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Stichtage für das Honorar

Ob für einen Vertrag die alte oder neue HOAI gilt, hängt vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ab. Kompliziert wird es bei Stufenverträgen, in denen der Auftrag nach und nach erteilt wird.

31.12.20138 Min. 1 Kommentar schreiben

Text: Erik Budiner, Axel Plankemann

In der HOAI 2009 war der zeitlichen Anwendungsbereich in § 55 geregelt; in der HOAI 2013 ist es § 57. In beiden Fällen ist die Vorschrift eindeutig: Für alle Leistungen, die bis zur Veröffentlichung der HOAI 2013 im Bundesanzeiger am 16.7.2013 beauftragt worden sind, bleibt es hinsichtlich der Honorarvorschriften bei der Fassung 2009. Für Leistungen, die danach in Auftrag gegeben („vereinbart“) wurden, sind zwingend die Vorschriften der HOAI 2013 anzuwenden. Der Verordnungsgeber stellt damit ausdrücklich nur auf den Zeitpunkt der Beauftragung der Leistungen ab. Es kommt damit nicht auf den Zeitraum an, in dem die Leistungen tatsächlich erbracht werden. Dies gilt nicht nur für schriftlich abgeschlossene Verträge, sondern auch für jene, die mündlich oder durch konkludentes Verhalten gültig zustande gekommen sind. Wird ein wirksamer, mündlich geschlossener Vertrag nach dem oben genannten Stichtag lediglich schriftlich bestätigt, gilt die HOAI 2009, da der Vertrag (und damit die Leistungsbeauftragung) bereits vor Inkrafttreten der HOAI 2013 zustande gekommen ist. Andererseits gilt für Angebote – auch im Rahmen von Vergabeverfahren – die neue HOAI, wenn sie erst nach dem 16.7.2013 angenommen werden.

Sonderfall: Stufenverträge

Schwieriger kann sich die Rechtslage bei Verträgen darstellen, in denen nicht alle erforderlichen Leistungen als Gesamtpaket einheitlich bei Vertragsabschluss, sondern in unterschiedlichen Leistungspaketen zeitversetzt beauftragt werden (stufenweise Beauftragung). Seit der Novelle 2009 wird diese Fallkonstellation kontrovers diskutiert.

Es handelt sich dabei um eine Praxis, die in erster Linie bei Verträgen der öffentlichen Hand und sonstiger professioneller Auftraggeber feststellbar ist. Diese seit Jahren bei öffentlichen Auftraggebern eingeführten Regeln sollen in erster Linie dazu dienen, die Auftraggeber vor Ansprüchen aus § 649 BGB (dem sogenannten entgangenen Gewinn) zu bewahren. Ein solcher Anspruch des Architekten entsteht, wenn ein Vertrag über das gesamte Leistungspaket aus Gründen, die im Risikobereich des Auftraggebers liegen, nicht fortgeführt wird: Für die Leistungen, die der Architekt wegen der Kündigung nicht mehr erbringen kann, hat er ­Anspruch auf das vereinbarte Honorar, abzüglich ersparter Aufwendung sowie anderweitigen Erwerbs (§ 649 S. 2 BGB).

Beauftragt werden von nachfragestarken Auftraggebern deshalb häufig zunächst nur die Leistungen bis zur Vorplanung, um diesen Anspruch nach § 649 BGB auszuschließen. Die Beauftragung mit den weiteren notwendigen Leistungen soll sukzessive erfolgen, meist nochmals aufgeteilt in bis zu drei Leistungspakete. Regelmäßig behalten sich die Auftraggeber die Beauftragung weiterer Leistungen ausdrücklich vor. Ebenso regelmäßig wird dem Auftragnehmer kein Rechtsanspruch auf Beauftragung mit weiteren Leistungen eingeräumt, selbst dann nicht, wenn das Bauvorhaben durchgeführt wird. Allerdings wird dem Auftragnehmer die Verpflichtung auferlegt, sich selbst für weitere Leistungen bereitzuhalten und diese mit der weiterführenden Auftragsentscheidung durch den Auftraggeber zu übernehmen und zu erbringen.

Das Vertragsmuster des Bundes (RBBau) und das in Bayern für den Bereich der Staatsbauverwaltung eingeführte Vertragsmuster (veröffentlicht im Vergabehandbuch für freiberufliche Leistungen, VHF) enthalten eine solche stufenweise Beauftragung. Wie nachfolgend anhand der Texte und Formulierungen (aus dem VHF Bayern) gezeigt wird, hat der Auftragnehmer über die Leistungen der Grundbeauftragung hinaus keinen Rechtsanspruch auf weitere Beauftragung.

