den Fehler zu heilen oder den Bebauungsplan aufzuheben – oder wenn ein Verwaltungsgericht die Satzung in einem Parallelprozess bereits als ungültig behandelt hat.

Zwar wird ein Plan obsolet, wenn er seine Funktion nicht mehr erfüllen kann, die Bebauung von Grundflächen zu lenken und zu leiten. Aber selbst für diesen Fall verweigerte das Oberverwaltungsgericht der Verwaltung die Verwerfungskompetenz. Wenn die Gemeinde selbst Trägerin der Bauaufsichtsbehörde ist, dann muss die Behörde das kommunalrechtlich für die Aufstellung der Bebauungspläne zuständige Organ, hier den Stadtrat, unterrichten. Das war in diesem Fall nicht erfolgt.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Mai 2013 – 8 A 10043/13


Bebauungsplan aufheben? Nur wenn städtebaulich erforderlich

Will eine Gemeinde einen Bebauungsplan ganz oder teilweise aufheben, dann muss das städtebaulich erforderlich sein – genau wie die Aufstellung eines solchen Plans. Diese Bedingung erfüllt nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen eine Gemeinde nicht, die sich eines solchen Planes entledigen wollte. Wie die Aufstellung eines Bebauungsplans muss seine Aufhebung eine positive Planungskonzeption erkennen lassen und ersichtlich Zielen dienen, die auf diese Weise besser erreichbar sind als mit alternativ infrage kommenden Planungsinstrumenten des Baugesetzbuchs (BauGB).

Bei einer Aufhebung muss zugleich entschieden werden, welche städtebauliche Ordnung an die Stelle derer treten soll, die mit dem Plan seinerzeit beabsichtigt war: ob ein neuer Bebauungsplan erlassen werden soll, die planersetzende Bestimmung des § 34 oder ob § 35 BauGB gelten soll. Der bloße Verweis der Gemeinde auf die Geltung der beiden Paragrafen reicht nicht in jeder Situation aus, um die ersatzlose Planaufhebung städtebaulich zu rechtfertigen. Weiter ist zu bedenken, dass die Planersatzvorschrift des § 34 BauGB nur dann als positive Planungskonzeption tragfähig ist, wenn ihre Steuerungskraft im Gebiet des beseitigten Bebauungsplans eine geordnete städtebauliche Entwicklung gewährleisten kann. Andernfalls kann im Anschluss an die Aufhebung des alten Plans oder gleichzeitig mit dieser die erneute Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich werden. Ein Planungsbedürfnis besteht ­besonders dann fort, wenn ansonsten die Gefahr einer regellosen Bebauung im ­Aufhebungsgebiet droht und/oder sich ungesicherte oder schwierige Erschließungsverhältnisse beziehungsweise bewältigungsbedürftige Immissionskonflikte konkret abzeichnen. Entsprechendes gilt auch für den Außenbereich: Schädliche Umwelteinwirkungen und vor allem auch strukturell zu missbilligende Zersiedlungstendenzen durch Splittersiedlungen oder Anschlussbebauungen sind hier unzulässig. Das drohte im konkreten Fall nach Auffassung des Gerichts. § 34 BauGB war nicht anwendbar, weil der Bereich nach der Teilaufhebung im Außenbereich liegen würde. Und selbst wenn man die Anwendbarkeit von § 34 BauGB in diesem Bereich unterstellte, könnten keine weiteren Wohnbauvorhaben genehmigt werden, da diese sich nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würden.

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. April 2014 – 2 D 43/13.NE


Genehmigungsfragen

Bestandsschutz nur, wenn der Bau genehmigt ist

Ein Haus wurde vor mehr als 75 Jahren als Wochenendhaus im Außenbereich errichtet und später ohne Genehmigung zum Wohnen umgenutzt. Jetzt wollte der Eigentümer es erweitern und berief sich auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Danach kann ein Wohnhaus im Außenbereich auf bis zu zwei Wohnungen erweitert werden – allerdings nur, wenn es zulässigerweise errichtet worden ist. Diese Voraussetzung sah das Bundesverwaltungsgericht hier nicht. Es hat wiederholt betont, dass ein Gebäude nur dann „zulässigerweise errichtet“ ist, wenn es entweder in Übereinstimmung mit dem materiellen Bebauungsrecht errichtet oder wenn – trotz materieller Illegalität – eine Baugenehmigung für ein Wohnhaus erteilt worden ist. In dem Fall hatte zwar das zuständige Landratsamt im Jahr 1954 Um- und Anbauten an dem Gebäude genehmigt. Es war auch dort ausdrücklich als Wochenendhaus bezeichnet worden. Seit 1959 wurde das Gebäude dauerhaft bewohnt, was aber nie vom Eigentümer angezeigt oder gar genehmigt wurde.

Das wirkte sich jetzt zulasten des Bauherrn aus. Denn er konnte auf keinen die Wohnnutzung legalisierenden Bescheid verweisen. Eine Baugenehmigung schafft jedoch eine Bindung für die Zukunft: Sie bestimmt, dass im Zeitpunkt ihrer Erteilung das Vorhaben mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt, die im Verfahren zu prüfen sind. Diese Entscheidung hat im Übrigen bedeutende Auswirkungen über den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB hinaus. Sie ist bedeutsam für alle Fragen des Bestandsschutzes.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 4 B 32/13 –


Doppelhaus-Charakter muss gewahrt bleiben

Doppelhäuser bieten viel Konfliktpotenzial: Seit Jahren müssen Verwaltungsgerichte immer wieder Streitigkeiten zwischen Bauamt, Bauherr und Nachbar darüber entscheiden, ob es sich bei der Änderung einer Hälfte um ein zulässiges Bauvorhaben handelt. Dabei geht es erstens um die Frage, ob das Gesamtgebäude nachher noch den Charakter eines Doppelhauses aufweist. Zweitens geht es darum, ob der Nachbar sich als Eigentümer der unverändert bleibenden Hälfte wehren kann, wenn das Gebäude den Charakter verliert.

In der Rechtsprechung galt schon bisher: Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus ist ferner nur dann gegeben, wenn die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden. Das gilt sowohl im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans als auch im unbeplanten Innenbereich.

In dem aktuellen Fall hatte zunächst das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, bei Realisierung des Vorhabens bestehe kein Doppelhaus mehr. Denn es entstünden zwei zusätzliche Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die Gebäudehälften würden unterschiedlich hoch und zudem die eine erweitert. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung billigte das Bundesverwaltungsgericht und verwies ergänzend darauf, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinandergebaut seien.

Bedeutsam an der Entscheidung ist darüber hinaus die Aussage des Gerichts zum Nachbarschutz: Im beplanten Bereich hat die Festsetzung der Bauweise (hier: Doppelhaus) nachbarschützenden Charakter; das ist seit Jahren anerkannt. Im unbeplanten Innenbereich billigt das Gericht nunmehr dem Nachbarn ebenfalls ein Abwehrrecht zu und leitet dies aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot ab. Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein Vorhaben, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäudeteil ein Doppelhaus zu bilden, im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise in die Umgebungsbebauung ein. Das verstößt auch gegen das Gebot zur Rücksichtnahme und kann daher vom Nachbarn gerügt werden.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5/12


Befreiung vom B-Plan möglich – auch wenn der Nachbar schon klagt

Ein Nachbar klagt gegen ein Bauvorhaben; im Verfahren stellt sich heraus, dass die Genehmigung rechtswidrig und er tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist. Beides trifft aber dann nicht mehr zu, wenn die Behörde eine rechtlich zulässige Befreiung von einer Festsetzung des geltenden Bebauungsplans ausspricht. Das kann sie auch noch tun, während der Nachbar schon klagt, urteilte jetzt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Tut sie es, ist im anhängigen Prozess die Rechtmäßigkeit der Befreiung ohne besonderes Vorverfahren zusammen mit der Baugenehmigung zu prüfen. Im konkreten Fall war eine Stellplatzfläche, auf der Fahrzeuge gewerblich verkauft werden sollten, als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Nach dem genehmigten Bauantrag diente der Stellplatz allein als Park- beziehungsweise Verkaufsfläche; Reparaturen oder Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen durften auf dem Grundstück nicht durchgeführt werden. Im Rahmen des Betriebs sollten jährlich nicht mehr als zwölf Fahrzeuge verkauft werden. Angesichts des geringen Umfangs des Gewerbes konnte nach Ansicht des Gerichts auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB eine Befreiung erteilt werden, was im Gerichtsverfahren auch geschah. Denn ein nennenswerter Kundenverkehr könne ausgeschlossen werden und Störungen der Wohnruhe seien nicht zu erwarten. Der Nachbar könne weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden. Die Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei städtebaulich vertretbar und lasse die Grundzüge der Planung unberührt. Sie sei ferner unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2014 – 3 S 1992/13


