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Urheberrecht – Waffe oder Werkzeug?

01.04.20103 Min. Kommentar schreiben

Das Urheberrecht sei das schärfste Schwert des Architekten, sagte neulich ein Kollege. Es wirkt in der Tat faszinierend: Noch nach Jahrzehnten lässt sich mit ihm sichern, dass ein Bau seine individuelle Handschrift behält. Damit würdigt das Urheberrechtsgesetzdie individuelle Leistung des Architekten so stark wiekaum eine andere Regelung: Es ist das in Paragrafen gegossene Bekenntnis unseres Staates, dass Architektenleistungenoft schöpferisch, einzigartig und fürlange Zeit schützenswert sind – durch die Erben sogarbis zu 70 Jahre nach dem Tod des Entwerfers.

Aber gerade weil das Schwert so scharf ist, will esbesonders feinfühlig benutzt sein. Wüstes Dreinhauenwürde mehr schaden, als es nützt. Wüstes Dreinhauen– das wäre der sofortige scharfe Anwaltsbrief undder raschestmögliche Gang zum Gericht, sobald auchnur der Verdacht aufkommt, einem Bau drohten Veränderungen. Denn dann geraten Architekt und Eigentümersofort in Frontstellung.

Der Eigentümer verliert jede Neigung, den Architekten konstruktiv einzubeziehen,denn der könnte ja entsprechendes Wissen gegen ihn nutzen. Auch ist ihm oft nicht verständlich zumachen, dass der Entwurfsarchitekt oder sein Erbe Jahrzehnte nach Bezahlung des Honorars noch Rechteam Umgang mit dem Gebäude geltend macht. Ineiner mangelhaft informierten Öffentlichkeit wird derArchitekt womöglich als egozentrischer Verhinderer dargestellt, obwohl er nur sein Recht geltend machenund das von ihm geschaffene Kulturgut erhalten wollte.

Das fällt regelmäßig nicht nur auf ihn, sondernauch auf seine Kollegen zurück. Und er lädt sich miteinem Prozess immense Kostenrisiken, langjährige Mühe und nicht zuletzt große Ungewissheit auf, ober vor einem Gericht seinen Bau überhaupt retten kann – siehe die Praxisfälle .

Natürlich sollte jeder Architekt sein Urheberrechtnutzen – aber nicht so. Man erreicht viel mehr, wennman das Schwert geschickt und zunächst sanft führt. Und oft noch mehr, wenn man zunächst nur durchblickenlässt, dass man für den Notfall eins hat. Denndas Ziel, den Bau zu erhalten, steht ja nicht allein.

Oftwill oder muss man sich den Bauherrn gewogen halten– vor allem, wenn es ein großer öffentlicher ist.Vielfach resultiert sein Veränderungswunsch ja auchnicht aus Überformungswut, sondern aus verständlichen Bedürfnissen nach neuen Räumen oder neuer Technik. Und wer hätte mehr Interesse als der einstigeUrheber, einem Bau die Brauchbarkeit und Lebensfähigkeitfür weitere Jahrzehnte zu geben? Das Schwert wird zweischneidig, wenn dem Bauherrngleichzeitig konstruktive Mitarbeit angebotenund für den Fall der Verweigerung mit dem Urheberrechtgedroht wird. Eine derart doppeldeutige Botschaftist nur schwer so zu vermitteln, dass sie auffruchtbaren Boden fällt. Hier können Vermittler helfen.

In ein Mediationsverfahren zur Interessenerforschung können Architekt und Eigentümer zunächst offen ihreunterschiedlichen Interessen einbringen. Aufgabe desMediators ist es, das Gemeinsame herauszuarbeiten (das kann überraschend viel sein) und für das Widerstreitende Gestaltungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Daskönnen kreative Lösungen in Einzelfragen sein, aberauch Gabe und Gegengabe – etwa die Einwilligung desArchitekten in gewisse Veränderungen gegen das Versprechen,dass er selbst sie gestalten kann. Dabei istnatürlich das Vergaberecht zu beachten. Geht es gut,kann der Architekt seinen mittlerweile historischenBau zeitgenössisch weiterentwickeln. Das Urheberrechtist dann nicht als aggressives Schwert eingesetzt, sondern als raffiniertes Werkzeug.

Tillmann Prinz, Geschäftsführer der Bundesarchitektenkammer.

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