In den einzelnen Vertrags­bestimmungen ist hierzu festgelegt:

§ 4 Überschrift: „ ….Stufenweise Beauftragung“
§ 4 Ziff. 4.2: „Stufenweise Beauftragung … die Beauftragung erfolgt in Leistungsstufen.“
4 Ziff. 4.2.2: „ Der Auftraggeber beabsichtigt … mit weiteren, noch nicht gemäß 4.2.1 beauftragten Leistungen … zu beauftragen.“
„Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber rechtzeitig auf die Notwendigkeit der ­Anschlussbeauftragung hinzuweisen. § 4 Ziff. 4.2.3: „Ein Rechtsanspruch auf Beauftragung weiterer Leistungen besteht nicht.“

In den Erläuterungen des VHF zu § 4 wird, durch Unterstreichungen betont, nochmals unmittelbar und unmissverständlich auf die jeweils nur erfolgte Teilbeauftragung hingewiesen.

Durch diese eindeutigen und aus Sicht des Auftraggebers konsequenten Regelungen werden mögliche Ansprüche des beauftragten Architekten wegen Kündigung durch den Auftraggeber ohne wichtigen Grund nach § 649 BGB ausgeschlossen. Dies gelingt nur deshalb, weil der Architekt selbst über keine Anspruchsgrundlage für die Beauftragung mit weiteren Leistungen verfügt. Im Ergebnis ist hier also festzuhalten, dass gerade noch keine endgültige verbindliche Einigung über weitere Leistungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Hauptvertrages erfolgt ist.

Bei diesem Konstrukt erfolgt die Auftragserteilung für die folgenden Leistungen, also die vertraglich relevante Handlung, frühestens mit der Willenserklärung des Auftraggebers zur Beauftragung. Der Vertrag über die weitere Leistungsstufe kommt damit nicht bereits mit der ursprünglichen Vertragsvereinbarung, sondern erst mit der Annahme des Angebots zur Erbringung weiterer Leistungen zustande (vgl. Werner Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage, Rdn. 694). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat zu einer vergleichbaren Vertragsgestaltung im Mustervertrag des Landes NRW festgestellt, dass es sich insoweit lediglich um eine Absichtserklärung des Auftraggebers ohne Bindungswirkung handelt. Die Höhe der Vergütung der zusätzlich beauftragten Leistungen richtet sich nach der zum Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts gültigen HOAI-Fassung (OLG Düsseldorf, BauR 1997, S. 340). Gibt der Auftraggeber die Erklärung zur Weiterbeauftragung erst nach Veröffentlichung der HOAI 2013 im Bundesanzeiger ab, sind die damit beauftragten Leistungen nach den Vorschriften der HOAI 2013 zu honorieren (so auch Rohrmüller, HOAI, 8. Auflage, 2013, Seite 13; Rauch in DAB 10/2009 zur Rechtslage 2009). Mit der Frage des Zeitpunktes der Beauftragung bei Stufenverträgen und den honorarrechtlichen Konsequenzen haben sich darüber hinaus auch die Landgerichte München und Konstanz befasst. Die Entscheidungen liegen auf der Linie des OLG ­Düsseldorf (vgl. LG München vom 23.8.1995, BauR 96, S. 576, und LG Konstanz vom 15.12.1995, BauR 96, S. 577).

Die dort vertretene Auffassung wird aktuell durch ein Urteil des LG Koblenz (4 U 103/12) vom 28.03.2013 bestätigt. Das Landgericht hat sich dabei auch mit der nur scheinbar gegenteiligen Entscheidung des BGH vom 27.11.2008 auseinandergesetzt. Der BGH hatte sich im Schwerpunkt jedoch mit der Gültigkeit einer Honorarvereinbarung befasst und also mit einem anderen Sachverhalt (vgl. hier oder auch DAB 5/2013 S. 43). Zur konkreten Frage stellt das LG Koblenz zutreffend fest, dass bei Abschluss des Grundvertrages tatsächlich noch keine Beauftragung mit Folgeleistungen stattgefunden haben kann, da es gerade an der entsprechenden Willenserklärung des Auftraggebers fehlt. Diese Argumentation des Landgerichts ist schlüssig. Folglich ist die Neufassung maßgeblich.

Neues Honorar, alte Leistungen

Andererseits ist in diesen Verträgen regelmäßig bestimmt, dass die Honorarvereinbarung für alle Leistungsstufen gelten soll, unbeschadet der Frage, ob sie beauftragt sind oder nicht.

