Von Susanne Jennewein
Auf der Internetplattform My Hammer schreiben private und gewerbliche Auftraggeber Leistungen aus; Handwerker und Dienstleister geben darauf Angebote ab. Auch Architekten und Ingenieure können dies tun. Bei My Hammer bekommt in der Regel derjenige den Zuschlag, der den niedrigsten Preis bietet. So werden Bieter animiert, wie bei einer „umgekehrten Versteigerung“ ihr Honorarangebot immer weiter zu reduzieren.
Das aber kann unter verschiedenen Gesichtspunkten wettbewerbswidrig sein: Entweder will sich der Bieter an das Gebot gar nicht halten, weil er später dann doch nach der HOAI abrechnen will. Dann wäre sein Gebot irreführend und wettbewerbswidrig im Sinne der
§§ 5 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Oder er hält sich an das Gebot, dann können aber die Mindestsätze der HOAI unterschritten sein. Das ist gleichzeitig wettbewerbswidrig und verstößt gegen § 4 Ziff. 11 UWG. Nach der ständigen Rechtsprechung sind die Mindestpreisvorschriften der HOAI zumindest auch dazu bestimmt, Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber zu regeln. Sie sollen einen ruinösen Preiswettbewerb verhindern und gleichzeitig gleiche rechtliche Voraussetzungen für alle Wettbewerber auf dem Markt schaffen. Nur so wird für die Architekten und Ingenieure jenseits von Preiskonkurrenz ein Freiraum geschaffen, hochwertige Arbeit zu erbringen, und „Pfusch am Bau“ vermieden.
Gerichte haben sich bereits mehrfach mit Angeboten auf My Hammer befasst und das Dumpingverbot bestätigt. Gleich zweimal hatte das Landgericht Osnabrück mit einem Ingenieur zu tun, der bei My Hammer Angebote unterhalb der HOAI-Sätze machte. Im Versäumnisurteil vom 21.11.2006 (Az. 18 O 596/06) verbot das Gericht dem Ingenieur, Leistungen, die in den Anwendungsbereich der HOAI fallen, zu einem Preis anzubieten, der unter den Mindestsätzen liegt. Obwohl das Gericht dem Ingenieur dies in einem ersten Verfahren untersagte, gab er auf My Hammer weitere HOAI-widrige Angebote ab, zum Beispiel eines über 599 Euro für die Eingabeplanung eines Doppelhauses oder dreier Wohnungen. Mit Beschluss vom 17.7.2007 (Az. 18 O 596/06) wurde er vom selben Gericht zu einem empfindlichen Ordnungsgeld verurteilt. Er legte Widerspruch ein, den das OLG Oldenburg mit Beschluss vom 3.9.2007 (Az. 1 W 39/07) zurückwies.
Ebenfalls über My Hammer wollte ein Planer für 1 140 Euro Pläne für den Bauantrag inklusive Statik für den Anbau an ein frei stehendes Haus erstellen. Der Planer gab dazu den Hinweis „Anrechenbare Kosten unter den Mindestsätzen der jeweiligen Tabelle, ansonsten Honorarermittlung nach HOAI oder Aufwand“. Auch hier belegte ein Sachverständiger die Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze. In der ersten Instanz gewann der Planer: Das Landgericht Hildesheim wies die Klage mit Urteil vom 15.4.2009 (Az. 11 O 5/09) ab, da gar kein bindendes Angebot abgegeben worden sei. Außerdem sei ein Wettbewerbsverstoß erst dann gegeben, wenn sich ein Architekt oder Ingenieur bewusst und planmäßig über die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestsätze der HOAI hinweggesetzt habe und für ihn dabei erkennbar sei, dass er sich auf diese Weise einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern verschaffte. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Doch das OLG Celle kam im Berufungsverfahren zu der Auffassung, dass der Planer durchaus ein bindendes Angebot auf die Ausschreibung des Bauherrn hin abgegeben habe. Außerdem stellte das OLG klar, dass die preisrechtlichen Vorschriften der HOAI eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Ziff. 11 UWG darstellen, sodass bei der Unterschreitung der Mindestsätze ein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Das Gericht legte dem Planungsbüro eindringlich nahe, den Klageanspruch anzuerkennen. Das Planungsbüro befolgte dies, worauf ein Anerkenntnisurteil erging (OLG Celle, Urteil vom 29.10.2009, Az. 13 U 86/09).
Das Fazit: Wer auf My Hammer Angebote abgibt, die HOAI-Grundleistungen umfassen, darf deren Mindestsätze nicht unterschreiten. Ansonsten riskiert er eine Abmahnung durch die zuständige Kammer, einen Rechtsanwalt oder die Wettbewerbszentrale als „Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb“.
Susanne Jennewein ist Rechtsanwältin im Büro Stuttgart der Wettbewerbszentrale.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: