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Tückische Fristen

Architekten müssen im Interesse ihrer Bauherren mit ausführenden Firmen Fristen und Fertigstellungstermine vereinbaren. Hierbei lauern Haftungsfallen.

01.03.20169 Min. Kommentar schreiben
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Ein schönes Haus kann zum Ärgernis werden. Fristen können helfen.


Text: Carsten Eichler

Bauherren interessieren sich bei der Abwicklung von Bauprojekten primär für Preise, Qualitäten und nicht zuletzt Fristen. Oft muss ein Bauherr das Bauwerk zu einem bestimmten Termin beziehen. Häufig, insbesondere bei öffentlichen Bauvorhaben, steht schon vor der Grundlagenermittlung der vorgesehene Einzugstermin fest. Daher ist es in der Praxis für den planenden und überwachenden Architekten immens wichtig, mit den im Bauvertrag relevanten Fristen und den immanenten Fristenproblemen bei Bauvorhaben richtig umzugehen.

Im Bauvertrag Termine setzen

Sofern der Architekt in Anlehnung an die Leistungsphasen der HOAI beauftragt ist, hat er bei der Objektplanung gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 7 HOAI „bei der Vergabe mitzuwirken“. Es handelt sich nach der Rechtsprechung hierbei um eine Hauptpflicht aus dem Kernbereich der Tätigkeit des Architekten und er hat sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn zu sein. Insbesondere ist er dabei verpflichtet, auch wesentliche Kenntnisse des Baurechts zu besitzen (so schon der BGH mit Urteil vom 26.4.2009, Az.: VII ZR 190/78).

Der Bauherr ist dabei unter anderem darauf hinzuweisen, dass er im Bauvertrag Fristen für die Erfüllung der Bauleistung setzen sollte. Sinnvoll ist dabei, die Frist wenn möglich als konkretes Datum festzuschreiben. Kann kein Datum bestimmt werden, hat die Fristsetzung so zu erfolgen, dass sie ohne Weiteres mit einem Kalender bestimmt werden kann, wie zum Beispiel „Fertigstellung innerhalb von acht Monaten ab Zugang der Baugenehmigungsunterlagen beim Bauunternehmer“.

Ebenso wichtig ist die Vereinbarung eines Beginns der Leistungserbringung, um den Baubeginn notfalls leichter und schneller gegenüber dem Bauunternehmen durchsetzen zu können (mehr dazu siehe unten).

Architekten gehen ein hohes Haftungsrisiko ein, wenn sie selbst formulierte Bauverträge oder Vertragsmuster dem Auftraggeber zur Verfügung stellen, die unwirksame Klauseln enthalten. Sie müssen die Grundzüge des Werkvertragsrechts beherrschen und auch die Rechtsprechung zu klassischen Bauvertragsklauseln, wie Skontovereinbarungen (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.7.1997, Az.: 10 U 286/96) und Gewährleistungsfristen (BGH, Urteil vom 2.12.1982, Az.: VII ZR 330/81) im Wesentlichen kennen. Auch hat der Architekt den Bauherrn über die Möglichkeit zu beraten, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Dem Bauherren eine solche Regelung vorschlagen zu müssen, ist dabei sehr anspruchsvoll, denn angesichts der umfangreichen Rechtsprechung zu solchen Regelungen ist die Abfassung einer Klausel zu Vertragsstrafen auch für einen Juristen keine triviale Aufgabe. Dennoch muss die vom Architekten vorgeschlagene Regelung einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) standhalten und darf nicht unwirksam sein! Rät er dem Auftraggeber zur Vereinbarung einer Regelung, die sich später als unwirksam herausstellt, haftet er gegenüber dem Bauherrn auf daraus entstehende Schäden. Dabei soll es ihm nach einem Urteil des OLG Brandenburg (26.9.2002, Az.: 12 U 63/02) nicht einmal helfen, den Bauherrn vorher darauf hingewiesen zu haben, dieser solle den Vertrag anwaltlich prüfen lassen.

Was für den Fertigstellungstermin gilt, das gilt entsprechend im Hinblick auf Zwischenfristen für die Leistungserbringung, die bei größeren Bauvorhaben regelmäßig vereinbart werden, um den Ablauf über eine längere Zeit kontrollieren zu können.

Die konkrete Ausarbeitung von Bauverträgen sollte der Architekt zur Vermeidung von Haftungsgefahren im Ergebnis tunlichst unterlassen.

