Text: Markus Prause
Berufsrecht: freier oder gewerblicher Architekt
Immer wieder erschließen sich Architekten neue Betätigungsfelder und gehen über den Planungsbereich hinaus in gewerbliche Leistungen – zum Beispiel im Facility Management, als Makler, Bauträger oder Verkäufer von Produkten zur Gartengestaltung oder Inneneinrichtung. Grundsätzlich sind derartige Betätigungen möglich. Doch haben sie Konsequenzen für den beruflichen Status, für die Haftung und die Steuerpflicht.
Die meisten selbstständigen Architekten sind bei den Kammern als sogenannte „freischaffende“ oder „freie“ Architekten registriert. Die Eintragung als freier oder freischaffender Architekt bei der Kammer setzt voraus, dass das Mitglied den Beruf unabhängig von gewerblichen Interessen ausübt. Ein freischaffender Architekt darf weder eigene noch fremde Produktions-, Handels- oder Lieferinteressen verfolgen oder vertreten, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen. Er darf sich also gerade nicht selbst gewerblich betätigen oder sich an einem gewerblichen Betrieb beteiligen oder in sonstiger Weise die gewerblichen Interessen Dritter befördern. Er muss alleinig unabhängiger Sachwalter seines Auftraggebers sein. Deshalb ist es ihm auch verboten, Provisionen, Rabatte oder sonstige Vergünstigungen von Dritten anzunehmen, wenn sie im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit angeboten werden (zum Beispiel Provision für die Vermittlung von Handwerkeraufträgen). Verstößt der freie bzw. freischaffende Architekt gegen diese Pflichten, droht ihm ein berufsgerichtliches Verfahren vonseiten seiner Architektenkammer.
Möchte ein Architekt auch gewerblich tätig werden, so muss er sich bei seiner Kammer zum „gewerblich tätigen Architekten“ umschreiben lassen – diese Kategorie gibt es in allen Bundesländern außer Nordrhein-Westfalen. Er bleibt auch nach der Umschreibung Kammermitglied und darf weiterhin die Berufsbezeichnung „Architekt“ führen. Ebenso behält er das Recht zur Bauvorlage. Er darf jedoch die Bezeichnungen „frei“ oder „freischaffend“ nicht weiter verwenden.
Haftung und Versicherung: Größeres Risiko
Eine baugewerbliche Betätigung kann Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Berufshaftpflichtversicherung nach sich ziehen. Nach den Versicherungsbedingungen der meisten Berufshaftpflichtversicherer entfällt der Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsnehmer Bauten ganz oder teilweise selbst erstellt oder erstellen lässt (zum Beispiel als Bauherr, Bauträger, Generalübernehmer), selbst Bauleistungen erbringt oder erbringen lässt (etwa als Unternehmer) oder Baustoffe liefert oder liefern lässt (zum Beispiel als Hersteller oder Händler). Für Projekte, in denen der Architekt ausschließlich Architektenleistungen erbringt, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.
Der Versicherungsausschluss kann auch schon greifen, wenn die gewerblichen Leistungen in der Person eines Angehörigen des Versicherungsnehmers erbracht werden, oder bei einer Beteiligung gewerblicher Unternehmen am Architekturbüro. Vor der Aufnahme einer gewerblichen Betätigung oder auch bei sonstigen Verbindungen mit gewerblichen Anbietern sollte der Architekt dringend Rücksprache mit seinem Berufshaftpflichtversicherer nehmen.
Ist eine Tätigkeit nicht versichert, dann droht im Haftungsfall der Rückgriff auf das private Vermögen des Architekten. Dem kann er sich nur entziehen, wenn er die gewerbliche Tätigkeit in einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkungen ausübt – zum Beispiel in einer GmbH oder einer Unternehmergesellschaft (UG).
Markus Prause ist Rechtsanwalt in Hannover und Justiziar der AK Niedersachsen.
Text: Marcel Baumgart
Steuerrecht: Vorsicht vor dem Abfärben!