Räume und Gebäude für eine Tierarztpraxis

Kann ein Nachbar in einem reinen Wohngebiet den Betrieb einer Tierarztpraxis verhindern? Grundsätzlich nicht. Denn gemäß § 13 Baunutzungsverordnung (Bau-NVO) ist in allen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO, also auch in Wohngebieten, die Nutzung von Räumen für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger zulässig – also auch Tierärzte und solche Gewerbetreibende, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben. Sofern sich jedoch die Nutzung auf „Gebäude“ erstreckt, ist sie nur in den Gebieten nach §§ 4a bis 9 BauNVO zulässig, also nicht in Wohngebieten; im Falle einer Genehmigung steht dem Nachbarn ein sogenannter Gebietserhaltungsanspruch (oder Gebietsbewahrungsanspruch) zu.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen in einem Wohnhaus eine oder auch mehrere Wohnungen ausschließlich für freie oder ähnliche Berufe genutzt werden, solange das Wohnhaus nicht durch überwiegende berufliche Nutzung dem Wohnen entfremdet wird. Konkret darf die freiberufliche Nutzung in Mehrfamilienhäusern, die in Wohngebieten liegen, nicht mehr als die halbe Anzahl der Wohnungen und nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche in Anspruch nehmen, wobei es entscheidend darauf ankommt, dass der spezifische Gebietscharakter auch für das einzelne Gebäude gewahrt bleibt. In einem jetzt vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall wurde das Erdgeschoss für die Praxis in Anspruch genommen. Diese Fläche war größer als die für das Wohnen im Obergeschoss, da die Praxis über einen etwa 9,09 Quadratmeter großen geschlossenen Raum verfügte, der in der darüber liegenden Wohnung fehlte. Hinzu kam ein kleiner Flur hinter dem Eingang zum Erdgeschoss. Eine Loggia im Obergeschoss wurde nur anteilig berücksichtigt, da Außenwohnbereiche das einzelne Gebäude im Vergleich zu geschlossenen Wohnräumen deutlich weniger prägen, sodass es bei einem Überwiegen der freiberuflichen Nutzung blieb. Dies komme auch in den Regelwerken zur Wohnflächenberechnung zum Ausdruck und müsse zusätzlich auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden.

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. August 2013 – 10 A 2085/12


Außenbereich

Garage ja – Pool nein

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Pool keine im Außenbereich privilegiert zulässige bauliche Anlage ist – auch nicht als Nebenanlage eines landwirtschaftlichen Altenteilerhauses. Zunächst stellt ein Pool wegen seiner bodenrechtlichen Relevanz ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dar. Die Zulässigkeit eines solchen Vorhabens setzt unter anderem voraus, dass es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient. Dafür reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben nach den Vorstellungen des Landwirts für seinen Betrieb lediglich förderlich ist. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist. Es muss darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Auch die Ausstattung eines im Außenbereich geplanten Altenteilerhauses muss „verkehrsüblich“ sein. Das gilt etwa für eine Garage. Ein Swimmingpool ist dagegen in keiner Weise verkehrsüblich, da weder Altenteilerhäuser noch Wohnhäuser im Bereich von Bauleitplänen regelmäßig über eine solche Entwicklung verfügen. Pools gehören zudem nicht zur funktionsgerechten Nutzung einer Wohnung.

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juli 2013 – 3 S 241/12

Dr. Hubertus Schulte Beerbühl ist Richter am Verwaltungsgericht Münster.

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1 Gedanke zu „Planung vor Gericht

  1. Bei uns in Haunetal wurde ein Bebauungsplan geändert und mit dem Satzungsbeschluss genehmigt.Nur wurden durch das Architektenbüro zwei unterschiedliche Bebauungspläne geferdigt.Einer nach dem rechtskräftigen Satzungsbeschluss der auch ab dem 24.6.2011 öffentlich ausgelegen hat und auch noch 2 Jahre nach Herstellung vorhanden war.Dann noch einer für Bauzwecke einer Firma mit anderen Zeichensymbolen und anderen Abweichungen den nie jemand von der Gemeindevertretung gesehen hat.Dieser nie ausgelegte und beschlossene Bebauungsplan wurde erst 3 Tage nach der angeblichen veröffentlichung von dem damaligen Bürgermeister unterschrieben und ist auch aus diesem Grunde ungültig.was tun?

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