Vollmachten und Spielräume

Im Rahmen der Kommunikation mit dem Bauunternehmer ist insbesondere darauf zu achten, dass der Architekt immer nur im Rahmen seiner vom Bauherrn verliehenen Vollmacht handeln kann. Dabei ist der ­Umfang der Vollmacht grundsätzlich eng auszulegen (OLG Hamm, Urteil vom 5.5.2011, Az.: 24 U 147/08). Dem Architekten ist es grundsätzlich nicht möglich, wirksam vertragsändernde Vereinbarungen mit dem Bauunternehmer zu treffen, zum Beispiel neue Fristen zu vereinbaren oder die rechtsgeschäftliche Abnahme für den Auftraggeber zu erklären oder den Vorbehalt einer Vertragsstrafe für den Auftraggeber auszusprechen. Für all das bräuchte er eine besondere Vollmacht des Bauherrn.

Sollte sich ein Bauunternehmer später auf eine fehlende Vollmacht des Architekten berufen, können den Bauherrn beziehungsweise seinen Architekten nur noch die Rechtsinstitute der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht „retten“. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Architekt ohne ausdrückliche Vollmacht für den Bauherrn auftritt und dieser das Verhalten des Architekten kennt und duldet. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Bauherr zwar das Handeln des Architekten in seinem Namen nicht kennt, es aber bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können.

In der Praxis empfiehlt es sich, im Vertrag mit dem Bauherrn konkret zu regeln, welche Vollmachten der Architekt hat, und diese in den Verträgen mit den Bauunternehmern mitzuteilen. Dabei sollten alle wesentlichen vertragsrelevanten Entscheidungen dem Bauherrn überlassen bleiben. Der Architekt sollte anschließend keine Erklärungen abgeben, die über seine Vollmachten hinausgehen.

Verzögerte Bauleistungen: Druckmittel zum Start

Selbst wenn im Bauvertrag konkrete Fristen und Termine ordnungsgemäß vereinbart wurden, sind Bauzeitenpläne in der Praxis meist nicht einhaltbar. Das liegt manchmal an den Bauunternehmen selbst, die Möglichkeiten nutzen, die ihnen gesetzten Fristen zu verlängern oder ganz zu beseitigen, um ihre oft optimistische Zeitplanung retten zu können. Damit der Architekt seinen Bauherrn hierzu beraten kann, ist die Kenntnis der folgenden Normen und der Umgang mit diesen in der Praxis unabdingbar. Die Ausführungen dazu basieren auf der Annahme, dass Bauherr und Bauunternehmer einen Vertrag unter Zugrundelegung der VOB/B geschlossen haben. Regelungen zum Umgang mit Fristen finden sich in den §§ 5 und 6 der VOB/B. Die Regelungen der VOB/B zu den Ausführungsfristen sind nach der Rechtsprechung dem Grunde nach auch in BGB-Bauverträgen zu beachten.

Nach § 5 Abs. 1 VOB/B hat der Bauunternehmer seine Leistung nach den verbindlichen Fristen zu beginnen, diese angemessen zu fördern und zu vollenden. Wenn keine Frist für den Baubeginn vereinbart ist (siehe oben), muss der Unternehmer zunächst zum Beginn aufgefordert werden und hat dann zwölf Werktage (= zwei Wochen) Zeit, mit der Ausführung zu beginnen. Ist diese Wartezeit nicht eingeplant, kann sich der Bauzeitenplan damit bereits vor Baubeginn erledigt haben.

Gemäß § 5 Abs. 3 VOB/B kann der Bauunternehmer aufgefordert werden, unverzüglich Abhilfe zu schaffen, wenn Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile so unzureichend sind, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können. Diese Aufforderung ist frühzeitig und schriftlich abzugeben, um die Voraussetzungen eines Verzugs des Unternehmers auch für den Fall zu schaffen, dass keine einvernehmlichen Fristen vereinbart wurden.

Denn gemäß § 5 Abs. 4 VOB/B kann der Bauherr bei Verzögerung des Beginns der Ausführung, bei Verzug mit der Vollendung der Ausführung oder wenn er der Aufforderung gemäß § 5 Abs. 3 VOB/B nicht nachgekommen ist, Schadensersatz verlangen sowie eine angemessene Nachfrist setzen und anschließend den Bauauftrag kündigen.

Wurde im Bauvertrag eine kalendermäßig bestimmte oder bestimmbare Frist vereinbart und wird diese gerissen, kommt der Bauunternehmer automatisch in Verzug. Ansonsten muss er nochmals gemahnt werden, wobei die Mahnung nach der Rechtsprechung mit der Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung verbunden werden kann (Kappelmann/Messerschnidt, VOB/B, § 5; RN 127).