Bei der Vermischung von freiberuflichen und baugewerblichen Tätigkeiten sind auch steuerrechtliche Besonderheiten zu beachten. Hier ist zunächst zu unterscheiden, ob ein Architekt dies allein ohne Partner oder gemeinsam mit anderen tut. Ist er allein tätig, dann kann und sollte er die freiberuflichen und gewerblichen Einnahmen getrennt aufzeichnen. Nur letztere ist dann gewerbesteuerpflichtig. Schwierig ist die sogenannte gemischte Tätigkeit, bei der zum Beispiel eine Architekten- und eine Projektentwickler-Leistung nicht mehr auseinanderzuhalten sind. Ist dann der gewerbliche Anteil prägend für die Gesamttätigkeit, dann sind die mit dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte auch insgesamt gewerbesteuerpflichtig.
Anders liegt der Fall bei Architektenzusammenschlüssen, die über eine Bürogemeinschaft hinausgehen – etwa GbRs, OHGs und KGs. Hier muss der gewerbliche Anteil der Tätigkeit nicht unbedingt prägend sein, damit Gewerbesteuerpflicht für sämtliche erzielten Einkünfte eintritt. Unter bestimmten Umständen können die baugewerblichen Tätigkeiten die restlichen „infizieren“, dass eine Gesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt.
Diese in § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes geregelte „Abfärbetheorie“ hat ihren Hintergrund in der Schwierigkeit der Ermittlung von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten innerhalb der gleichen Gesellschaft und soll damit verhindern, dass gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen werden. Die „Abfärbetheorie“ kommt zur Anwendung, wenn die Personengesellschaft neben einer freiberuflichen Tätigkeit mit Einkunftserzielungsabsicht auch eine baugewerbliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt. Sofern eine baugewerbliche Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, ist die „Abfärbetheorie“ nicht anzuwenden.
Die Steuergesetze definieren die Tätigkeit von Architekten nicht, sodass zur Auslegung, wer als Architekt anzusehen ist, die Architektengesetze der Länder herangezogen werden können. Aufgrund der vielfältigen Betätigung von Architekten haben sich die Finanzgerichte in einigen Fällen damit beschäftigt, in welchen Bereichen ein Architekt freiberuflich tätig ist. Zu der Tätigkeit eines freiberuflichen Architekten gehört danach in Anlehnung an die HOAI insbesondere die Planung, Überwachung und Leitung von Baumaßnahmen. Ferner gehört dazu die künstlerische, auf wirtschaftlichen und technischen Grundlagen beruhende Planung und Gestaltung von Räumen, die Bearbeitung von Leitplänen auf dem Gebiet der Landesplanung und des Städtebaus, die Überwachung von Bauausführungen, die Wahrnehmung der Interessen von Bauherren gegenüber Behörden, Bauunternehmen und Handwerkern, die Beratung und Betreuung der Bauherren in allen mit der Planung und Ausführung zusammenhängenden Fragen sowie die Erstattung von Gutachten auf dem Gebiet des Bauwesens.
Wer aber als Architekt die Erstellung eines schlüsselfertigen Gebäudes schuldet, erzielt dagegen baugewerbliche Einkünfte, auch wenn zugleich Architektenleistungen erbracht werden, weil die Erstellung von Gebäuden im Auftrag eines Dritten nicht dem hergebrachten Berufsbild eines Architekten entspricht.
Zur Annahme von gewerblichen Einkünften bei der Architekten-GbR kann auch das steuerliche Konstrukt der Betriebsaufspaltung führen. Hierunter ist die Vermietung eines Wirtschaftsguts (z.B. Grundstück) an ein gewerbliches Unternehmen zu verstehen (Betriebsunternehmen), wenn der Vermietung eine sachliche und personelle Verflechtung mit der Architekten-GbR (Besitzunternehmen) zugrunde liegt.
