Text: Peter Fischer
Seit Inkrafttreten der HOAI 2009 sind die Architektenleistung für das Gebäude und Innenarchitektenleistung für die raumbildenden Ausbauten getrennt abzurechnen, auch wenn derselbe Architekt oder Innenarchitekt beide Leistungen erbringt. Dabei stellt sich die Frage, welche Leistungen und, damit verbunden, welche anrechenbaren Kosten zum Objekt Gebäude oder zum Objekt raumbildender Ausbau gehören. Das Oberlandesgericht Dresden hat sich jetzt in einer Entscheidung damit auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen Leistungen der raumbildenden Ausbauten vorliegen (OLG Dresden, Urteil vom 16.02.2011 – 1 U 261/10).
Ein Architekt war mit schriftlichem Vertrag beauftragt worden, die Leistungen „Gebäude“ nach dem Leistungsbild des § 33 HOAI zu erbringen. Er tat dies und erbrachte auch Leistungen des raumbildenden Ausbaus. Dies war nicht schriftlich vereinbart, doch der Architektenvertrag wurde durch „konkludentes Verhalten“ erweitert – indem auch der Bauherr durch sein Verhalten deutlich machte, dass er diese weiteren Leistungen wünschte. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es sich hier um getrennt abzurechnende Leistungen der raumbildenden Ausbauten handelt. § 2 Nr. 8 HOAI definiert Letztere wie folgt: „Raumbildende Ausbauten sind die innere Gestaltung oder Erstellung von Innenräumen ohne wesentliche Eingriffe in Bestand oder Konstruktion; sie können im Zusammenhang mit Leistungen des Neubaus, des Wiederaufbaus, des Erweiterungsbaus, des Umbaus und der Modernisierungen anfallen.“ Danach sind raumbildende Ausbauten das Gegenstück zu Umgestaltungen eines Objektes, die mit wesentlichen Eingriffen in die Konstruktion verbunden sind und unter dem Begriff „Umbauten“ erfasst sind. Raumbildende Ausbauten können auch im Zusammenhang mit einem Neubau vorkommen. Die innere Gestaltung von Räumen erstreckt sich auf unterschiedliche Bereiche. Sie kann die Formgebung (Proportionierung) unter technischen Gesichtspunkten betreffen oder sie kann funktionelle oder auch ästhetische Zwecke verfolgen. Darunter fallen insbesondere die Gestaltung und der Ausbau von Räumen, Sälen und Hallen in Gaststätten, Hotels, Theatern, Kongresshallen, Flughäfen und Bahnhöfen. Weiterhin ist die Erstellung von Innenräumen raumbildender Ausbau. Da normalerweise der Architekt des Gebäudes mit seiner Planung die Raumaufteilung des Gebäudes vornimmt und die Veränderung der Raumaufteilung meist unter den Begriff „Umbau“ fällt, sind mit den raumbildenden Ausbauten nur verhältnismäßig seltene Fälle erfasst, in denen innerhalb eines vorhandenen Raumes ein Innenraum geschaffen wird. Dem Architekten waren nach dem Urteil Leistungen der raumbildenden Ausbauten übertragen worden. Denn er wurde über den zunächst abgeschlossenen schriftlichen Vertrag hinaus später beauftragt, Vorschläge für die Raumaufteilung zu erarbeiten sowie Vorschläge für den Ausbau von Räumen, der Treppenanlage, der Duschen, die Innenhoftemperaturgestaltung, den Ausbau der Badelandschaft, die Gestaltung der Gymnastikräume und das Zutrittskontrollsystem zu machen.
Mit dem Satz „Raumbildende Ausbauten bilden das Gegenstück zu Umgestaltungen eines Objekts“ stellt das Oberlandesgericht fest, dass dem Objekt „raumbildende Ausbauten“ die Maßnahme an dem Objekt „Umbauten“ gegenübergestellt wird. Diese Unterscheidung ist im Hinblick auf die HOAI 2009 wichtig, weil in § 11 Abs. 1 HOAI die getrennte Abrechnung der Objekte eindeutig vorgeschrieben wird, eben auch die getrennte Abrechnung der Gebäude und raumbildenden Ausbauten bei einem gemeinsamen Auftrag an einen Architekten oder Innenarchitekten. Die Folge ist, dass der Innenarchitekt oder Architekt, wenn ihm beide Leistungen vertraglich übertragen werden, diese getrennt nach den jeweils dafür anfallenden Kosten abrechnen kann. Umbauten können nur dann allein dem Objekt „Gebäude“ unterfallen, wenn ein wesentlicher Eingriff in die Konstruktion vorgenommen wird. Voraussetzung hierfür ist ein Eingriff in die tragende Konstruktion. Dies bedeutet jedoch nur, dass diese konkrete Umbaumaßnahme dem Objekt „Gebäude“ unterfällt. Andere im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme stehende Maßnahmen wie die Gestaltung der Innenräume sind weiterhin Leistungen der raumbildenden Ausbauten.
Ein weiteres Problem ist die Abgrenzung der anrechenbaren Kosten zwischen der Architektenleistung „Gebäude“ und der Innenarchitektenleistung „raumbildende Ausbauten“. Für den Innenarchitekten kommt es darauf an, inwieweit er mit dem Objekt befasst war (BGH, Urteil vom 12.06.2006, VII ZR 2/04). Dies gilt auch für die anrechenbaren Kosten der technischen Anlagen nach Kostengruppe 400 der DIN 276, die über § 32 Abs. 2 HOAI Anrechnung finden. Bei den anrechenbaren Kosten kann es durchaus dazu kommen, dass diese teilweise sowohl für die Leistungen zugrunde gelegt werden, die das Objekt „Gebäude“ betreffen, als auch für die Leistungen, die das Objekt betreffen. Dabei ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die anrechenbaren Kosten „Honorarparameter“ sind, die nicht dadurch verloren gehen, dass sie einem Planer zugesprochen werden.
Ein weiteres Problem im Bereich der raumbildenden Ausbauten ist die Anzahl der Objekte bei Beauftragung der Umgestaltung mehrerer Räume in einem Gebäude. Hier kann natürlich nicht jeder einzelne Raum als eigenständiges Objekt des raumbildenden Ausbaus gesehen und abgerechnet werden. Bei Innenräumen handelt es sich nicht um getrennte Objekte, wenn die Innenräume eine planerische und gestalterische Einheit auch unter Berücksichtigung der Nutzung im engeren Sinne bilden. Derzeit plant die Bundesregierung, dass in Zukunft in der HOAI bei der Objektplanung der bisherige Begriff „raumbildende Ausbauten“ durch „Innenräume“ ersetzt werden soll.
Prof. Dr. Peter Fischer ist Fachanwalt für Architektenrecht in Oldenburg.
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