Jedenfalls muss eine angemessene Nachfrist gesetzt werden, wobei zwingend zu erklären ist, dass nach fruchtlosem Fristablauf der Auftrag entzogen wird – und dies aus Beweisgründen am besten schriftlich. Diese Erklärung ist keine bloße Förmelei. Fehlt die Erklärung, sind dem Bauherrn seine Rechte abgeschnitten und die Nachfristsetzung muss wiederholt werden.

Angemessen ist als Nachfrist zur Fertigstellung ein Zeitraum, in dem ein leistungsbereiter Auftragnehmer bei größter Anstrengung das vereinbarte Leistungsziel erreichen kann (OLH Hamm, Urteil vom 31.7.2006, Az.: 13 U 53/06). Wird eine unangemessen kurze Frist gesetzt, ist diese nicht unwirksam, sondern setzt nach ständiger Rechtsprechung den Lauf einer angemessenen Frist in Gang. Wird allerdings die Kündigung erklärt, bevor diese angemessene Frist abgelaufen ist, liegt kein Kündigungsgrund vor und es wäre höchstens eine ordentliche Kündigung wirksam, die negative wirtschaftliche Folgen für den Bauherrn hätte.

Behinderungsanzeigen: Beschwerden ernst nehmen

Glaubt der Auftragnehmer, in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert zu sein, so hat er gemäß § 6 Abs. 1 VOB/B dem Auftraggeber dies unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Solche Behinderungsanzeigen gehen in der Praxis oft beim Architekten ein. Sie sind bezüglich der Fristen insbesondere relevant, da eine Behinderung die Vertragsfristen um den Zeitraum der Behinderung verlängert. Architekten müssen daher jede Änderungsanzeige ernst nehmen und prüfen. Zudem ist zur Änderungsanzeige gegenüber dem Bauherrn und dem Unternehmer Stellung zu nehmen. Eine Behinderung sollte allenfalls nach Rücksprache mit dem Auftraggeber anerkannt werden.

Bei Verzug: Verlängerung der Vertragsfristen

In der Praxis müssen Ausführungszeitpunkte regelmäßig verschoben oder neu vereinbart werden. Sollte sich damit auch eine vereinbarte Vertragsfrist verschieben, kann diese nur zwischen dem Bauherrn und Bauunternehmer per zweiseitiger Vereinbarung neu vereinbart werden. Bauunternehmen würden sich auf eine solche Vereinbarung allerdings in den seltensten Fällen einlassen. Übersendet der Architekt an den Bauunternehmer daher einen neuen Bauzeitenplan und verschiebt dieser vereinbarte Vertragsfristen, sind diese neuen Fristen vom Auftraggeber einseitig vorgegeben und nicht vertraglich bindend. Hieraus ergibt sich, dass der Auftraggeber dann zwar keine schnellere Fertigstellung als bis zum Ende der verlängerten Frist verlangen kann, aber bei Ablauf der Frist kein automatischer Verzug des Bauunternehmers eintritt. Es ist in der Folge zwingend noch zu prüfen, ob die mit dem Bauplan gesetzte Frist angemessen war, und der Bauunternehmer ist nochmals zu mahnen, um ihn in Verzug zu setzen. Erst daran anschließend kann eine Nachfrist mit Kündigungserklärung gesetzt werden.

Strafe vorbehalten – oder Schadenersatz leisten

Der BGH hat bereits mit Urteil vom 26.4.2009, Az.: VII ZR 190/78 (BGH NJW 1979, 1499) entschieden, dass der Architekt wissen muss, dass er für den Bauherrn bei der Abnahme die Geltendmachung einer Vertragsstrafe vorbehalten muss, wenn der Bauherr das Recht auf die Vertragsstrafe nicht verlieren soll (§ 11 Abs. 4 VOB/B). Unterlässt es der Architekt trotz Aufforderung durch den Auftraggeber, den Bauunternehmer in Verzug zu setzen und die Vertragsstrafe bei der Abnahme vorzubehalten, muss er nicht nur den entstandenen Schaden ersetzen, sondern auch die Prozesskosten aus dem Prozess des Bauherrn mit dem Bauunternehmer, den der Bauherr wegen der Versäumnisse des Architekten verloren hat (OLG Saarbrücken, Urteil vom 3.4.2007, Az.: 4 U 587/05-226).

Carsten Eichler ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Eversheds Deutschland LLP in München und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.

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