Daraus kann sich das Problem ergeben, dass für die neu beauftragten Leistungen die Vorschriften der HOAI 2013 einschlägig sind, gleichzeitig aber auch eine Honorarvereinbarung nach HOAI 2009 vorhanden ist, abgeschlossen mit dem ursprünglichen Vertrag. Diese Honorarvereinbarung könnte aber nur dann Bestand haben, wenn die Berechnung ergibt, dass sich das vereinbarte Honorar innerhalb der Honorarspanne zwischen Mindest- und Höchstsatz der Honorartabelle 2013 befindet. Die Vergleichsrechnung muss wegen § 58 HOAI 2013 zwingend nach den Vorgaben (Honorarberechnungsparametern) der HOAI 2013 erfolgen. Hieraus folgt, dass die Honorarvereinbarung nur dann gilt, wenn keine Verletzung des Honorarrahmens festzustellen ist. Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles, wie sie in § 7 Abs. 3 oder Abs. 4 HOAI 2013 geregelt sind, erfüllt eine stufenweise Beauftragung dieser Art ersichtlich nicht. Zum gleichen Ergebnis kommen auch Berger/Fuchs (Einführung in die HOAI, 4. Aufl., Rdn. 97). Sie stellen ebenfalls fest, dass die Honorierung der nach dem Inkrafttreten der HOAI beauftragten Leistungen anhand der Vorgaben der HOAI 2013 geprüft und kontrolliert werden muss.

Als zusätzliche Komplikation könnte auch der Fall eintreten, dass es einerseits vertraglich bei der ursprünglichen Vereinbarung des Leistungsumfangs nach den alten Leistungsbildern verbleibt, diese dann aber auf der Grundlage der neuen Honorartafeln abzurechnen sind. Bei einer solchen Konstellation müsste die mögliche Diskrepanz zwischen vertraglich vereinbarten (Alt-)Leistungen und den (neuen) Leistungsbildern gegebenenfalls in Anlehnung an § 8 Abs. 2 HOAI honorarrechtlich ausgeglichen werden.

Einführungserlass RBBau

Der inzwischen veröffentlichte Einführungserlass zum RBBau-Vertragsmuster enthält zu § 57 HOAI die lakonische Feststellung, eine Anpassung bestehender Stufenverträge zulasten des Bundes, die vor dem 17. 7.2013 abgeschlossen und in denen Honorarvereinbarungen über später zu erbringende Leistungen bereits getroffen wurden, sei nicht möglich. Es wird auf die gleichlautende Regelung im Vorgängererlass verwiesen. Jede weitere Begründung des zuständigen BMVBS fehlt. Diese Feststellung, die nur die getroffene Honorarvereinbarung in den Mittelpunkt stellt und deshalb offensichtlich weitgehend auf einer Fehldeutung der BGH-Entscheidung vom 27.11.2008 basiert, ist aus den dargestellten Gründen weder nachvollziehbar noch nach der Rechtsprechung haltbar.

Sonderfall: Abrufverträge

Anders liegt der Fall, wenn stattdessen bereits mit dem ursprünglichen Vertragsabschluss bei den Vertragspartnern Einigkeit besteht, dass der gesamte Leistungsumfang vom Auftragnehmer erbracht wird, wenn dabei auch alle Fragen der Honorierung einvernehmlich festgelegt sind und wenn die „stufenweise“ Beauftragung tatsächlich nur in einer zeitlichen Steuerung der Leistungserbringung besteht. Dann ist der Zeitpunkt des (ursprünglichen) Vertragsabschlusses für die Anwendung der HOAI-Fassung maßgeblich. In diesem Fall kann nämlich tatsächlich auch von einer wirksamen Anspruchsgrundlage für alle Leistungen ausgegangen werden. Die bereits beauftragten Leistungen werden also entweder zu festgelegten Zeiten oder bei Eintritt entsprechender Bedingungen des Planungsablaufs vom Bauherrn lediglich noch abgerufen. Damit enthält diese Vertragsgestaltung nur eine besondere Vereinbarung über die Fälligkeit bereits beauftragter Leistungen. Maßstab ist der tatsächliche Wille der Vertragspartner. Es kommt also auf die tatsächliche Ausgestaltung des Vertrages und die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen an, wobei entscheidend ist, was die Parteien tatsächlich regeln wollten. Bei „echten“ Stufenverträgen im dargestellten Sinne würde eine Falschdeklaration als Abrufvertrag den Auftraggebern nicht weiterhelfen.

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1 Gedanke zu „Stichtage für das Honorar

  1. Guten Tag,
    die von Ihnen beschriebene Rechtslage gibt die allgemeine Haltung in der Literatur wider. Darüber hinaus gibt es die Urteile des LG Koblenz und des OLG Koblenz in dieser Sache. Leider interessiert das einige öffentliche AGs herzlich wenig. Die Zahlung nach HOAI 2009 (respektive 2013) wird einfach verweigert, obwohl klassische Stufenverträge vorliegen. Wir haben nun gegen ein rheinische Großstadt Klage eingereicht. Wie werden von Ihnen die Chancen hier eingestuft? Mit welchem Zeitrahmen ist zu rechnen??

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