Die Rechtsprechung hat in Einzelfällen die Folgen der „Abfärbetheorie“ vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht gezogen, wenn die baugewerbliche Tätigkeit im Vergleich zum Gesamtumsatz von untergeordneter Bedeutung war. Das dürfte aber nur der Fall sein, wenn die baugewerblichen Umsätze einen kleinen einstelligen Prozentsatz der Gesamtumsätze ausmachen.
Neben der Abfärbung aufgrund einer selbst ausgeübten baugewerblichen Tätigkeit durch die Personengesellschaft führen auch die gewerbliche Betätigung eines Architekten-Mitgesellschafters, die Aufnahme von Berufsfremden als Mitgesellschafter und die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft zur Umqualifizierung der Einkünfte in Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Für die Qualifizierung der Einkünfte als Einkünfte aus freiberuflich, selbständiger Tätigkeit ist es notwendig, dass alle Gesellschafter der Architekten-GbR die Merkmale eines Freiberuflers erfüllen. Daher führt zum Beispiel die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung eines nicht freiberuflich tätigen Diplom-Kaufmanns an einer Architekten-GbR zur Abfärbung der Gewerblichkeit. Die Beteiligung eines Berufsfremden liegt aber auch vor, wenn sich an einer Architekten-GbR eine Architekten-Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) beteiligt.
Der Bezug von gewerblichen Einkünften einer Architekten-GbR führt ebenfalls zur Gewerbesteuerpflicht der GbR. Gewerbliche Einkünfte werden insbesondere durch die Beteiligung der Architekten-GbR an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft vermittelt.
Die steuerlichen Rechtsfolgen der „Abfärbetheorie“ lassen sich verhindern, wenn für die baugewerbliche Betätigung neben der Architekten-GbR eine gesellschafteridentische Schwester-GbR oder GmbH gegründet wird und so die Architektenleistungen und gewerblichen Leistungen sauber voneinander getrennt werden.
Auch mit der Betätigung in einer Arbeitsgemeinschaft können die Folgen der „Abfärbetheorie“ vermieden werden. Die Tätigkeit einer Arbeitsgemeinschaft gilt gemäß § 2a GewStG nicht als Gewerbebetrieb. Eine Arbeitsgemeinschaft ist der Zusammenschluss von Unternehmen zu dem Zweck der gemeinsamen Ausführung eines Auftrags (Werkvertrag oder Werklieferungsvertrag, siehe Ausgabe 1-2015, Seite 32). Ein Einzelarchitekt kann sich also auftragsbezogen in einer Arbeitsgemeinschaft baugewerblich betätigen. Er hat jedoch dabei die oben aufgezeigten berufs- und versicherungsrechtlichen Konsequenzen zu bedenken.
Marcel Baumgart ist Wirtschaftsjurist und Steuerberater in Hannover.
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Ich beziehe mich auf den Artikel „Tücken des Gewerbes“
Ich bin Architektin in NRW und bin seit diesem Monat sowohl freiberuflich als auch gewerblich tätig und als freischaffend in der Architektenkammer eingetragen. Wie im Artikel erwähnt kann ich mich nicht als gewerblich tätige Architektin umschreiben lassen, da es diese Kategorie bei der AKNW nicht gibt. Darf ich also in NRW dennoch als freischaffend gelten? Wir verhalte ich mich nun richtig?
Vielen Dank für eine Antwort.
Sehr geehrte Frau Albrecht,
in der Tat unterscheidet das Baukammerngesetz NRW nicht zwischen freischaffend und baugewerblich tätigen Architekten. Aus diesem Grund ist es in NRW berufsrechtlich problemlos möglich, freischaffend und baugewerblich tätig zu sein.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Florian Hartmann
Geschäftsführer, Justiziar AKNW
Sehr geehrter Herr Baumgart,
kann man auch nach ggf. geänderter Gesetzeslage davon ausgehen, dass Ihre Ausführungen auch in 2020 noch gültig sind ?